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Micky Maus ohne Copyright: Freifahrschein für KI-generierte Bilder?

Stand
Autor/in
Katharina Wilhelm
Onlinefassung
Dominic Konrad

Nach 95 Jahren ist das Copyright für Micky Maus ausgelaufen. Und prompt kursieren die buntesten Darstellungen im Internet. Generative KI-Bilder lassen die berühmte Maus so ziemlich alles machen, was nicht den Disney-Standards entspricht. Doch nicht jede Version von Micky Maus kann jetzt einfach verwendet und kopiert werden.

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Nach 95 Jahren gehört Micky Maus der Allgemeinheit

„Liebe KI, erstelle ein Bild von Micky Maus auf einem Einhorn“ - und voilà, Micky reitet auf einem Einhorn. Es ist ein Schwarz-Weiß-Bild, das ich jetzt einfach verwenden kann, erstellt mit einer generativen KI, die der Digitalforscher Pierre-Carl Langlais entwickelt hat.

Grundlage für das Lernmodell ist der Film „Steamboat Willie“ aus dem Jahr 1928. Nach 95 Jahren ist das Copyright für diesen Film erloschen und damit auch für die Darstellung von Micky und Minnie, die ebenfalls einen Auftritt in diesem Film hat. 

„Steamboat Willie”, der erste Tonfilm mit Micky Maus

Nicht jede Version von Micky Maus kann genutzt werden

Doch man dürfe jetzt nicht jede Version von Micky einfach verwenden und kopieren, erklärt Casey Fiesler, Informationswissenschaftsprofessorin an der University of Colorado Boulder, auf TikTok: Schon allein eine Version mit Handschuhen verstoße gegen das Urheberrecht. 

Eigentlich sollten die Rechte für die „Steamboat Willie“-Maus schon 1984 an die Allgemeinheit übergehen. Disney stritt aber dafür, diese Rechte zu verlängern. 1998 erhielt eine Reform sogar den Spitznamen „Micky-Maus-Schutzgesetz“. Bis zuletzt versuchte Disney, den Schutz für Micky zu verlängern.

Mickey Mouse in „Steamboat Willie“ (1928)
Seit dem Jahreswechsel 2023-2024 ist Disneys Film „Steamboat Willie“ gemeinfrei. Damit können Micky und Minnie Maus in ihrer Version von 1928 nun iohne Einwilligung des Disney-Konzerns weiterverbreitet werden.

Durch KI wandelt Micky fernab der Disney-Standards

Micky Maus ist das Symbol und Markenzeichen für Disney. Kein Wunder, dass der Konzern versuchte, sie mit aller Macht zu schützen. Seit einiger Zeit ist der Micky aus „Steamboat Willie“ vor den Animationsfilmen des Konzerns zu sehen. Um Verwechslungen auszuschließen, aber auch, um die Markenrechte zu stärken.

Disney schien zu ahnen, was Micky nun droht. Generative KI-Bilder lassen Mickey so ziemlich alles machen, was nicht den Disney-Standards entspricht. Den Mittelfinger zu zeigen gehört dabei noch zu den harmloseren Versionen.

Erster Trailer zu Micky-Maus-Horrorfilm veröffentlicht

Und einige Filmemacher gehen gleich voll aufs Ganze:  Gerade wurde ein Trailer zum Horrorfilm „Mickey's Mouse Trap“ („Mickys Mausefalle”) veröffentlicht. Hier tötet ein Killer in einer Steamboat-Willie-Micky-Maske.

Auch andere Figuren sind seit dem 1. Januar 2024 ins Allgemeingut übergegangen, zum Beispiel Peter Pan oder Tigger, der springende Freund von Winnie Puuh, verlieren ihren Urheberschutz.

Der honigliebende Bär hatte bereits 2022 die Urheberrechte verloren und wurde auch vom Kinderstar zum Horrordarsteller. 2023 erschien „Winnie the Pooh - Blood and Honey”.

Mickey Mouse mit Zeichnung von „Steamboat Willie“ (1928)
„Steamboat Willie“ gilt als die Stunde Null des Disney-Welterfolgs. Früher als andere Cartoon-Studios setzte Walt Disney auf den Tonfilm. Die Stimme der Maus synchronisierte der Studio-Boss selbst bis 1962.

Die Adaption von gemeinfreien Figuren hat bei Disney Tradition

Ob Disney zu Rechtsmitteln greift, um unliebsame Versionen von Micky Maus zu verhindern, bleibt abzuwarten. Das Samplen, Mixen und Wiederverwenden hat in der Popkultur seit langem Tradition, das müsste auch Disney mit seinen zahlreichen Adaptionen bekannter Stoffe wissen.

Nicht zuletzt auch „Steamboat Willie“  hatte sich stark auf ein anderes urheberrechtlich geschütztes Werk gestützt: „Steamboat Bill Jr.“, eine Stummfilmkomödie mit Buster Keaton. Auch dieser Film ist jetzt gemeinfrei und im Internet verfügbar.

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