Jubiläum beim Tatort aus Ludwigshafen: Ulrike Folkerts löst ihren 75. Fall als Lena Odenthal. Und der ist besonders bitter: Der neunjährige Marlon wird in seiner Schule tot aufgefunden, offensichtlich wurde er die Treppe herabgestoßen. Die Trauer hält sich jedoch in Grenzen: der Junge war auffällig, aggressiv und scheint kaum Freunde gehabt zu haben. Aber könnte das wirklich ein Grund sein, ein Kind umzubringen? „Marlon“ ist ein sensibler Film, ohne jedes Klischee, mit vielen wichtigen Fragen und beeindruckenden Darsteller*innen.
„Systemsprenger“ sind anstrengend
Ein totes Kind - das geht auch den Ermittlerinnen Lena Odenthal und Johanna Stern an die Nieren. Erst recht als klar wird, dass es der neunjährige Marlon an der Schule schwer hatte, weil er anderen das Leben schwer gemacht hat. Als „schwer erziehbar“ hat man das früher abgetan, heute nennt man die ganz harten Fälle „Systemsprenger“. Akten füllen sich, Strafenkataloge werden abgearbeitet. Aber schutzbedürftig sind die Kinder trotzdem. Und abhängig von der Erwachsenenwelt um sie herum.
Grenzerfahrung für die Eltern
Eltern sein ist eine Grenzerfahrung, bei der viele mal an einen Punkt kommen, wo sie nicht weiter wissen oder die Kontrolle verlieren. An manchen Stellen scheint durch, wie schnell dieser Tatort in Betroffenheitsklischees und Küchenkinderpsychologie hätte untergehen können. Aber diese Gefahr umschifft er an den meisten Stellen doch ganz geschickt. Zum Beispiel werden hier keine abgehängten Familien gezeigt, sondern normal bis gut situierte, durchaus pädagogisch vorgebildete Elternteile, die möglichst alles richtig machen wollen.
Überfordertes Schulsystem
Was macht es mit einem Kind, wenn es zu früh eingeschult wird, wenn es die Schule wechseln muss, weil Probleme auftauchen? Und was, wenn zwischen dem eigenen Anspruch und der wütenden Wirklichkeit immer wieder eine Lücke klafft? Im Schulalltag geht sowas viel zu schnell unter. Dass unterbesetzte oder unterbezahlte Schulsozialarbeit etwas mit der Lösung zu tun hat, ist sehr schnell klar. So viel soziales Engagement darf ruhig sein.
Wie umgehen mit den negativen Gefühlen?
„Marlon“ ist ein sensibler Tatort, der durch die beeindruckenden Kinderdarsteller und vor allem Ludwig Trepte als Sozialarbeiter noch einmal auf ein anderes Level gehoben wird. Wie geht man mit seinen negativen Gefühlen um und welche Verantwortung übernimmt man, sobald man in Beziehung tritt, nicht nur mit Kindern? Das sind in diesem Fall die gut formulierten und wichtigen Dinge, die man möglichst klären sollte, bevor es zu spät ist. Und nur noch die Frage übrig bleibt: wer hat Schuld?