Kubra Khademi floh 2015 aus ihrer Heimat Afghanistan, weil sie Morddrohungen erhalten hatte. Die Künstlerin hatte das patriarchale System und die Unterdrückung von Frauen kritisiert. Aus ihrem Exil in Frankreich kämpft sie weiter mit künstlerischen Mitteln. So entstand die Ausstellung „Bread, Work, Freedom“.
Prominente Politikerinnen als lebensgroße Portraits
Sie sind vollkommen nackt, aber schauen den Betrachtenden selbstbewusst direkt in die Augen. Die Künstlerin Kubra Khademi hat zehn lebensgroße Frauenportraits gemalt. Es sind mächtige Frauen: ehemalige und aktuelle Präsidentinnen, Ministerinnen oder sonstige Politikerinnen aus aller Welt – darunter auch Kamala Harris, Ursula von der Leyen und Angela Merkel.
Briefe blieben unbeantwortet
Die Künstlerin Kubra Khademi hat ihnen allen einen Brief geschrieben, kurz nachdem die Taliban 2021 wieder die Macht in Afghanistan an sich gerissen hatten. In dem Brief bat sie um Hilfe für die Frauen und Mädchen in ihrer Heimat und forderte die Politikerinnen auf, ihren Einfluss geltend zu machen.
„Ich schrieb diesen Brief – und da war diese tiefe Stille. Ich bekam keine einzige Antwort. Zuerst war ich sehr frustriert, aber dann dachte ich: Ich bin Künstlerin, ich kann mir mit Hilfe meiner Bilder Gehör verschaffen. Da begann ich mit diesen gemalten Portraits.
Die Frauen stehen alle aufrecht da, das hatte ich auch in meinem Brief gefordert: steht auf, steht ein für die Frauen in Afghanistan. Ihr habt Macht und Erfahrungen. Ihr müsst gegen diese destruktive Macht der Männer ankämpfen.“
Appell an das Menschsein
Kubra Khademi hat die Frauen nackt dargestellt, um deutlich zu machen, dass sie alle gleich sind – um an ihr Menschsein zu erinnern und zu appellieren. In fünf weiteren Gemälden zeigt sie die gleichen Frauen als starke Gemeinschaft, wie sie eine Arche Noah kapern, das Meer teilen oder miteinander Liebesspiele spielen.
„Seit die Taliban wieder an der Macht sind, wird die Situation in Afgahnistan für Mädchen und Frauen jeden Tag schlimmer“, sagt Kubra Khademi. Sie steht seit ihrer Flucht 2015 in engem Austausch mit Verwandten und Bekannten in ihrer alten Heimat.
Afghanische Frauen werden wie Sexsklavinnen gehalten
„Die Zahl der Selbstmorde von Frauen und Mädchen ist so hoch. Viele werden mit den radikalislamischen Kämpfern zwangsverheiratet, sie werden wie Sexsklavinnen gehalten. Sie sind nur dazu da, Kinder zu bekommen, die dann weiter kämpfen sollen.
Heftige Reaktionen auf ihre Kunst
Kubra Khademi verfolgt tagtäglich die Nachrichten aus ihrer früheren Heimat und ist verzweifelt, weil von nirgendwo Hilfe kommt. Sie hat in Afghanistan und Pakistan Kunst studiert und versucht, sich dort ein Leben als Künstlerin aufzubauen. Aber ihre Performances und Bilder, die vor allem das patriarchale System kritisieren, sorgten von Anfang an für heftige Reaktionen.
Performance in Kabul musste abgebrochen werden
Im Rahmen einer Performance lief sie 2015 mit einer Art Rüstung aus Metall, die ihren Hintern und ihre Brüste betonte durch das Zentrum von Kabul. Was dann geschah, hatte sie nicht für möglich gehalten:
„Ich hatte es gewagt, den öffentlichen Raum einzunehmen, der normalerweise den Männern vorbehalten war. Frauen huschten sonst nur möglichst schnell vorbei. Sie mussten immer damit rechnen, angegrapscht, bedrängt und beleidigt zu werden. Dagegen richtete sich meine Kritik. Als ich da lief, spürte ich diese Aggressivität. Ich allein zwischen tausenden von Männern.“
Aufmerksamkeit durch Kunst erreichen
Kubra Khademi musste die Performance nach 8 Minuten abbrechen. Das Video, das ihre Freundin davon gemacht hatte, verbreitete sich sofort rasant in den sozialen Medien. Kubra Khademi wurde bezichtigt, amerikanische Spionin zu sein, ein enormer Hass entlud sich, sie erhielt Morddrohungen und floh aus dem Land. Seitdem lebt sie in Frankreich – in Sicherheit, aber in ständiger Angst um ihre Freundinnen und alle Mädchen und Frauen in Afghanistan.
Gerade erschien in Frankreich ihre Autobiographie als Graphic Novel. Das einzige was Kubra Khademi bleibt: mit ihren künstlerischen Mitteln immer wieder auf die Situation in ihrer ehemaligen Heimat aufmerksam zu machen – damit die Mädchen und Frauen dort nicht vergessen werden.
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