Keramik, Kunst und Kunsthandwerk

Eine Institution verabschiedet sich: Die Staatliche Majolika Manufaktur in Karlsruhe

Stand
Autor/in
Hannegret Kullmann
Hannegret  Kullmann, Autorin bei SWR Kultur

Nach mehr als 120 Jahren wird die traditionsreiche Staatliche Majolika Manufaktur Karlsruhe aufgelöst. Damit geht nicht nur ein Stück Stadtgeschichte zu Ende. Die Majolika“, wie man in Karlsruhe sagt, spielte auch eine einzigartige Rolle in der internationalen Kunst- und Keramikwelt.

Schwarz-weiß-Foto vom Verwaltungsgebäude.
Das Verwaltungs- und Ausstellungsgebäude der Majolika in den 1970er-Jahren.

Die sogenannte Majolika in Karlsruhe war eine kulturelle Institution: 1901 wurde sie als „Großherzogliche Majolika-Manufaktur“ von Friedrich I. von Baden gegründet.

Der Großherzog folgte damit der Empfehlung der beiden Maler und Grafiker Hans Thoma und Wilhelm Süs, die eine keramische Künstlerwerkstätte aufbauen wollten. Das Ziel: die Wiederbelebung der sogenannten Majolika-Technik.

Bunte Obstschale aus Keramik von Wilhelm Süs mit kleinen Putten
Obstschale von 1911, nach einem Entwurf des Majolika-Mitbegründers Wilhelm Süs.

Erneuerung des zeitgenössischen Kunstgewerbes

In der Majolika Manufaktur Karlsruhe sollte das zeitgenössische Kunstgewerbe erneuert werden. Von Beginn an wurden Maler und Bildhauer miteinbezogen, deren Entwürfe in Serie gingen.

Um 1910 zog die Majolika in eine größere Produktionsstätte am Stadtrand. Um rentabler zu werden, fertigte sie nun auch Steingut und Terrakotta. 1915 hatte sie 150 Angestellte.

Mann packt eine Keramiktafel im Jugendstil aus, auf der eine „Minerva" abgebildet ist.
Die Jugendstil-Keramiktafel „Minerva" aus Karlsruhe. Die Majolika fertigte viel Baukeramik, darunter Fliesenbilder oder Wandbrunnen.

Anfangsjahre vom Jugendstil geprägt

In den Anfangsjahren wurde dekorative Keramik hergestellt, die stark vom Jugendstil geprägt war. Darunter kleine Skulpturen, Obstschalen oder auch Wandteller.

Der Bildhauer Fritz Behn entwarf 1912 eine Harlekin-Figur, die den legendären Ballett-Tänzer Vaslav Nijinsky darstellt. Dieser Klassiker wurde in der Majolika viele Jahrzehnte produziert.

Keramikmalerin bemalt Harlekin-Figur, die den Ballett-Tänzer Nijinsky darstellt
Veronika Bauer, Keramikmalerin bei der Karlsruher Majolika, arbeitet an der Figur „Nijinski". Das 1901 gegründete Unternehmen machte sich mit seinen Keramiken international einen Namen, schrieb aber seit Jahren rote Zahlen.

Führend in der Baukeramik

In den 1920er-Jahren erlebte die Majolika einen Boom. Die Baukeramik, die sie bereits vor dem ersten Weltkrieg als weiteres Standbein aufgebaut hatte, wurde weiterhin sehr gut nachgefragt.

Auf diesem Gebiet nahm die Karlsruher Manufaktur damals eine in Deutschland und sogar weltweit führende Stellung ein. Das schreiben Monika Bachmayer und Peter Schmitt in ihrem Buch Karlsruher Majolika 1901 bis 2001: 100 Jahre Kunstkeramik des 20. Jahrhunderts“.

Schwarz-gelb bemalte Vase mit Zitronen und Zitronenblättern aus den 1920-er Jahren
Zitronen-Dekor: Kunstvoll gestaltete Vase aus der Majolika Manufaktur Karlsruhe, entstanden zw. 1921 und 1925, vermutlich von Max Läuger.

100 Jahre auf der Höhe der Zeit

Vom Jugendstil über die Neue Sachlichkeit, die 1950er-Jahre und bis zuletzt: Die Karlsruher Manufaktur nahm während ihres mehr als 100-jährigen Bestehens alle möglichen Kunstströmungen auf und spiegelte sie in ihren Keramiken wider.

Doch nicht jede Keramik, die in Karlsruhe entstand, war bunt: Das zeigt das schlichte weiße Kaffeeservice von Martha Katzer im Bauhaus-Stil. Katzer entwarf sowohl Gebrauchsgeschirr für die Serienfabrikation als auch frei gedrehte Einzelstücke für die Kollektion der Edelkeramiken.

Weißes, schlichtes Kaffeeservice in einer Ausstellungsvitrine.
Museum in der Majolika Manufaktur Karlsruhe, 2001: Service von Martha Katzer. Gezeigt wurden Stücke aus den Jahren 1922 bis 1942.

Der „Bambi“ ist Karlsruher Design

Zum Grundkonzept der Majolika gehörte von Beginn an die enge Kooperation zwischen Künstlern und Kunsthandwerk. Immer wieder konnte die Keramik-Manufaktur bedeutende Namen ans Haus holen, unter ihnen Max Läuger, Erwin Spuler oder Hans Theo Baumann.

Aus der Manufaktur kamen auch einige Skulpturen, die bei Preisverleihungen überreicht wurden. So stammte der renommierte Fernseh- und Medienpreis „Bambi“ ursprünglich aus der Majolika. Die Figur des Rehkitz geht auf eine Tonskulptur der Bildhauerin Else Bach zurück, die diese 1936 geschaffen hatte.

Keramikmalerin bemalt Bambi-Figur mit goldener Farbe.
Eine Mitarbeiterin der Karlsruher Majolika Manufaktur bemalt eine goldene Bambi-Trophäe (undatiert).

Trotz einiger Rettungsversuche, die sich über Jahrzehnte hinzogen, kam die Majolika Manufaktur nicht mehr aus den roten Zahlen heraus. Mal war sie in Landesbesitz, dann in städtischer Hand, zuletzt gehörte sie einem Investor. Mit ihrer Schließung geht ein bedeutendes Kapitel der deutschen Keramik-Geschichte zu Ende.

Finale Versteigerung bei der Karlsruher Majolika Manufaktur

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