Was wohl Franz Kafka dazu sagen würde ...
Was wohl Franz Kafka dazu sagen würde, wenn er von der ausgiebigen und zuweilen – fast hätte ich das längst verfemte K-Namensadjektiv verwendet – also: bizarren Berichterstattung über sein Leben und Werk erfahren hätte, die schon Monate vor seinem 100. Todestag auf nahezu allen Bühnen, digitalen und papiernen Medien zu hören, zu sehen und zu erleben war?
Hätte er gelacht? Oder geweint? Hätte er sich posthum umbenannt? Wäre er in die Vergangenheit gereist, um seinen Nachlassverwalter Max Brod in einen Käfer zu verwandeln, auf dass er keinen Kafka-Text mehr gegen den ausdrücklichen Wunsch seines Erblassers veröffentlichen kann?
Es ist eine ziemlich kafka …
Es ist eine ziemlich kafka … ähm, ich wollte das Wort doch nicht mehr verwenden … also: groteske Gepflogenheit des Kulturbetriebs, ausgerechnet einen eher scheuen Schriftsteller damit zu feiern und zu ehren, indem läppische 100 Jahre nach seinem Ableben jedes Detail zu einem Thema gemacht wird. Kafka und die Frauen. Kafka und seine Urlaube. Kafkas Nahrungs- und … ja: Verdauungsgewohnheiten! Kafkas Beziehung zu Tieren, vor allem zu Ungeziefer, Sie wissen schon!
Heerscharen von Abiturienten mit Kafka gequält
Kafkas Glaube bzw. Unglaube. Kafka im Büro. Kafka als Jurist. Kafkas Vater, Kafkas Ärzte, Kafka als Spaziergänger. Kafka, der Rätselhafte, der Abgründige, der Sensible, der ewig unglückliche Junggeselle, der um sein Leben schrieb und der in einer Parabel, mit der später einmal Heerscharen von Abiturienten gequält werden, sogar den Wunsch formulierte, „Indianer zu werden“.
Spinatpudding und Grünkernschnitten Franz Kafka und das Essen: Ein Hungerkünstler?
Franz Kafka hatte einige eigensinnige Essgewohnheiten. SWR Kultur Literaturchef Frank Hertweck weiß: Das Essen spielt auch eine Rolle in Kafkas literarischem Werk.
Hat dieser Literaturgott wirklich das I-Wort verwendet?
Nein, hat er das wirklich getan? Hat unser Säulenheiliger derlei kulturelle Aneignung ernst gemeint? Hat dieser Literaturgott wirklich das I-Wort verwendet? Ist Kafka vielleicht gar nicht heilig? Das wäre nun echt … doch, jetzt nennen wir es beim Namen: kafkaesk. Himmel, hilf!
Werkausgabe zum 150. Geburtstag wird vom Sensitivity-Reader geprüft
Bis zu seinem, sagen wir mal: 150. Geburtstag im Jahre 2033 gibt es bestimmt eine Werkausgabe, die von einem Sensitivity-Reader durchgesehen und entsprechend den prospektiv anzunehmenden Sprachgesetzen umgeschrieben ist. Ansonsten gibt es dann eben mal keine Happy-Kafka-Gesänge im Feuilleton! Allerhöchstens eine kurze Abhandlung über Kafkas Sadomasochismus. Seine sozialistischen Schwärmereien in Jugendjahren.
Die Kommunisten wussten schon, warum sie Kafka verboten haben
Seine ohnehin schon mal von einem amerikanischen Schriftstellerkollegen attestierte Impotenz, seine wahrscheinlich auch geistig-moralische Ignoranz und literarische Unfähigkeit, erbauliche Geschichten zu erzählen: Wer quält auch eine traurige Figur vom Lande damit, bis zum Tode vor einem Tor zu stehen, dessen Zugang offen und verschlossen zugleich ist? Ja, die Kommunisten wussten schon, warum sie Kafka verboten haben, diesen bösen Bürgerlichen und heimlichen Fabrikbesitzer!
SWR2 Erzählung Franz Kafka: In der Strafkolonie
Die Erzählung "In der Strafkolonie" gehört zu den wenigen Werken, die Kafka ausdrücklich als gültig bezeichnete, während er seinen Freund Max Brod bat, die überwiegende Mehrheit seiner Texte nach seinem Tod zu vernichten. Es ist die Geschichte eines Reisenden, der in einem fernen Land in einer Strafkolonie zu Gast ist und eingeladen wird, einer Exekution beizuwohnen.
Sprecher: Jürgen Holtz
Kafka lesen – ungestört von den schamlosen Kafka-Erklärern
Wenn der Gedenktag endlich vorbei ist, wenn der Terminjournalismus gar eine halbwegs kafkaeske Kafka-Glosse hervorgebracht hat, spätestens dann kann das geneigte Publikum wieder – ungestört von den schamlosen Kafka-Erklärern – zum Lesen seiner Literatur übergehen: „Vor dem Gesetz“, „Der Heizer“, „In der Strafkolonie“, „Das Schloss“. Ob nun die längeren Erzählungen, die Kurzprosa, die Romanfragmente oder die unfassbar schönen Briefe. Man kann einsteigen, wo man will. Mit Franz Kafka verändert sich der Blick in die Welt.