Versenkt, um die Burgunden zu retten
Am Wormser Rheinufer steht die Statue von Hagen von Tronje, die Augen fest auf den Fluss gerichtet. Er hebt einen goldbeladenen Schild über die Schulter und ist bereit, den Schatz in den Fluten zu versenken. Die Nibelungen sind allgegenwärtig in der Domstadt – und mit ihnen ihr Schatz, das sagenumwobene Rheingold.
Siegfried, der Drachentöter, soll den Nibelungenschatz von den Zwergen gestohlen haben und wirbt mit den Reichtümern um die Hand der Königsschwester Kriemhild. Nach seiner Ermordung schwört diese, über den Leichnam ihres Mannes gebeugt, bittere Rache gegen seinen Mörder Hagen und seine Komplizen, ihre Brüder.
Damit Kriemhild keine Armee aufbauen und gegen Worms ziehen kann, versenkt Hagen den Schatz kurzerhand im Rhein. Wo, das weiß heute keiner.
Dabei findet sich im mittelhochdeutschen „Nibelungenlied“ ein Indiz über den Ort, wo sich der sagenhafte Hort befinden soll:
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Viele Orte kommen als Fundort infrage
Wo „ze Lôche“ sein soll, das beschäftigt die Nibelungenforschung seit dem frühen 19. Jahrhundert. Schon damals wird Lochheim am Rhein als möglicher Ort identifiziert. Die Siedlung wird erstmals um 770 in Urkunden aus der Regierungszeit Karls des Großen erwähnt und soll nahe der heutigen Gemeinde Biebesheim in Hessen gelegen haben, 20 Kilometer flussabwärts von Worms.
Doch gefunden wurde dort, wo man das mittelalterliche Lochheim vermutet, nie etwas. Auch andere Orte entlang des Rheins könnte das „Nibelungenlied“ meinen: das hessische Gernsheim, der Wormser Stadtteil Ibersheim oder Niefernheim, 17 km westlich vom Rhein am Zufluss Pfrimm, werden als mögliche Schatzorte gehandelt.
Der Nibelungen-Dichter: keine verlässliche Quelle
Bei allen Theorien stellt sich unweigerlich die Frage: Kann das „Nibelungenlied“ überhaupt einen konkreten Hinweis geben auf den Verbleib des Schatzes?
Als historische Grundlage für die Sage gilt der Fall des Burgunderreichs im Jahr 436, in der Zeit der sogenannten Völkerwanderung. Der weströmische Feldherr Flavius Aetius zieht gegen den Burgundenkönig Gundahar – den Gunther der Sage – in die Schlacht und siegt mit der Unterstützung hunnischer Streitkräfte aus dem Gefolge Attilas. Der Hunnenkönig wird im „Nibelungenlied“ zu Etzel, Kriemhilds zweitem Ehemann.
Das mittelhochdeutsche Epos wird allerdings erst Anfang des 13. Jahrhunderts niedergeschrieben, mehr als 700 Jahre später. In dieser Zeit verbreitet sich der Sagenstoff in der nordischen Welt, bis hin nach Island. Ob also vom Nibelungen-Dichter, dessen Identität wir nicht kennen, überhaupt eine zutreffende Ortsangabe erwartet werden kann? Vermutlich eher nicht.
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Auch die Nazis suchten den Sagenschatz
Generation um Generation suchen Glücksritter weiter. Einer der spektakulärsten Einsätze erfolgt dabei unter den Nazionalsozialisten: Zwischen 1939 bis 1943 sucht das Projekt „Rheingold“ mit einem Schwimmbagger den Oberrhein nach Goldvorkommen ab.
Nur 300 Gramm Gold werden in vier Jahren zu Tage gefördert. Ein Zehntel davon landet schließlich, ganz nach Wagnerschem Vorbild, in einem „Nibelungenring“ für Herrmann Göring.
Sensationsfund: der Barbarenschatz von Rülzheim
Liegt das Gold der Nibelungen in der Pfalz?
Wie der sagenumwobene Schatz ausgesehen haben könnte, lässt 2013 ein sensationeller Fund bei Rülzheim in der Pfalz erahnen. Im Internet entdecken Fahnder Videos, in denen ein Sondengänger Stücke eines spätrömischen Schatzes präsentiert. Die Antiquitäten werden sichergestellt und lagern heute im Historischen Museum Speyer.
Unter den Fundstücken: ein Silberteller, eine Silberschale, ein prunkvoller Reisestuhl und goldene Zierplatten. Die Stücke werden in die Mitte des 5. Jahrhunderts datiert, in die Zeit des Falls des Burgundenreichs. Stilistisch variieren die Funde zwischen ostgermanisch-hunnischen und römischen Einflüssen.
Handelt es sich beim sogenannten „Barbarenschatz von Rülzheim“ womöglich um das legendäre Nibelungengold? Niemand wird das jemals mit Sicherheit sagen können. Die Suche nach dem sagenumwobenen Schatz geht also weiter.