
Die sogenannte Majolika in Karlsruhe war eine kulturelle Institution: 1901 wurde sie als „Großherzogliche Majolika-Manufaktur“ von Friedrich I. von Baden gegründet.
Der Großherzog folgte damit der Empfehlung der beiden Maler und Grafiker Hans Thoma und Wilhelm Süs, die eine keramische Künstlerwerkstätte aufbauen wollten. Das Ziel: die Wiederbelebung der sogenannten Majolika-Technik.

Erneuerung des zeitgenössischen Kunstgewerbes
In der Majolika Manufaktur Karlsruhe sollte das zeitgenössische Kunstgewerbe erneuert werden. Von Beginn an wurden Maler und Bildhauer miteinbezogen, deren Entwürfe in Serie gingen.
Um 1910 zog die Majolika in eine größere Produktionsstätte am Stadtrand. Um rentabler zu werden, fertigte sie nun auch Steingut und Terrakotta. 1915 hatte sie 150 Angestellte.

Anfangsjahre vom Jugendstil geprägt
In den Anfangsjahren wurde dekorative Keramik hergestellt, die stark vom Jugendstil geprägt war. Darunter kleine Skulpturen, Obstschalen oder auch Wandteller.
Der Bildhauer Fritz Behn entwarf 1912 eine Harlekin-Figur, die den legendären Ballett-Tänzer Vaslav Nijinsky darstellt. Dieser Klassiker wurde in der Majolika viele Jahrzehnte produziert.

Führend in der Baukeramik
In den 1920er-Jahren erlebte die Majolika einen Boom. Die Baukeramik, die sie bereits vor dem ersten Weltkrieg als weiteres Standbein aufgebaut hatte, wurde weiterhin sehr gut nachgefragt.
Auf diesem Gebiet nahm die Karlsruher Manufaktur damals eine in Deutschland und sogar weltweit führende Stellung ein. Das schreiben Monika Bachmayer und Peter Schmitt in ihrem Buch „Karlsruher Majolika 1901 bis 2001: 100 Jahre Kunstkeramik des 20. Jahrhunderts“.

100 Jahre auf der Höhe der Zeit
Vom Jugendstil über die Neue Sachlichkeit, die 1950er-Jahre und bis zuletzt: Die Karlsruher Manufaktur nahm während ihres mehr als 100-jährigen Bestehens alle möglichen Kunstströmungen auf und spiegelte sie in ihren Keramiken wider.
Doch nicht jede Keramik, die in Karlsruhe entstand, war bunt: Das zeigt das schlichte weiße Kaffeeservice von Martha Katzer im Bauhaus-Stil. Katzer entwarf sowohl Gebrauchsgeschirr für die Serienfabrikation als auch frei gedrehte Einzelstücke für die Kollektion der Edelkeramiken.

Der „Bambi“ ist Karlsruher Design
Zum Grundkonzept der Majolika gehörte von Beginn an die enge Kooperation zwischen Künstlern und Kunsthandwerk. Immer wieder konnte die Keramik-Manufaktur bedeutende Namen ans Haus holen, unter ihnen Max Läuger, Erwin Spuler oder Hans Theo Baumann.
Aus der Manufaktur kamen auch einige Skulpturen, die bei Preisverleihungen überreicht wurden. So stammte der renommierte Fernseh- und Medienpreis „Bambi“ ursprünglich aus der Majolika. Die Figur des Rehkitz geht auf eine Tonskulptur der Bildhauerin Else Bach zurück, die diese 1936 geschaffen hatte.

Trotz einiger Rettungsversuche, die sich über Jahrzehnte hinzogen, kam die Majolika Manufaktur nicht mehr aus den roten Zahlen heraus. Mal war sie in Landesbesitz, dann in städtischer Hand, zuletzt gehörte sie einem Investor. Mit ihrer Schließung geht ein bedeutendes Kapitel der deutschen Keramik-Geschichte zu Ende.