Nach dem Ende der Assad-Schreckensherrschaft

Exilschriftsteller Rafik Schami zu Syrien: „Ich bin im Herzen dort“

Stand
Das Interview führte
Patrick Batarilo
Interview mit
Rafik Schami

2024 wurde in Syrien nach jahrzehntelanger Schreckensherrschaft das Assad-Regime gestürzt. Schriftsteller Rafik Schami hatte Damaskus bereits in den frühen 1970er-Jahren aus politischen Gründen verlassen, lebt in der Pfalz und ist nie mehr in seine alte Heimat zurückgekehrt.

„Ich habe ganz dumm geplant: vier Jahre Doktorarbeit, dann zurückkehren als Professor für Chemie und dann in den langen arabischen Sommerferien Romane schreiben. Dann musste ich feststellen: es sind nicht vier Jahre, es fehlte eine Null neben der Vier“, erzählt Rafik Schami in SWR Kultur.

Noch ist die Rückkehr zu gefährlich

Doch im Herzen sei er immer dort. Seine Geschwister rufe er seit dem Umsturz drei Mal in der Woche an, und er könne jetzt freier mit ihnen sprechen. Früher habe man seine Anrufe abgehört, weil er auf der Liste unerwünschter Personen stand.

Noch sei eine Rückkehr für ihn aber zu gefährlich, denn noch gebe es Anhänger des alten Regimes und hätten die neuen Machthaber nicht alles unter Kontrolle.

Verhaltener Optimismus nach 50 Jahren Diktatur

Schami ist durchaus optimistisch, aber er jubelt nicht: „Nach mehr als 50 Jahren Diktatur sollte man Geduld haben“. Die bisherigen Auftritte des Interims-Präsidenten Ahmed Al Schara, einem ehemaligen Dschihadistischen Kämpfer, findet er überraschend: „Er sagt: Nicht ich bestimme, wie wir uns verhalten, sondern das Volk, das Gesetz. Das hat noch nie ein arabischer Politiker gesagt“.

Schamis Werke wurden in mehreren Dutzend Sprachen übersetzt. Neben Literatur ist seine zweite Leidenschaft Naturwissenschaft. Die habe ihm als Autor geholfen.

Wenn Sie in der Chemie fünf Minuten nicht aufpassen, geht alles hoch. Das ist sehr nützlich für Literaten, die schlampig arbeiten. Sie könnten daraus lernen, dass der Leser nach zwei Seiten Übertreibungen die Nase voll hat.

Zeitgenossen Rafik Schami: „Durch Erzählen will ich Zusammengehörigkeit herstellen.“

„Ich erzähle nicht orientalisch, ich erzähle rafik-schamisch“, hat Rafik Schami selbst einmal über seinen Stil gesagt. In seinen Romanen, Kinderbüchern, Erzählungen und Essays vermittelt er ein facettenreiches Bild von Syrien, aber auch davon, was es bedeutet, als Exilschriftsteller in Deutschland eine neue Heimat zu finden. Immer dabei: Eine gute Prise Humor.

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Patrick Batarilo
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Rafik Schami