Bedeutender Künstler der figurativen Malerei

Walküren als moderne Frauenfiguren – Gemälde von Norbert Bisky in Worms

Stand
Autor/in
Susanne Böhme

Die Walküren sind neun Frauenfiguren aus der nordischen Mythologie, bekannt aus der Nibelungensage. Der Leipziger Maler Norbert Bisky hat sie als moderne, starke Frauen neu interpretiert. Das Wormser Stadtmuseum zeigt seinen Werkzyklus zusammen mit beeindruckenden Leinwand- und Papierarbeiten zum Thema Gewalt.

Walküren: Mal starke Frauen, mal Servierpersonal

Alle Neun hängen im Wormser Stadtmuseum Andreasstift, einem spätromantischen Gebäudekomplex mit Innenhof und entweihter Kirche. Die Walküren: Sigrune, Rossweisse oder Grimgerde. Norbert Bisky hat sie für eine Kunstaktion der Staatsoper Stuttgart gemalt und war schon bei der Recherche fasziniert von den verschiedenen Beschreibungen, die die Literatur für diese mythologischen Wesen kennt.

Zum Beispiel, dass die starken Frauen die Toten vom Schlachtfeld einsammelten oder den Kriegern beistünden und sie dann ins Walhalla begleiteten, so Bisky. „Bei Wagner geht das eher in Richtung Wunschmädchen – das Servierpersonal im Jenseits. Da sieht man: Es gibt ganz viele Interpretationsmöglichkeiten.“

Moderne Frauen in gewaltvollen Szenen

Bisky fühlt sich nicht an überlieferte Deutungen gebunden. Für ihn sind Walküren einfach starke, moderne Frauen. Nachdenklich, schreiend, bewaffnet oder lachend. Die Formate variieren genauso wie die Ethnien.

Norbert Bisky - Walküren
Das Triptychon „Sunday“ füllt den gesamten ehemaligen Altarraum im Andreasstift.

Das Thema Gewalt taucht regelmäßig in Biskys Kunst auf. Auch in der Wormser Schau gibt es Bilder von Brutalität und Zerstörung. Das Triptychon „Sunday“ z.B. füllt den kompletten ehemaligen Altarraum.

„Der Krieg ist näher gekommen“

Brennende Gebäude und Hubschrauber im Kriegseinsatz sind darauf zu sehen und  – fast schon ein Markenzeichen des Malers – taumelnde, fallende Körper. So empfindet Norbert Bisky das Lebensgefühl vieler Menschen heute.

Auch angesichts der Kriegsbedrohung: „Das ist was ganz Reales. Der Krieg ist näher gekommen“, so Bisky. „Malerei ist da erst total ohnmächtig. Aber sie kann sagen: Leute, beschäftigt euch damit. Sie kann Menschen auf einer emotionalen Schiene erreichen. 

Bewegung und Offenheit sind Bisky wichtig

Der Meisterschüler von Georg Baselitz hat einen unverkennbaren Stil. Auch wenn er ihn immer mal wieder leicht verändert. Er reist viel, hat Ateliers in Berlin und Madrid.  

Norbert Bisky - Walküren
Norbert Bisky gilt als einer der bedeutendsten figurativen Maler in der deutschen Kunstszene.

Bewegung und Offenheit seien für ihn wichtig, sagt er und erklärt das mit seiner DDR -Vergangenheit: „Ein schlimmes, geschlossenes Land, das immer versucht hat, die freie Welt draußen zu halten und die Menschen nicht mit Informationen zu verstören“, sagt Bisky. „Deshalb finde ich das Gegenteil immer gut. So viel wie möglich hereinholen, kombinieren, Türen aufmachen.“

Kunst zugänglich machen

Und so vereint Norbert Bisky realistische Gesichter und Körper mit abstrakten Hintergründen, gönnt sich nach einer pastelligen Phase eine mit dunkleren Tönen und tauscht beim Malen auf Papier seit Jahren Aquarell mit Ölfarben. Auch die Ausstellungsorte wählt er gerne mal ungewöhnlich, auch um Kunst zugänglicher zu machen.

Norbert Bisky - Walküren
Frauenfiguren der nordischen Mythologie, von Norbert Bisky neu interpretiert: Gerhilde (links) und Ortlinde (rechts).

Seine Walküren zum Beispiel hingen zunächst in einem eher schmuddeligen Zugang des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Die Räume des Wormser Andreasstift bespielt Bisky mit Freude und Ehrfurcht: „Wir sind besessen von der Gegenwart und von der jüngeren Vergangenheit. Aber wie lange die Geschichte schon läuft und was unsere Vorfahren gewuppt haben oder zerstört, das ist an so einem Ort wie Worms eindrücklicher zu erleben als an anderen Orten.“  

Nibelungenfestspiele: Ein Konzept, das Bisky begeistert

Und auch die Nibelungenfestspiele wird sich Norbert Bisky anschauen. Schon wegen der Walküren. Und weil ihn das Konzept begeistert: Der lebendige und zeitgemäße Umgang mit dem Stoff.

„Zu sagen, wir interpretieren den jedes Mal neu, aus unserem Blickwinkel von jetzt. wir haben keine Angst, wir experimentieren mit der Formensprache. Wir nehmen auch Dinge mit rein, die die Tiktok-Generation beschäftigt. Das finde ich faszinierend.“ 

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Susanne Böhme