Hermann-Hesse-Literaturpreis an Eckhart Nickel
Der mit 15.000 € dotierte Hermann-Hesse-Literaturpreis 2024 geht an Eckhart Nickel. Diese Meldung wurde dieser Tage von der Literarischen Gesellschaft Karlsruhe verkündet. Die Auszeichnung erhält Nickel für seinen neusten Roman „Punk". Die Jury begründet die Vergabe der Auszeichnung an den Schriftsteller so:
„Seit über 25 Jahren entwirft Eckhart Nickel (*1966) schillernde Kunstverstecke gegen die graue, überreglementierte Gegenwart – sein jüngst erschienener Roman „Punk" ist nach „Hysteria" und „Spitzweg" der architektonische Höhepunkt einer ästhetisch einzigartigen Trilogie. Der Hermann-Hesse-Literaturpreis 2024 wird verliehen für ein humanistisches Werk und für Nickels mutigen Immer-wieder-Neuanfang." Der Hermann-Hesse-Förderpreis geht an den Schriftsteller Amir Gudarzi.
Darum geht es in „Punk"
Karen sucht eine neue Bleibe. Sie landet in einer WG mit Tweedledum- und Tweedledee-haften Mitbewohnern Ezra und Lambert, die ihre Liebe zu Musik und „The Smiths" verbindet und die sie nicht nur zu WG-Partnern, sondern auch zu Bandkollegen werden lässt. Das Trio musiziert gemeinsam: Kein ungefährliches Unterfangen, in einer Welt, in der Musik verboten ist und der „Der weiße Lärm“ Alltag und politische Entscheidungen beeinflusst.
Ein Roman nicht nur für Musiknerds
lesenswert mit Denis Scheck: Alle Folgen in der ARD Mediathek
In „Punk" feiert Nickel die Musik. Literatur und Musik seien schließlich zwei Kräfte, die sich gegenseitig befruchten würden. „Die Musik ist ja auch eine Vermittlerin der Literatur, das ist ja das Großartige," sagt Nickel Denis Scheck im „lesenswert"-Gespräch. Ich habe es gerade wieder gehört: Das wunderbare Stück At Night von The Cure ist einfach nur eine Umsetzung von Kafkas Nachts."
Es entsteht ein Dialog zwischen den beiden Kunstformen: Eine Reflexion über die Kraft der Literatur und der Musik, ein Lebensgefühl auszudrücken und zu bewahren – eine Symbiose, die auf kreative Weise neue Ausdrucksformen hervorbringt. Ein klangvoller und kunstvoller Roman und ein musikalisch-satirischer Lesespaß, urteilt SWR Kultur Literaturredakteur Carsten Otte.
Und welche Songs sind es nun, die Nickel in den Roman - zu dem es leider keine offizielle Playlist gibt – einschreibt?
- The Smiths: There is a light that never goes out
- Young Marble Giants: Colossal Youth
- The Clash: Should I Stay or Should I Go
Für die Playlist: 3 Songs aus „Punk"
Das Kult-Zitat aus der 2009er Indie-Kult-RomCom „500 Days of Summer" mit Joseph Gorden-Levitt und Zooey Deschanel ist ikonisch. „I said I love the Smiths. I have good taste in music“, sagt die Figur Summer, als sie am Anfang des Films auf Tom trifft.
Es beginnt eine tragische Liebesgeschichte. In „Punk" zitiert diesen Satz auch Karen bei ihrem ersten Besuch in Ezra und Lamberts WG. Und sie singt, trotz der Angst vor dem Weißen Lärm, den „The Smiths" Song, der die Liebesgeschichte im Film in Gang bringt: „There is a light that never goes out“.
„Colossal youth is showing the way to go."
Eckhart Nickel stellt seinem Roman ein Zitat aus einem Song einer Band voran, die, trotz einer kurzen ersten Schaffensperiode von 1978 bis 1981 großen Einfluss auf den Indie-Rock hatte: Die walisische Band Young Marble Giants beeinflusste „Sonic Youth“, „Stereolab“ und auch Nirvana-Sänger Kurt Cobain war Fan.
Nickel leitet „Punk" mit einer Zeile aus ihrem Song „Colossal Youth“ ein: „If you think the world is /A clutter of existence/ Falling through the air/ With minimal resistance/ You could be right, how would I know?/ Colossal youth is showing the way to go.“
Here to stay or should they go?
„Here to stay or should they go?" titelt eine Tageszeitung in „Punk" als der Weiße Lärm erstmals auftaucht, als das Phänomen noch nicht als Bedrohung, sondern als beiläufige Ausbreitung wahrgenommen wurde.
Die Zeitung nimmt mit dieser Headline natürlich Bezug auf den großen „The Clash"-Hit: „Should I stay or should I go now? / Should I stay or should I go now? / If I go there will be trouble / An' if I stay it will be double / So come on and let me know."
Nickel, der Kunstgeschichte und Literatur in New York und Heidelberg studierte, gehörte zum popliterarischen Quintett „Tristesse Royale" und schreibt Reiseberichte und Feuilletons u. a. für die FAS, die FAZ und ihr Magazin.
Er leitete mit Christian Kracht die Literaturzeitschrift „Der Freund in Kathmandu“. Ein Auszug aus seinem Debütroman „Hysteria" (2018) wurde beim Bachmannpreis ausgezeichnet und mit dem Hölderlin-Förderpreis 2019 gewürdigt. „Spitzweg" stand auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises 2022.
Für „Punk" hat Nickel nicht nur eine dystopische Welt, sondern auch ein Regelwerk erschaffen.
Die 10 Gebote des Punk lauten:
- Das Wort ist draußen.
- Wer sprechen kann, der kann auch singen.
- Es gibt keinen Soundcheck.
- Wer ein Instrument richtig spielt, ist selber schuld.
- Jeder Auftritt ist eine Katastrophe.
- Was am Ende aus den Boxen kommt, ist egal.
- Das Publikum hat keine Ahnung.
- Ihr könnt das alle genauso.
- Wir ziehen eine Linie, die Tinte ist Angst.
- Ausdruck ist nichts, Haltung alles.