Theatertage Rheinland-Pfalz 2022

Diese 5 Theatermacher*innen sollten Sie (nicht nur bei den Theatertagen) im Auge behalten

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Das volle Theatererlebnis bietet die zweite Ausgabe der Theatertage Rheinland-Pfalz vom 12. bis 19. März 2022. Neben den Stücken im Programm und den Rahmenveranstaltungen sind hier vor allem die Nachwuchskünstler*innen interessant, für die die Theatertage das Sprungbrett zum Durchstarten bieten. Wir stellen Ihnen fünf spannende Theaterschaffende vor, von denen Sie in Zukunft noch hören werden!

John Wannehag, Tänzer: „Bewegung ist für mich gesprochene Sprache“

Der Tänzer John Wannehag: ein großer, athletisch gebauter junger Mann mit blonden Haaren,

John Wannehag fällt mit seiner athletischen Statur sofort auf: Der schwedische Tänzer mit seinem 1 Meter 84 erinnert an den skandinavischen Fussballstar Erling Haaland: Blaue Augen, blonde Haare und eine enorme Präsenz. In der Choreografie „Sphynx“, Teil des Programms der rheinland-pfälzischen Theatertage, ist Wannehag ein Blickfang.

Bevor John Wannehag als Teenager tänzerisch durchstartet und zeitgenössischen Tanz studiert, fährt er Ski, macht Leichtathletik und fährt Mountain Bike. Reiten, Fechten, Eislaufen oder Boxen gehören auch zu den Disziplinen des professionellen Tänzers, der sich für Stunts begeistert. Während Wannehag sich durch verschiedene Kompanien tanzt, macht er sich parallel noch einen Namen als Filmemacher und Schauspieler.

Der Künstler, der derzeit am liebsten Männerrollen zwischen 20 und 35 Jahren spielt, bezeichnet sich selbst als „sensiblen Emotionalisten“. Die Kompanie „Tanzmainz“ fasziniere ihn wegen seiner talentierten, offenen, sportlichen und verrückten Tänzer und Tänzerinnen, sagt John Wannehag. Bewegung ist für ihn „gesprochene Sprache“, um Geschichten über Menschen, Kriege oder Ungerechtigkeiten zu erzählen. (Natali Kurth)

Svenja Viola Bungarten, Theaterautorin: „Ich wusste gar nicht, dass es diesen Beruf gibt“

Drei Auszeichnungen für drei neue Stücke innerhalb des letzten Jahres – die Bilanz der 29-jährigen Theaterautorin Svenja Viola Bungarten kann sich sehen lassen.   

In ihren bisherigen Dramentexten spielt sie gerne mit Genres: Mit „Maria Magda“ hat sie ein feministisches Horrorstück geschrieben, mit „Garland“ ein Roadmovie und mit „die Zweite Sonne“ eine Science-Fiction-Komödie. 2018 markierte einen persönlichen Wendepunkt in ihrer Schreibkarriere: Damals, gegen Ende ihres Studiums an der Universität der Künste in Berlin, feierte ihr erstes Stück in Münster Uraufführung und sie wurde in einen Verlag aufgenommen. Seitdem sieht sie sich auch selbst als Dramatikerin. Sie gibt aber zu: „Ich wusste nicht wirklich, dass es diesen Beruf gibt“. 

Für „Die Zukünftige“, ein satirisches Familiendrama mit ökologischer Endzeitvision, erhält die gebürtige Koblenzerin auf den Mainzer Theatertagen einen Else Lasker-Schüler-Stückepreis.  (Sabine Mahr)

Philipp Adam, Schauspieler: „Jetzt geht es für mich gerade erst so richtig los“

Ein junger Mann mit kurzrasiertem, dunkelblondem Haar und beginnender Stirnglatze, sowie Bart, legt seinen Kopf auf seine überkreuzten Unterarme. Er lächelt freundlich in die Kamera. Er trägt einen blauen Pullover.

Ein junger Mann auf der Suche nach sich selbst, verträumt, ziellos, sich nach Freundschaft sehnend – das ist die Figur, die Philipp Adam in der Pfalztheater-Produktion „Der Popper“ spielt. Leise und nachdenklich, aber auch sehr dynamisch, wenn es die Szene verlangt, gestaltet der 29-Jährige die Rolle. Die Auseinandersetzung mit dem zeitgenössischen Theatertext von Caren Jeß hat Philipp Adam unglaublichen Spaß gemacht: „Als ich das Stück zum allerersten Mal gelesen habe, war ich schockverliebt“.

Seit Herbst 2020 gehört Philipp Adam, der ursprünglich aus Bayern stammt, zum Ensemble des Pfalztheaters. „Ich fühle mich hier pudelwohl“, sagt er. Es ist sein zweites festes Engagement – zuvor spielte er am Eduard von Winterstein-Theater im sächsischen Annaberg-Buchholz. Das Handwerk gelernt hat er an der Akademie für Darstellende Kunst in Regensburg. Zwei Dinge hat er dort für sich mitgenommen: „Sich immer treu bleiben und sich nicht ganz so ernst nehmen“.

Sein Bühnen-Start in der Pfalz verlief durch die Corona-Pandemie etwas holprig. Das Kaiserslauterer Publikum kennt ihn nun aus dem Kinderstück „Ox und Esel“ und aus der Inszenierung des „Tyll“ nach Daniel Kehlmann, in der er den Schweden-König Gustav Adolph verkörpert hat. Zur Zeit probt er für ein Stück nach Jonathan Safran Foers „Extrem laut und unglaublich nah“. Wo ihn der Schauspieler-Beruf überall hinführen wird? Noch unklar — allerdings könnte er sich durchaus vorstellen, in Kaiserslautern noch etwas länger zu bleiben. (Hannegret Kullmann)

Kim Langner, Regisseurin: „Als härteste Strafe gab es von meinen Eltern Theaterverbot“

Eine junge Frau mit schwarzen Haaren, blasser Haut und Sommersprossen blickt in die Kamera, sie trägt eine dunkle Lederjacke.

Zwei entscheidende Dinge wurden Kim Zarah Langner in die Wiege gelegt: Durch eine französische Mutter und einen deutschen Vater ist sie zweisprachig aufgewachsen. Und weil der Vater – Manfred Langner – Theaterregisseur und Intendant ist, fand das zweisprachige Aufwachsen zu großen Teilen vor, hinter und auf der Bühne statt. „Als härteste Strafe gab es von meinen Eltern manchmal Theaterverbot“, erzählt Kim Langner schmunzelnd.

Geboren wurde sie 1986 in Aachen. Schon im Grundschulalter hat sie erste Theaterrollen übernommen, als Teenager angefangen, Dramentexte zu übersetzen. Erstmal nur gegen Taschengeld, im Auftrag des Vaters, der ebenfalls als Übersetzer gearbeitet hat — aber schon bald beauftragt der Verlag sie direkt. Als Übersetzerin arbeitet sie bis heute, aus dem Französischen und aus dem Englischen. Übersetzt hat Langner auch das Stück „Intra Muros“ von Alexis Michalik, das sie nun am Theater Trier inszeniert.

Sie ist aber auch Regisseurin, Schauspielerin und schreibt eigene Dramen — mal in Frankreich, mal in Deutschland. „Im Herbst wird ein Stück von mir über die Holocaust-Überlebende Alice Herz-Sommer uraufgeführt“, sagt Kim Zarah Langner voll Vorfreude. Schauspiel, Regie oder Übersetzen allein reiche ihr nicht, erklärt die 35-Jährige: „Wenn ich das eine tue, fehlt mir das andere.“ (Mareike Gries)

Wolfgang Menardi, Bühnenbildner und Regisseur: „Ich bin auch Mitspieler als Bühnenbildner“

„Ich habe so einen merkwürdigen neun- oder zehn-Jahres-Rhythmus in mir“, sagt Wolfgang Menardi. Nach etwa zehn Jahren erfolgreicher Schauspielkarriere hatte er ein Architekturstudium begonnen und parallel erste Theaterkulissen gebaut. Mittlerweile zählt der 44-jährige Österreicher zu den gefragtesten Bühnenbildnern deutschlandweit. Jetzt — nach einem Jahrzehnt erfolgreicher Karriere als Ausstatter — sucht Wolfgang Menardi aber neue Impulse. Nun im Bereich der Regie. 

Das Staatstheater Mainz hat ihm deshalb die deutsche Erstaufführung der absurden Komödie „Rob“ von Efthimis Filippou angeboten. Wolfgang Menardi inszeniert das Stück, eine Art Totenmesse für einen Serienmörder, im Neubau des Leibniz-Instituts für Archäologie in Mainz — Exponate inklusive als Teil des Bühnenbilds. Wolfgang Menardi lädt zu einer assoziativ absurden Reise ins Unbewusste ein und gibt dem Foyer des Glas-und-Beton-Neubaus ein überraschendes Gesicht. (Sabine Mahr)

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Zeitgenossen Markus Müller: „Das Tollste am Theater ist die Möglichkeit des Scheiterns.“

Markus Müller, Intendant des Mainzer Staatstheaters, hat das Haus zu einem Erfolgsmodell gemacht. Er etablierte neue Formate, wie zum Beispiel ein Tanzfestival. Der einst jüngste Intendant Deutschlands gilt als engagierter Netzwerker. Außerdem machte er mit politischen Aktionen auf das Theater aufmerksam.

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SWR