Der Künstler Tan Ping verbindet in seiner Kunst die traditionelle chinesische Tuschemalerei mit der abstrakten Kunst. Zeit, Bewegung und Raum sind für ihn wesentliche Elemente. Ein wichtiges Stilmittel bei Tan Ping ist das „Übermalen“ seiner Werke. Damit nimmt er Bezug auf Krisen und Kriege, die bestehendes Kulturgut zerstören.
Prinzipien, die an John Cage erinnern
Man könnte denken, Tan Ping trainiert für einen Sportwettkampf und filmt sich dabei selbst. Die Videoinstallation, in der der chinesische Künstler durch einen leeren Raum hüpft, läuft oder springt, ist hingegen ein Kunstwerk, das alle seine Prinzipien auf den Punkt bringt. Und diese sind: Zeit, Raum und Bewegung.
Prinzipien, die sehr an John Cage erinnern. Kuratorin Beate Reifenscheid sagt über Tan Ping: „Im Grunde ist ja nichts schwieriger, als Zeit darzustellen.Tan Ping nimmt dieses Moment und übersetzt es in Abstraktion.“
Entstanden in nur zwei Minuten
Tan Ping kommt aus der klassischen chinesischen Kunst, die geprägt ist von der Kalligrafie und der Tuschemalerei. 1989 reist er für ein Stipendium des Deutschen akademischen Austauschdienstes nach Deutschland und setzt sich seitdem mit der Entwicklung der Kunst in der westlichen Welt auseinander.
Großformatige Blätter zeigen schwarze schwunghafte breite Linien, durchzogen oder durchkreuzt von kleineren Strichen. Weit auseinander oder dicht zusammen. Jedes Blatt ist innerhalb von zwei Minuten entstanden und spiegelt den jeweiligen emotionalen Zustand des Künstlers.
Malerei spielt eine große Rolle
Tan Ping interessiert sich aber auch für Farbe. Gerade in den neueren Werken.
Beate Reifenscheid führt aus: „Malerei spielt eine ganz große Rolle bei ihm. Es ist finde ich beides da. Und die Gleichzeitigkeit von beidem – die asiatische Philosophie und Tuschemalerei und die westliche Welt, die Acrylmalerei, das verflechtet er.“
Unerwartete Situationen
Etwa in der Acrylarbeit mit dem Titel „Eindringling“ aus dem Jahr 2020. Sie hängt direkt am Eingang der Ausstellung im Ludwig Museum.
Wuchtig erscheinen die dunklen Flächen, durchbrochen mit farbigen Akzenten. Die Arbeit bezieht sich auf unerwartete Situationen, die das Leben stark beeinflussen. So wie zum Beispiel die Corona-Pandemie.
Und dann kommt der Moment, wo Tan Ping sein Gemälde zerstört, indem er es übermalt und die Übermalung sichtbar macht.
Boom des Abstrakten
Für Kuratorin Beate Reifenscheid hat die Abstraktion gerade in unsicheren Zeiten eine besondere Bedeutung. So ist es wahrscheinlich kein Zufall, dass derzeit Ausstellungen mit abstrakten Werken einen Boom erleben.
„Es hat immer auch etwas mit diesen Kriegszeiten zu tun. Und es ist die Möglichkeit des Menschen sich selbst mit der Welt und dem Universum in Einklang zu bringen“, so Reifenscheid.
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