Podiumsdiskussion

Umstrittener Förderpreis – Die Zukunft des Hugo-Ball-Preises in Pirmasens

Stand
Autor/in
Kerstin Bachtler

Anfang 2023 lehnte die Künstlerin Hito Steyerl den Hugo-Ball-Preis der Stadt Pirmasens ab. Ihre Begründung: In einigen Schriften Hugo Balls seien antisemitische Inhalte zu erkennen. Daraufhin wurden zahlreiche Vorträge und Workshops veranstaltet. Jetzt ging der Prozess mit einer abschließenden Podiumsdiskussion zu Ende.

Antisemitisches Gedankengut im frühen 20. Jahrhundert

Bereits im Januar 2023 lud der Pirmasenser Oberbürgermeister Markus Zwick Literaturexpert*innen nach Pirmasens ein, um über die kritischen Stellen in Hugo Balls Werk öffentlich zu diskutieren. Es folgten viele Vorträge und Workshops, unter anderem an den Pirmasenser Schulen.

Der jüdische Publizist Meron Mendel wurde per Video zugeschaltet und erläuterte, dass antisemitisches Gedankengut im frühen 20. Jahrhundert weit verbreitet gewesen sei. Hugo Ball teilte solche Ressentiments unter anderem in seiner 1919 erschienenen Schrift „Zur Kritik der deutschen Intelligenz“.

Raum für Diskussion soll beibehalten werden

Seine antisemitischen Klischees müssten vor dem Hintergrund seiner Zeit bewertet werden, ohne sie deswegen zu entschuldigen, forderte Mendel. Diese Problematik sei unter Fachleuten bekannt, in der öffentlichen Wahrnehmung jedoch kaum, erklärte auch Salome Hohl, Direktorin des Cabaret Voltaire in Zürich und Jurymitglied des Hugo-Ball-Preises.

Auch in Zürich gab es in den vergangenen anderthalb Jahren zahlreiche Diskussionsrunden und Vorträge dazu. Salome Hohl will diese Veranstaltungen auch in Zukunft weiterführen. Insbesondere, nachdem erst vor wenigen Tagen antisemitische Parolen an die Gebäudefront des Züricher Museums gesprüht wurden. 

Stadt Pirmasens möchte Hugo-Ball-Preis transformieren

Der Pirmasenser Oberbürgermeister Markus Zwick verfolgt das selbe Ziel und hat deshalb zusammen mit dem Stadtrat beschlossen, den Hugo-Ball-Preis teilweise zu transformieren. Neben dem Hauptpreis soll der Förderpreis zum Toleranzpreis verändert werden, indem Künstlerinnen und Künstler berücksichtigt werden, die sich besonders mit den Themen Antisemitismus, Rassismus, Diskriminierung beschäftigen, so Markus Zwick.

Die Stadt Pirmasens hat gezeigt, dass sie die Auseinandersetzung mit unbequemen Themen nicht scheut. Sie ist aus dieser Diskussion gestärkt hervorgegangen und hat vorbildliche Methoden entwickelt, mit Streitpunkten umzugehen. Nach anderthalb Jahren intensiver Arbeit stellt die Veranstaltung einen Abschluss dar, der Mut macht, sich auch künftig am Werk Hugo Balls auseinanderzusetzen.

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Autor/in
Kerstin Bachtler