Nach über 120 Jahren hat am Freitag die Karlsruher Keramikmanufaktur Majolika ihren Betrieb eingestellt. Die verbliebenen sieben Beschäftigten haben ihre Kündigung bekommen. Zu ihnen zählt auch Steffen Zischke. Er hat seit dem Jahr 2000 als Keramikmaler in der Manufaktur gearbeitet.
Vergebliche Hoffnung des Keramikmalers auf Rettung der Majolika
Nachdenklich läuft Steffen Zischke über den Innenhof der Majolika. 1986 hat der heute 61-Jährige hier seine Ausbildung gemacht. Er arbeitete zuletzt 24 Jahre am Stück in der Manufaktur. Enttäuscht und traurig sei er angesichts der Schließung. Und desillusioniert. Mit der Schließung der Majolika endet ein Stück Karlsruher Kulturgeschichte.
Seit er hier arbeitete sei es ein Auf und Ab gewesen, erzählt er. Die Majolika war schon immer ein Zuschussbetrieb. Aber in der letzten Phase habe er Hoffnung gespürt, so Zischke.
Majolika-Mitarbeiter sah Gröner-Konzept positiv
Im September 2022 hatte der Investor Gröner Family Office den Betrieb der Majolika übernommen. Ein Generalbevollmächtigter und ein Unternehmensberater hätten im Auftrag von Gröner das Ruder vor Ort in die Hand genommen, so der Majolika-Mitarbeiter Zischke. Das Konzept habe richtig gut geklungen.
Zu diesem Konzept gehörten unter anderem die Arbeit mit Künstlern und Studierenden, Führungen durch die Manufaktur und Workshops. Das alles sollte querfinanziert werden durch die Vermietung von Räumen der Majolika, die Gröner von der Stadt in Erbpacht übernehmen wollte.
Kritik an Haltung des Karlsruher Gemeinderats
Enttäuscht sei er von der Haltung des Karlsruher Gemeinderats, sagt der gelernte Keramikmaler. Sein Eindruck sei, dass den Stadträten das Thema Majolika eher lästig war.
Der Gemeinderat wollte sich nicht für die Übernahme der Immobilie durch Gröner aussprechen. Durch diese Ablehnung sei eine Finanzierung des Betriebs unmöglich, so der Investor. Er zog sich im April zurück. Aus Sicht des langjährigen Majolika-Mitarbeiters bedauerlich, denn Gröner sei besser als sein Ruf, auch wenn der Unternehmer natürlich auf seinen Vorteil bedacht sei. Hier sei nicht einfach nur "der Immobilienhai unterwegs gewesen, um sich ein Filetstück im Hardtwald zu sichern", betont Steffen Zischke.
Vertrag des Majolika-Mitarbeiters läuft noch bis Dezember
Er wolle eigentlich nicht mit dem Finger auf einen einzigen Verantwortlichen zeigen. Viele seien am vielleicht letzten Kapitel der Majolika-Manufaktur beteiligt gewesen und viele hätten es auch gut gemeint, sagt Steffen Zischke. Trotzdem übt er Kritik am zuständigen Karlsruher Kulturbürgermeister Albert Käuflein (CDU), der Mitglied im Vorstand der Majolika-Stiftung ist.
Weil er langjähriger Mitarbeiter ist, läuft Zischkes Vertrag bei der Majolika noch bis Ende des Jahres. Was er danach macht, weiß er nicht. Vielleicht müsse er sich eine ganz andere Tätigkeit suchen, sagt der Keramikmaler.
Rätselraten um Zukunft von Räumen und Gelände der Majolika
Und was wird aus der Majolika? Während der Betrieb der Manufaktur abgewickelt wird, seien in den vermieteten Räumen auffällig viele Handwerker unterwegs, erzählt Zischke. Insbesondere beim Brandschutz werde nachgerüstet. Was die Stadt mit den Räumen vor hat, wisse er nicht. Insgeheim träumt er immer noch von einer Wende, von der plötzlichen Rettung der Manufaktur, und spricht vom "aktuellen Trend zum keramischen Arbeiten".
Investor Gröner steigt aus Hinterzimmerpolitik in Karlsruhe? Kritik nach geplatztem Majolika-Deal
Durch den Einstieg des Immobilieninvestors Gröner schien die Keramikmanufaktur Majolika in Karlsruhe gerettet. Nun wird der Betrieb Ende Mai geschlossen. Es gibt scharfe Kritik.
Stadt sucht Perspektive, Investor ist verstimmt
Und was tut die Stadt? Man versuche derzeit, mögliche Perspektiven für den Betrieb der Majolika zu entwickeln, antwortete die Stadtverwaltung auf eine SWR-Anfrage nach Bekanntwerden der Schließungspläne.
Investor Gröner, der nach eigenen Angaben in 20 Monaten 600.000 Euro in den Betrieb der Majolika gesteckt hat, gibt sich spürbar verstimmt. Der Gemeinderat in Karlsruhe misstraue privaten Investoren, heißt es in einer Mitteilung von Gröner Family Office gegenüber dem SWR. Kulturelle Projekte würden so durch ideologisch geführte Grabenkämpfe verhindert.