Millionen Menschen sind für die Demokratie und gegen Rechtsextremisten auf die Straße gegangen. Von den Parteien fordert der Aktivist und Autor Arne Semsrott, die Verteidigung der Demokratie politisch konkret umzusetzen. Auch über die Möglichkeiten, sich gegen den Abbau der Demokratie durch eine AfD-Regierung zu wehren, schreibt Semsrott in seinem neuen Buch „Machtübernahme“.
Im Falle einer Regierungsverantwortung würde die AfD „nicht sofort die Demokratie abschaffen, sondern in kleinen Schritten vorgehen“, vermutet Arne Semsrott im Gespräch mit SWR Kultur. Die AfD würde dazu bestehende Gesetze ausnutzen und überreizen, um schrittweise die Demokratie zu untergraben.
Vorbilder für diese Vorgehensweise gebe es leider viele, so hätten es die Regierungen in Ungarn oder Polen geschafft, die Demokratie über die Jahre zu zerstören.
Bisher keine konkreten Maßnahmen der Politik umgesetzt
Nach den Massendemonstrationen gegen die Abschiebefantasien der Rechtsextremisten fordert Semrott ein größeres Engagement vonseiten der Parteien und der Politik: „Bei den konkreten Maßnahmen muss man da leider sagen: Fehlanzeige.“
So würde zum Beispiel das Demokratiefördergesetz seit vielen Jahren im Bundestag verhandelt, aber weiterhin nicht umgesetzt. Demokratie-Initiativen, die es deutschlandweit überall gebe, müssten endlich auch „von der Politik dauerhaft, langfristig auch finanziell gefördert“ werden.
Ziviler Ungehorsam gegen AfD-Regierung
Semsrott meint: „Demonstrationen sind schon mal wichtig, weil man sich damit den öffentlichen Raum nimmt. Das ist eine gute Grundlage.“ Aber natürlich könnten im Falle einer AfD-Regierung auch alle Menschen in ihren Bereichen aktiv werden, wenn sie beispielsweise Weisungen bekämen, die nicht im Rahmen der Verfassung stünden.
In seinem Buch zählt Semsrott als Beispiele die Verwaltung, Justiz, Unternehmen, Gewerkschaften, Zivilgesellschaft und Medien auf. Beamte könnten ihre „Remonstrationspflicht“ nutzen, das bedeutet, verfassungswidrige Weisungen verweigern oder durch übermäßige Sorgfalt die Umetzung verschleppen.
Vorbereitungen für den „Tag X“ treffen
Natürlich seien das alles „Empfehlungen für den Tag X“, für den „absoluten Ernstfall“, so Semsrott, der sich wünscht, dass man diese Empfehlungen nicht brauchen wird. Aber er wolle seinen Teil dazu beitragen, dass es nicht zu einer Situation komme, dass alle bei einer AfD-Regierung „in Schockstarre verharren“.
Semsrott schlägt vor, „sich jetzt zu überlegen: mit wem will ich denn an so einem Tag telefonieren? Für wen will ich sorgen? Mit wem will ich zusammen für die Demokratie kämpfen? Das ist jetzt schon wichtig und wir stehen vor enormen Herausforderungen.“
Im Falle eines Klimakollaps, wenn es um die Wasserverteilung gehe, sei das auch eine Herausforderung für die Demokratie, meint Semsrott: „Ich glaube, wir müssen uns jetzt dafür wappnen. Und ja, die Zeit ist jetzt!“
Kampf um die Demokratie
Forum Die Verfassung der Deutschen – Wie krisenfest ist das Grundgesetz?
Michael Risel diskutiert mit
Dr. Horst Meier, Jurist und Publizist, Kassel
Prof. Dr. Heribert Prantl, Autor und Kolumnist "Süddeutsche Zeitung"
Prof. Dr. Christoph Schönberger, Rechtswissenschaftler, Universität Köln