Kult-Fernsehshow

50 Jahre Sesamstraße: 7 Charaktere, die uns auf das Erwachsenenleben vorbereitet haben

Stand

Mit Sketchen, Puppenbeiträgen und allerhand lehrreichen Einspielern flackern Ernie, Bert, Krümelmonster & Co. seit 1963 in den deutschen Kinderzimmern über den Bildschirm. Was uns als Kindern nicht ganz klar war: Viele der Charaktere aus der Sesamstraße haben uns schon früh auf das Erwachsenenleben vorbereitet.

Wieso, Weshalb, Warum: Seit 1973 auch in Deutschland

Die Mischung aus Spiel, Spaß und lehrreichen Inhalten begeisterte schon 1969 die Kinder in den USA. In Deutschland war man noch zaghafter, denn man vertrat die Auffassung, dass Kinder nichts vor dem Fernseher zu suchen hätten. Als 1973 dann mit der Sesamstraße ein speziell auf die Kleinsten zugeschnittenes Format ausgestrahlt wurde, wurden die Puppen aus der Sesamstraße zum Erfolg.

Wer mit der Sesamstraße aufgewachsen ist, wird jetzt schon in zahlreichen Kindheitserinnerungen schwelgen. Zum Jubiläum der Sesamstraße haben wir sieben der Charaktere näher unter die Lupe genommen: Haben wir als Kinder unterbewusst schon Typen kennengelernt, mit denen wir es im Erwachsenenleben noch zu tun haben würden?

50 Jahre Sesamstraße in Deutschland
Jedes Kind hatte seinen Lieblingscharakter aus dem Ensemble der Sesamstraße: Vom freundlichen Bären Samson bis zum aufgedrehten Elmo ist für alle etwas dabei.

Ernie und Bert: Das schwule Liebespaar

50 Jahre Sesamstraße in Deutschland: Ernie und Bert
2018 outete der Sesamstraßen-Drehbuchautor Mark Saltzman das Duo als schwul, kurz darauf folgte jedoch ein Dementi: Ernie und Bert zählen zu den prominentesten Vertretern der Sesamstraße.

Sind Ernie und Bert jetzt schwul oder nicht? Eine Frage, die seit Jahren die Gemüter erhitzt. Sie lieben sich, so viel ist klar. Doch über die intime Beziehung des aufgedrehten Ernie und des eher trübsinnigen Berts ist bis heute nichts bekannt.

Die Sesamstraßen-Macher wollen mit Ernie und Bert nach eigener Aussage zeigen, dass auch verschiedenste Charaktere gut miteinander auskommen können und das Niemand, egal welcher Kultur, ausgeschlossen wird.

Wären die beiden Mann und Frau, so hätte wohl niemals ein Zweifel daran bestanden, dass es sich um ein Liebespaar handeln muss. So kann man die beiden äußerst unterschiedlichen Figuren als frühe Botschafter der Pride-Bewegung sehen, die schon seit Jahrzehnten auf die Gleichstellung aufmerksam machen.

Graf Zahl: Der IT-Nerd

Graf Zahl aus der Sesamstraße
Vor Freude über sein Werk lässt er gerne ein Gewitter aufziehen: Graf Zahl.

Der freundliche Vampir Graf Zahl liebt, wie sein Name nahelegt, das Zählen. Deshalb tut er das auch unentwegt und mit größter Begeisterung. Stört man ihn allerdings dabei, oder gibt es gerade nichts zu zählen, wird er grantig. Natürlich dient die Figur dem offensichtlichen Zweck, Kleinkindern die Welt der Zahlen näher zu bringen.

Aber obendrein ist Graf Zahl Sinnbild des klassischen Nerds, der in seiner Profession aufgeht und sich nichts Schöneres im Leben vorstellen kann. Dem Sonnenlicht eher abgeneigt und zurückgezogen an einen stillen Ort erkennt man in Graf Zahl vielleicht so manch Informatiker aus dem eigenen Freundeskreis wieder, der außerhalb der Binärwelt eher unbeholfen daher kommt – aber eben trotzdem sympathisch ist.

Oscar aus der Tonne: Der Stinkstiefel

Oscar aus der Tonne
Der grummelige Oscar kam bei den deutschen Eltern nicht besonders gut an: Nach Protesten wurde er zeitweise gar aus der deutschen Sesamstraße verbannt.

Der grummelige Oscar in der Tone, der nach eigener Aussage Nichts und Niemanden mag, diente mit seinem eigenbrötlerischen Verhalten eigentlich dem Zweck, den Kindern in den 70er Jahren fremde Kulturen und Bräuche zu vermitteln. Das glückte nur bedingt, denn der knurrige Oscar und sein flegelhaftes Verhalten kamen vor allem bei den Eltern schlecht an.

Dabei kennen wir doch alle einen Oscar: übellaunig, kauzig und stets mit sich und der Welt unzufrieden. So bereitete uns die Sesamstraße schon früh auf den Umgang mit Rowdies und Eigenbrötlern vor. Denn egal wie bärbeißig Oscar war, er gehörte stets zur Sesamstraße – dem sollte man eingedenk sein, wenn man sich das nächste Mal über den mürrischen Nachbarn echauffiert.

Grobi: Der Tollpatsch

50 Jahre Sesamstraße in Deutschland: Grobi
Grobi arbeitet als Kellner und bedient stets den gleichen Gast. Dabei geht selten alles glatt.

Sich selbst bezeichnet Grobi als ein „süßes, pelziges kleines Monster“, in Wahrheit ist er aber ein schludriger Typ, der – naja – recht grobschlächtig daherkommt.

Und auch sonst liegen bei Grobi Selbstwahrnehmung und Realität weit auseinander: Er liebt es, anderen zu helfen, allerdings ist er unglaublich schlecht darin und rastet deshalb regelmäßig aus. Nicht alles, was man gut meint, kommt auch gut an – so die Erkenntnis, mit der uns Grobi auf das Leben und vor allem die Arbeitswelt vorbereitet hat.

Elmo: Der Tagträumer

50 Jahre Sesamstraße in Deutschland: Elmo
Elmo ist in der Fernsehwelt herumgekommen und war in zahlreichen Serien abseits der Sesamstraße zu Gast, unter anderem in „Scrubs“.

Etwas naiv, etwas träumerisch und gerade deshalb sehr beliebt: Wenn wir etwas von Elmo lernen konnten, dann dass das Kindchenschema in manchen Situationen des Erwachsenen-Alltags tatsächlich funktioniert.

Wer wie Elmo Everybody‘s Darling sein will, sollte es vielleicht einmal mit markerschütternder Niedlichkeit versuchen, so wie dieses kleine und mit kindlicher Stimme sprechende rote Monster, das gern in der dritten Person von sich selbst spricht. Eigentlich als Nebencharakter geplant, erkämpfte sich die rote Puppe, die eigentlich für Kleinkinder entwickelt wurde, einen Platz in den Herzen der Sesamstraßen-Fans.

Mittlerweile hat Elmo sogar eine eigene Late-Night-Show. Als Gegenentwurf zum dauerschlechtgelaunten Oscar ist Elmo der beste Beweis dafür, dass Freundlichkeit und eine gewisse Portion kindlicher Charme einem alle Türen öffnen können.

Das Krümelmonster: Der Vielfraß

50 Jahre Sesamstraße in Deutschland: Das Krümelmonster
Mampft Kekse aus Leidenschaft, doch mittlerweile nur noch zu besonderen Anlässen: Das Krümelmonster.

Ernährungswissenschaftler*innen und Ärzt*innen schlugen schon früh Alarm: Dass das Krümelmonster seine einseitige Keks-Ernährung regelmäßig propagieren kann, fördere Fettleibigkeit bei Kindern. Die Folge: Auch Obst musste auf den Speiseplan des gefräßigen Gourmets.

Bis heute ist das Krümelmonster, das alles verspeist, was nicht niet- und nagelfest ist, einer der beliebtesten Charaktere der Sendung. Woran das liegt? Jeder mag Kekse!

Gerade so kurz nach Weihnachten fällt es besonders leicht, dem blauen Nimmersatt etwas Positives abzugewinnen, liegen Fiktion und Realität doch so nah beieinander. Wenn also beim nächsten Fernsehabend auf der Couch wieder eine ganze Packung Kekse daran glauben muss, glauben sie einfach dem Krümelmonster und frühstücken sie am nächsten Tag etwas Obst.

Zeitwort 8.1.1973: Die „Sesamstraße“ startet im deutschen Fernsehen

„Hast du eine Ahnung, wo die Kekse hingekommen sind?“ - „Die Fokoladenkefe? Nein, kein Fimmer.“

SWR2 Zeitwort SWR2

Stand
Autor/in
SWR