Ausstellung

„Intime Blicke“ – Wilhelm Hack Museum zeigt persönliche Bilder

Stand
Autor/in
Maja Hattesen

Nicht erst seit Influencer im Netz private Einblicke gewähren, sind voyeuristische Bilder beliebt. Kunstwerke zeigen schon lange scheinbar private Momente. Dem widmet sich nun das Ludwigshafener Museum in einer Schau mit bisher wenig gezeigten Gemälden aus dem Depot.

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Grafiken, die lange nicht mehr ausgestellt wurden

Es ist nur eine kleine Ausstellung und man kann sie als nachhaltig bezeichnen. Nichts wurde dafür extra angekauft oder geliehen. Kuratorin Julia Nebenführ hat sich vielmehr von dem, was schon lange im grafischen Bestand ist, inspirieren lassen: „Ich freue mich immer, wenn ich da mal stöbern darf und unter ganz unterschiedlichen Aspekten die Grafiken auswähle.“

Gefunden hat sie Selbstporträts, Akte und Interieur-Studien. „Diese Grafiken sind entweder jahrzehntelang nicht ausgestellt worden oder noch nie einem Publikum gezeigt worden“, erzählt die Kuratorin. „Für uns ist das also was ganz Besonderes.“

Blicke von Malern auf Frauen

Es sind hauptsächlich männliche Maler des 19. Jahrhunderts, die hier ausgestellt werden – nur drei Frauen hat Julia Nebenführ in der Sammlung gefunden. Die Interieur-Studien sind darum meist Blicke von Malern auf Frauen – also intime Situationen, in denen Frauen bei der Handarbeit, bei der Versorgung des Kindes und manchmal auch beim Lesen gezeigt werden.

Lesende stehen zwar für Bildung, aber „die Prämisse ist, dass es trotzdem im Innenraum stattfindet, gebunden an alltägliche Gegebenheiten, der Außenraum gehört dem Mann!“ erklärt Julia Nebenführ und ergänzt: „Lesende Frauen sind gefährlich, aber es findet im abgeschlossenen Interieur statt.“

Es sind berührende Studien von jungen Frauen im gemütlichen Lichtkegel bei der Handarbeit, so von Jean Francois Millet, „Die Näherin“ oder „Kind mit Mutter“.

Käthe Kollwitz, Senta Geißler und Maria Herbig als einzige Malerinnen

Eine der wenigen Malerinnen, Maria Herbig aus Kaiserslautern, die die Aufnahme an die Kunstakademie Karlsruhe schaffte, lässt den Betrachter über die Mühsal der Handarbeit nachsinnen – im Gesicht einer „Alten Frau“ verraten Sorgenfalten ihr fortgeschrittenes Alter.

Auch die heute fast unbekannte Malerin Senta Geißler hatte 1925 die Kunstakademie in Karlsruhe absolviert, als sie ein Selbstporträt in Öl malt, zuversichtlich in die Zukunft, mitten in das Auge des Betrachters blickend.

Intime Blicke
Käthe Kollwitz, Selbstbildnis, Lithografie, 1934

Käthe Kollwitz „Selbstporträt“ wirkt dagegen düster-melancholisch: Ein Jahr nach Hitlers Machtübernahme gewährt sie dem Betrachter Einblick in ihr Seelenleben. Vom Leben gezeichnet wirkt sie und offenbart uns genau diesen „Intimen Blick.“ 

Auch beim Akt dominiert der männliche Blick auf den weiblichen Körper

Das letzte, umfangreiche Kapitel der Ausstellung widmet das Museum dem Akt. Auch hier dominiert der männliche Blick, wird die eigene Könnerschaft betont, den weiblichen Körper in allen Varianten mit wenigen Strichen darstellen zu können. Greift Lovis Corinth noch als Begründung, weibliche Nacktheit darstellen zu dürfen, auf ein mythologisches Motiv „Susanna im Bade“ zurück, wird das bei Picasso nur noch angedeutet.

Die Frau muss sich auch bei Ernst Ludwig Kirchner nicht mehr im privaten Interieur ankleiden oder waschen, um nackt gezeigt zu werden – sie verschmilzt im Expressionismus mit der Natur und den Pflanzen im Außen zu einer bedrohlichen „Femme Fatale“. 

Intime Blicke
Ernst Ludwig Kirchner, Akt unter Sonnenblumen, Holzschnitt, 1906

Allzulange warten sollte man nicht mit dem Museumbesuch, denn die kleine sehenswerte Ausstellung muss bald wieder ins Dunkle: Nicht mehr als 50 Lux Lichtstärke vertragen die empfindlichen Arbeiten auf Papier, das heißt also, wie Julia Nebenführ auf den Punkt bringt: „Faustregel, drei Monate an der Wand, drei Jahre im Depot.“ 

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