Einflussreich und provokant

Vor 350 Jahren starb Molière: Ein Leben für die Bühne

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Autor/in
Dominic Konrad

Bei der vierten Aufführung seiner Komödie „Der eingebildete Kranke“ erleidet Molière einen Schwächeanfall. Der 51-jährige Dichter und Schauspieler stirbt noch in derselben Nacht. Seine Stücke haben die Jahrhunderte überdauert und machten die Komödie am französischen Königshof salonfähig.

Molière stirbt nach der vierten Aufführung seines Stücks „Der eingebildete Kranke“
Molière stirbt eigentlich erst nach der Aufführung seines Stücks „Der eingebildete Kranke“. Trotzdem hält sich die Legende, dass der große Komödiendichter bereits auf der Bühne in seinem Stuhl gestorben sei.

Der große Komödiendichter stirbt wenige Stunden nach seinem letzten Auftritt

Es ist der Abend des 17. Februar 1673. Im Theater des Pariser Palais-Royal wird die vierte Vorstellung von Molières neuester Komödie gegeben: „Le Malade imaginaire“ – „Der eingebildete Kranke“. Molière selbst, der hier seit über zehn Jahren mit seiner Truppe auftritt, spielt die Hauptrolle eines älteren Mannes, der sich sterbenskrank wähnt und deshalb seinen Doktor die teuersten Behandlungen in Rechnung stellen lässt.

Molière spielt diesen Abend unter großen Schmerzen, was das Publikum, im Glauben, es gehöre zur Show, mit Lachen quittiert. Die Aufführung wird schließlich abgebrochen, als der Schauspieler einen Blutsturz erleidet. In seine nahegelegene Wohnung gebracht, stirbt der große Dramatiker nur wenige Stunden später.

Mit Molière tritt eine der einflussreichsten Theaterpersönlichkeiten im Dunstkreis des Sonnenkönigs Ludwig XIV. von der Bühne. Er pflegte Freundschaften mit den größten Dramendichtern und Komponisten seiner Zeit. Er protegierte den jungen Jean Racine. Seine  langjährige kreative Partnerschaft mit Hofkomponist Jean-Baptiste Lully endete im erbitterten Streit.

Das Freiburger Barockorchester spielt Lullys Musik zu Molières „Der Bürger als Edelmann“:

Vorgezeichnet war eine Karriere als Hofausstatter

Geboren wird Molière am 15. Januar 1622 als Jean-Baptiste Poquelin. Sein Vater ist erfolgreicher Tuchhändler und wird 1931 „Tapisseur du roi“, königlicher Raumausstatter und Dekorateur. Jean-Baptiste erhält als ältester Sohn eine gute Ausbildung, studiert in Orléans Jura und sitzt im Seminar des Naturwissenschaftlers Pierre Gassendi, einem Brieffreund Galileo Galileis.

Eigentlich soll er das Familiengeschäft fortführen, doch die Leidenschaft zur Bühne ist größer als das Pflichtbewusstsein. Schon als Kind begeisterte sich Molière für das Volkstheater. Eine Liebschaft mit der vier Jahre älteren Schauspielerin Madeline Béjart führt dazu, dass sich der nun 20-Jährige von seinen Verpflichtungen gegenüber der Familie lossagt und mit der Schauspieltruppe „L’Illustre Théâtre“ auf Reisen geht.

Dreizehn Jahre wandert Molière, nun Leiter seiner eigenen Truppe, durch die Lande. Auf Empfehlung des Dramendichters Pierre Corneille entsteht über den Herzog von Orléans, dem Bruder des Königs, ein Kontakt zum Hof und später zu Ludwig XIV. selbst. 1660 verfügt der König, dass Molières Ensemble im Palais-Royal eine feste Spielstätte erhält.

Jean Auguste Dominique Ingres: Molière an der Tafel Ludwigs XIV.
Molière gehört zu den einflussreichsten Künstlern im Dunstkreis des Sonnenkönigs Ludwig XIV. Eine von Malern gerne dargestellte Episode, die Molière beim privaten Diner an der Tafel des Königs zeigt, hat aber so aller Wahrscheinlichkeit nach nie stattgefunden.

Unter Molière wird Komödie zum Politikum

Ob Farce, Konversationsstück, Situations- oder Figurenkomödie: Molière spielt mit allen Arten der Komödie. Er verarbeitet in seinen Stücken Themen, die er beim Pariser Jahrmarkttheater und in der italienischen Commedia dell’arte aufspürt. Objekt seiner bitterbösen Satiren sind dabei nicht nur Bürger: Auch Adel und Klerus sind vor seiner scharfen Beobachtungsgabe nicht sicher.

Seine Verskomödie „Tartuffe“ provoziert bei ihrer Uraufführung im Beisein des Königs sogar einen handfesten Skandal. Zur Zielscheibe seines Spotts hat Molière religiöse Fanatiker und Heuchler auserkoren und stellt damit am Versailler Hof den Klerus und die Entourage der devoten Königinmutter Anna von Österreich bloß. Erst nach zwei Umarbeitungen darf „Tartuffe“ wieder gespielt werden.

Ludwig XIV. selbst scheint der Eklat alles andere als ein Dorn im Auge gewesen zu sein. Er erhöht 1665 die jährliche Pension Molières von 1.000 auf 6.000 Livre.

In Versailles sorgt „Tartuffe“ 1664 für Empörung:

Sieben Jahre nach Molières Tod entsteht die Comédie-Française

Nach Molières plötzlichem Tod übernimmt seine Frau Armande die Leitung seiner Schauspieltruppe. Sie ist 20 Jahre jünger als ihr Mann und bösen Zungen zufolge seine eigene Tochter aus der langjährigen Beziehung mit Madeline Béjart.

Auf Geheiß des Königs wird die Truppe 1680 mit dem Theater des Hôtel de Bourgogne verschmolzen. Die Comédie-Française, heute Frankreichs altehrwürdigste Theaterinstitution, ist geboren.

Ob „Der Geizige“, „Der Bürger als Edelmann“, „Die gelehrten Frauen“ oder „Tartuffe“: Molières Werke erfreuen sich auf der Bühne ungebrochener Beliebtheit. Nach Shakespeare ist er auch heute noch der meistgespielte Theaterautor der Welt. Nicht zuletzt seine letzte Figur, der „eingebildete Kranke“ Argan, hat Molière unsterblich gemacht.

Zeitwort 7.5.1664: Ludwig XIV feiert ein prächtiges Fest in Versailles

Sechs Tage lang feierte der junge König mit Musik, Tanz und Theater. Mit den Festivitäten wurde der Grundstein gelegt für Ludwigs späteren Ruhm als „Sonnenkönig“

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