Das Patriarchat habe ein Interesse daran, Frauen zu spalten und zu Konkurrentinnen zu machen, sagt die Geschlechterforscherin Franziska Schutzbach in SWR Kultur. Denn wenn Frauen Wissen, Ressourcen und Fürsorge unter sich teilen, macht sie das unabhängiger von sexistischen Strukturen.
Nur Männerfreundschaften galten als intellektuell
Schon in der griechischen Philosophie wurden Männerfreundschaften als Ort des intellektuellen Austausches zelebriert, während man Frauen auf das Körperliche und Sinnliche reduzierte. Frauen habe man abgesprochen, „dass sie auch wichtige und philosophische Beziehungen oder Freundschaften leben können", sagt Franziska Schutzbach in SWR Kultur.
„Frauenfreundschaften galten lange als Beziehungen zur Alltagsbewältigung – wo Frauen sich beim Putzen helfen oder sich die Augen auskratzen." Die Schweizer Soziologin und Geschlechterforscherin untersucht in ihrem Buch „Revolution der Verbundenheit“ die Rolle von Beziehungen in der Emanzipation.
Frauenbeziehungen emanzipieren von männlichen Abhängigkeiten
Wenn Frauen untereinander Macht, Wissen, Geld und Ressourcen weitergeben würden, wäre das eine Bedrohung für die patriarchale Ordnung, sagt Franziska Schutzbach. "Deswegen ist es im Interesse sexistischer und patriarchaler Strukturen, Frauen zu spalten und zu Konkurrentinnen zu machen."
Wenn Frauen starke Freundschaften pflegen oder sich politisch verbünden, dann ist nicht mehr selbstverständlich gewährleistet, dass ihre Liebe und Fürsorge der heterosexuellen Ordnung oder Familie zur Verfügung stehe, sagt Schutzbach. Deswegen würden Frauenbewegungen oft als lesbisch diffamiert.
Dahinter stecke die patriarchale Angst, "dass Frauen sich abwenden könnten, um emanzipatorische, freie Beziehungen unabhängig von Männern zu leben."
1997: Vergewaltigung in der Ehe wird strafbar
Ein Beispiel dafür, wie Verbindungen unter Frauen die Welt verändern können, sieht Schutzbach in der Reform des Sexualstrafrechts in der Ehe von 1997. Das führte nach mehreren gescheiterten Vorstößen schließlich dazu, dass Vergewaltigungen in der Ehe strafbar wurde.
Das sei geschehen entgegen der vorherrrschenden Meinung in der Gesellschaft, "dass die Sexualität der Frau in einer Ehe dem Mann zur Verfügung stehen soll, auch gegen ihren Willen. Das finde ich das Ermutigende daran", sagt Schutzbach.
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Rezension von Nina Wolf.
Kiepenheuer und Witsch Verlag, 224 Seiten, 22 Euro
ISBN 978-3-462-00420-5