15 Stunden Oper und mehr als 30 Figuren: Richard Wagners „Ring des Nibelungen“ ist ein enorm komplexes Stück Opernliteratur. Für diejenigen, die nur Bahnhof verstehen, ist jetzt eine Lösung in Buchform erschienen. Doch die „Ring“-Nacherzählung des mysteriösen Autors namens „Prinz Rupi“ ist gespickt mit anbiedernder Jugendsprache und sexistischen Frauenbildern.
Der „Ring“ in leicht verständlichen Worten
Prinz... wer? Ist dieser Rupi ein mir unbekannter Hohenzoller? Der nach Deutschland verirrte Sproß einer europäischen Monarchen-Familie? Oder vielleicht ein Schlager-Star? Nein, nein und nein. Prinz Rupi ist selbsternannter Bücher-Adel. Hinter dem Pseudonym verbirgt sich der Autor und Verleger Ruprecht Frieling.
Der hat in den 1980er- und 1990er-Jahren in seinem Verlag gegen finanzielle Beteiligung der Autoren tausende Manuskripte veröffentlicht, auch seine eigenen. Außerdem ist er Opern-Fan, vor allem: Wagner-Fan.
Die Nacherzählung „Prinz Rupi erzählt den Ring des Nibelungen“, die beim Antheum Verlag für 15 Euro zu haben ist, überträgt Wagners Text in eine leicht verständliche, fließende Story, verwoben mit der Original-Prosa.
Zwischen Nacherzählung und Werkausdeutung
Rupi webt auch Meta-Ebenen in seine Erzählung ein, er diskutiert zum Beispiel die großen Themen des Rings: Machtgier, Unschuld, Liebe. Er erklärt musikalische Techniken wie Wagners Leitmotive und erwähnt immer wieder, wo welches Motiv auftaucht. Hin und wieder lässt er sogar Wagners Biografie einfließen, oder die Situation der Musiker auf der Bühne:
Es ist erstaunlich, wie gut all diese Ebenen ineinandergreifen. Prinz Rupi hat ein gutes Gefühl für Erzähltempo und Spannung, sein „Ring“ ist keine Sekunde langweilig. Außerdem erklärt er komplizierte Zusammenhänge, so, dass ich sie endlich verstehe. Zum Beispiel, warum die Rheintöchter Alberich verraten, wo das Rheingold zu finden ist.
Unfreiwillig komischer Jugendsprech
Auch sprachlich findet Prinz Rupi in einen fließenden Rhythmus, schreibt packend und lebendig. Und trotzdem fällt es mir schwer, diese Nacherzählung zu empfehlen. Das hat zwei Gründe.
Zum einen lässt Rupi im Vorwort anklingen, dass dieser Ring auch für junge Menschen gedacht ist. Und diese jungen Menschen will er offenbar ansprechen, indem er seine ansonsten eher gehobene Sprache immer wieder mit Worten wie „Daddy“, „Ring of Fire“ oder „Rheingirlies“ würzt. Aber diese Stellen wirken unfreiwillig komisch bis anbiedernd.
Der „Ring“ als Graphic Novel von P. Craig Russel
Anflüge von Sexismus durchziehen Prinz Rupis „Ring“
Und zum anderen gibt es Anflüge von Sexismus in diesem Buch: Brünnhilde zum Beispiel wird in der Götterdämmerung „gekapert“, als wäre sie ein Schiff. Die Rheintöchter sind „eine wahr gewordene feuchte Männerfantasie“ oder „knackige Teens; zum Anbeißen lecker.“ Und bei Gutrune, einer Figur aus der Götterdämmerung, wird es richtig unangenehm:
Ich hätte dieses Buch gerne empfohlen, zumal es eine Ring-Erzählung, die eine Verknüpfung von Geschichte, Themen und Musik in dieser Weise zustande bringt, bislang noch nicht gab. Außerdem ist es absolut sinnvoll, sich vor dem ersten Ring-Besuch in die Materie einzulesen.
Angesichts der oben genannten Passagen empfehle ich hierfür jedoch lieber: P. Craig Russels Nacherzählung in Comic-Form oder die Original-Nibelungen-Sage in der packenden Version von Michael Köhlmeier.
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