Der Berliner Comic-Zeichner Reinhard Kleist wurde von der Sammlung Prinzhorn eingeladen, sich mit Hanna Hellmanns Werk zu befassen. Er widmet nun der jüdischen Literaturwissenschaftlerin, die 1942 im Vernichtungslager in Sobibor ermordet wurde, eine beeindruckende Zeichnung, die bis Ende April auf einem riesigen Banner an der Außenfassade des „Haus am Wehrsteg“ am Heidelberger Neckarufer zu sehen ist.
Tief berührt von Hellmanns Schicksal
Reinhard Kleist kannte die Sammlung Prinzhorn bisher nicht. Doch als die Anfrage des Museums kam, war der Comiczeichner sofort fasziniert von der Herausforderung, sich mit einer der Künstlerpersönlichkeiten aus dieser weltweit einmaligen Sammlung näher auseinanderzusetzen.
Er fuhr nach Heidelberg, besuchte die Dauerausstellung und das Archiv. Bei seinen Recherchen in der Sammlung Prinzhorn stieß Reinhard Kleist auf die Werke von Hanna Hellmann.
Hanna Hellmann wurde 1887 als Kind jüdischer Eltern in Nürnberg geboren. Sie studierte in Berlin und Heidelberg Germanistik, promovierte in der Schweiz. Danach arbeitete sie an Universitäten und schrieb für das Feuilleton der Frankfurter Zeitung.
1926 zeigten sich erste Persönlichkeitsveränderungen und einige Jahre später wurde sie in eine psychiatrische Klinik eingewiesen, es folgten weitere Einweisungen. Bis zu ihrem Lebensende konnte Hanna Hellmann nie wieder selbstbestimmt und in Freiheit leben: Der Comic-Zeichner Reinhard Kleist war von diesem Schicksal tief berührt.
Ein Schicksal in einer einzigen Zeichnung wiedergeben
Aus dem Sanatorium Jakobi bei Koblenz wurde Hanna Hellmann 1942 zusammen mit rund 250 weiteren Patientinnen und Patienten ins Konzentrationslager Sobibor deportiert und dort von den Nazis ermordet.
Die Sammlung Prinzhorn besitzt fast 2.000 kleinformatige Blumenbilder von Hanna Hellmann. Diese Flut von Werken hat den Comic-Künstler Reinhard Kleist beeindruckt und zu seiner Zeichnung inspiriert.
Reinhard Kleist hat lange überlegt, wie er in einer einzigen Zeichnung ihr Schicksal wiedergeben kann – und zwar so, dass auch zufällige Besucher sie verstehen. Denn sein Werk hängt ja jetzt im öffentlichen Raum: in riesiger Vergrößerung an der Außenfassade des Künstlerhauses „Haus am Wehrsteg“.
Posthume Anerkennung
Der Comic-Zeichner hofft, dass die Menschen, die sein Werk dort entdecken, dazu angeregt werden, sich intensiver mit Hanna Hellmann und der Sammlung Prinzhorn auseinanderzusetzen.
Das ist auch die Idee hinter diesem Projekt, erklärt der Museumsleiter der Sammlung Prinzhorn, Thomas Röske. Aber nicht nur das Publikum soll sich mit diesen außergewöhnlichen Werken aus der Sammlung näher befassen, sondern eben auch die eingeladenen Künstlerinnen und Künstler.
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