Sie werden immer selbstverständlicher: Queere Figuren in Film- und Fernsehen. Doch der Eindruck täuscht. Denn Filme, deren Hauptfiguren schwul, lesbisch oder divers sind, sind in Deutschland noch immer ein Randphänomen. Das hat strukturelle Gründe, meint Björn Koll , langjähriger Leiter des Salzgeber Filmverleihs im Gespräch mit SWR2. Schuld sei die Deutsche Filmförderung.
Filme mit queeren Themen sind sehr gefragt
Gerade einmal 0,18 Prozent des öffentlichen Förderbudgets seien 2022 Filmen zugutegekommen, die queere Themen verhandelten. „Das ist im Prinzip nichts“, kommentiert Koll lakonisch, und wundert sich. Schließlich seien solche Filme sehr gefragt - im Ausland und auch auf Festivals. "Diese Filme werden gewünscht und gewollt, was man sonst vom deutschen Film nicht unbedingt sagen kann."
Bestes Beispiel sei das Coming-of-Age-Drama „Drifter“ von Hannes Hirsch, das Anfang November 2023 ins Kino kam. Auf der Berlinale wurde der Film gefeiert, gefördert wurde die Produktion nicht.
Netflix macht vor, wie man queere Themen erzählen kann
Paradox sei: Vor allem Studierende von Filmhochschulen interessierten sich sehr für solche Themen, so Koll. Das erkenne man daran, das es relativ viele queere Debütfilme gebe.
Allerdings würden diese Interessen dann nicht weiterverfolgt oder die Jungfilmer wanderten in den Serien- und Streamingbereich ab, sagt Koll. Dort seien queere Stoffe durchaus nachgefragt, wie der Erfolg der Netflix-Produktionen „Heartstopper“ oder „Sense8“ zeige. „Im Prinzip hat uns Netflix gerade vorgemacht, wie man solche Themen erzählen kann. Beim deutschen Film sehe ich das nicht", so Koll.
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