Was bedeutet es, plötzlich auszufallen, in einer Leistungsgesellschaft, die nicht für kranke Menschen gemacht ist? Und was bedeutet das Kranksein in einer Gesundheitsindustrie, die vor allem Profit machen will? Das thematisiert Ariane Koch in dem Theaterstück „Kranke Hunde“. Regisseurin Blanca Rádóczy inszeniert das Stück als eine Mischung aus zynischer Fabel und Psychothriller am Staatstheater Mainz.
Ein Gegenüber von Hundekörper und Hundegehirn
Windhündin Poch sitzt umringt von Hundeärzten auf einem OP-Tisch. Die erfolgreiche Spitzensportlerin ist nach einem Rennen plötzlich zusammengebrochen. Im Hundespital kommt sie langsam zu sich, während sich die Hundeärzte über die Diagnose den Kopf zerbrechen.
So beginnt das Theaterstück „Kranke Hunde“ von Ariane Koch. Die Windhündin Poch wird von zwei Schauspielerinnen dargestellt - denn der Körper ist nur eine Seite der Figur, erklärt Regisseurin Blanca Rádóczy: „Auf der anderen Seite gibt’s ein Gegenüber, das ist das Hundegehirn. Und das Hunde-Gehirn ist für mich sozusagen ein abgespaltenes Ich. Wir versuchen auch deshalb in der Inszenierung die zwei Charaktere miteinander zu verschmelzen und immer wieder zu trennen.“
Das führt zum Beispiel dazu, dass Windhündin Poch nicht sprechen kann, wenn Ihr Gehirn nicht auf der Bühne steht.
Der Körper der Windhündin als rentables Forschungsobjekt
Im Verlauf des Stückes wird Poch immer mehr in die profitorientierte Krankenhausmaschinerie hineingezogen. Das Spital steckt in tiefen Schulden und erhofft sich von Pochs Körper ein rentables Forschungsobjekt. Währenddessen schlägt eine zwielichtige Katze, die Höllenkatz, dem Hundegehirn einen fragwürdigen Deal vor: schmerzlindernde Medikamente gegen ein halbes Leben.
Immer wieder führen Pochs Körper und ihr Gehirn Zwiegespräche. So geht es in dieser Szene darum, was eine krankheitsbedingte Zwangspause in der Leistungsgesellschaft bedeutet:
Das Stück stellt auch das ständige Streben nach Leistung in Frage
Regisseurin Blanca Rádóczy hat auch das Bühnenbild entworfen. Das Licht ist kalt, der Raum wirkt steril, an der Wand stehen Hundezwinger. „Kranke Hunde“ stellt nicht nur das überlastete Gesundheitssystems in Frage, sondern auch das ständige Streben nach körperlicher und mentaler Leistung, erklärt sie: „Wenn das Gehirn nicht mehr funktioniert, wer sind wir dann? Ich finde das unterschätzt man, wenn man nie irgendwie eine Erkrankung am Gehirn hatte. Dann checkt man nicht, was es bedeutet, wenn das Gehirn nicht mehr funktioniert.“
Zwischen Fabel und Psychothriller
Im Fall der Windhündin Poch schlagen die Ärzte eine Kopftransplantation vor- ein riskanter Eingriff, der dem Spital Gelder einbringen soll. Ob die Operation gelingt ist unklar, und die Liste der Nebenwirkungen ist lang...
Bissiger Wortwitz und schockierende Momente - das Stück „Kranke Hunde“ bewegt sich zwischen Fabel und Psychothriller und verhandelt den allgegenwärtigen Druck, immer funktionieren zu müssen.
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