Vor 100 Jahren wurde Peter Selinka geboren. Der Ravensburger Werbefachmann sammelte ab den 1950er-Jahren leidenschaftlich Kunst, vorwiegend Expressionisten. Um dessen hochkarätige Sammlung in der Stadt zu halten, wurde das Kunstmuseum Ravensburg gebaut, das nun wichtige Werke daraus zeigt.
Mit einer Radierung von Kirchner fing es an
Peter Selinka kauft sein erstes Kunstwerk als junger Mann in den 1950er-Jahren, erzählt seine Ehefrau, Gudrun Selinka. Die 89-Jährige ist hellwach, selbst kunstbegeistert und erinnert sich genau an den Grundstein der späteren Sammlung: eine Radierung von Kirchner.
Eine liegende, etwas leidende Frau, sagt Gudrun Selinka: „Die hat er gekauft, weil sie seiner Mutter ähnlich war. Da hat er sicher nicht mit dem Gedanken gespielt, weil auch das Geld nicht da war, irgendwann ein Sammler zu werden.“
Peter Selinka, Werbeagentur
Selinka wird als 19-Jähriger zum Kriegsdienst eingezogen, nach dem Krieg muss er seine aus dem Sudetenland vertrieben Mutter erst einmal suchen. Er muss Geld verdienen, hat nichts gelernt.
Zufällig landet der talentierte junge Mann in der Werbebranche, arbeitet bei Pharmafirmen und gründet bald seine eigene Werbeagentur in Ravensburg, der Heimat seiner Frau: „Ich war von Anfang an eine Mitarbeiterin, Stenografie. Das war der Start für unsere Firma: Peter Selinka, Werbeagentur.“
Jawlensky zahlt Selinka jahrelang in Raten ab
Anders als Gerüchte es immer wieder streuen, erfindet Selinka aber nicht die Werbung für den Weißen Riesen und das HB-Männchen, ist aber ab den 1970ern enorm erfolgreich. Und kann nun das kaufen, was ihm am liebsten ist: Kunst der Expressionisten.
Das Spanische Mädchen von Jawlensky, abgekauft dem späteren US-Vizepräsidenten Nelson Rockefeller, muss aber noch in Raten abbezahlt werden.
„Das hat Jahre gedauert“, erinnert sich Gudrun Selinka. „Es hat sehr viel Geld gekostet ich habe immer am Ende des Monats eine Überweisung getätigt nach New York.“
Ein Gespür für Qualität
Selinka baut langsam seine Sammlung auf. „Da gibt es ein Gefühl wie ein Donnerschlag. Dann weiß ich, das Bild ist gut, das muss ich haben“, sagt er in einem Interview.
Er habe ein Gespür für Qualität, so Kuratorin Christina Groß: „Er hat nicht vertraut auf Galeristen oder Leute, die ihm Bilder „andrehen“ wollten, sondern er wusste genau, was er kaufen möchte.“
Hochkarätiges von Otto Müller oder Erich Heckel
Dabei scheut der Autodidakt keine Mühen, um Informationen zu den Werken zu bekommen. Er studiert nächtelang Bücher, sucht den direkten Austausch mit Künstlern und Experten aus der Museumswelt, wie in der Ausstellung die vielen Briefe, Notizen, Fotos zeigen.
Heute hängen im Kunstmuseum Ravensburg, erzählt Gudrun Selinka, hochkarätige Werke von Otto Müller, Ernst Ludwig Kirchner oder Erich Heckel: „Wir lebten mit der Kunst, wir haben nicht die Bilder gestapelt für später, mit der Hoffnung, die könnten ja mal viel wert sein. Das war nie ein Thema.“
Eine ungewöhnliche Sammlerpersönlichkeit
Nun sind sie in der neuen Ausstellung präsentiert, kantige Holzschnitte von Otto Müller, Ölbilder von Pechstein oder auch das erste Sammlungsstück – die Radierung „liegende Frau“ von Kirchner.
Im oberen Stockwerk wird der zweite Sammlungsschwerpunkt präsentiert: Werke der Nachkriegs-Künstlergruppen COBRA und SPUR, die Selinka in späteren Jahren begeistert. Insgesamt bietet sich ein rundes Bild einer ungewöhnlichen Persönlichkeit und einer hochkarätigen Sammlung.
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