Kritik am Berliner Gendarmenmarkt

Denkmalschutz und moderne Stadtentwicklung: Ein Balanceakt

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Helen Roth
Helen Roth

Beim Denkmalschutz geht es um die Bewahrung der Vergangenheit, beim Klimaschutz um die Zukunft. Wie lässt sich beides vereinen? Die Sanierung des Gendarmenmarkts, Streit um historische Brunnen und der Kampf um Solaranlagen zeigen, wie schwierig der Balanceakt zwischen Tradition und nachhaltiger Stadtentwicklung ist. Welche Lösungen gibt es? Ein Blick auf Berlin, Landau und Karlsruhe.

Die Sanierung des Gendarmenmarkts in Berlin erhitzt die Gemüter und sorgte jüngst für heftige Debatten. Kritikerinnen und Kritiker bemängeln, dass der Platz nach zweijährigem Umbau einer Steinwüste gleiche. Es fehle an Grün, besonders in Form von schattenspendenden Bäumen.

Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler verteidigt das Konzept und verweist auf die historischen Vorbilder: Die Gestaltung orientiere sich an der DDR-Zeit, in der der Platz ebenfalls wenig Begrünung aufwies. „Das sollten sich alle erstmal in Ruhe angucken“, riet der SPD-Politiker. Dann werde sich die Aufregung schon legen.

Gendarmenmarkt ohne BäumeNachdem der Gendarmenmarkt mit 14.000 Quadratmetern frisches Pflaster erneuert wurde, gab es viel Kritik an dem neuen Areal: Dem Platz würden die Bäume fehlen. Wie findet ihr das neueröffnete Areal?Posted by rbb24 on Wednesday, March 19, 2025

Klimawandel und Stadtgestaltung: Fehlendes Grün als Problem

Auch wenn ein paar weniger Vernunftbegabte es hartnäckig leugnen: Der Klimawandel beeinflusst längst das Leben auf der Erde. Damit spielen die steigenden Temperaturen auch zusehends eine Rolle bei der Stadtentwicklung. Grüne Flächen statt versiegelter Böden, Bäume, die Schatten spenden, und Wasserflächen sind essenziell, um Hitzestress in Innenstädten zu reduzieren.

Während am Gendarmenmarkt nur wenige schattenspendende Bäume vorgesehen sind, zeigt das Beispiel Landau, wie der Umgang mit Hitze in Städten neu gedacht werden kann.

Gendarmenmarkt Berlin
Nach einer rund zwei Jahre langen Bauzeit ist die Kritik an der Neugestaltung des Gendarmenmarktes groß: Er gleiche einer Betonwüste.

Landau: Streit um den Luitpoldbrunnen und die Rathausplatz-Gestaltung

Auch in Landau in der Pfalz wird über eine Neugestaltung öffentlicher Plätze gestritten. Der historische Luitpoldbrunnen auf dem Rathausplatz sollte nach Meinung der Kommunalfraktion Pfeffer&Salz wieder aufgebaut werden, um den Rathausplatz attraktiver zu gestalten und Hitzestress zu mindern. Gleichzeitig gab es Pläne, die vorhandenen Zierkirschen durch großkronige Bäume zu ersetzen, um mehr Schatten zu schaffen.

Rathausplatz Landau
An heißen Tagen gleicht der Rathausplatz schnell einer Brutstätte. In den 1930er-Jahren war der Luitpoltreiter noch von einem Brunnen mit Wasserspiel umsäumt.

Da nicht alle Fraktionen ihm Stadtrat mit den Vorschlägen einverstanden war, plante die Stadt in diesem Jahr einen Ideenwettbewerb für die Gestaltung des Rathausplatzes zu organisieren. Doch nun hat das Land wegen der angespannten Finanzlage die Förderung gestrichen. Damit bleibt erstmal ungewiss, ob und wann auf dem Rathausplatz wieder Wasser sprudeln wird.

Denkmalschutz contra moderne Nutzungskonzepte

Ein zentrales Dilemma ist dabei der Denkmalschutz: Während Befürworter den historischen Zustand bewahren wollen, fordern Kritiker eine Anpassung an heutige Bedürfnisse. Der Gendarmenmarkt wurde denkmalgerecht mit 14.000 Quadratmetern Natursteinpflaster saniert – auf Kosten der Begrünung.

In Landau hingegen soll weiter diskutiert werden, ob der Wiederaufbau eines historischen Brunnens auch eine moderne Klimafunktion erfüllen kann.

Karlsruhe: Mehr Grün und Schatten auf dem Marktplatz

Auch Karlsruhe setzt auf eine bessere Aufenthaltsqualität im Stadtzentrum. Um dem Hitzestress entgegenzuwirken, wurden 20 mobile Pflanzkübel mit Felsenbirne, Scharlach-Ahorn und Tee-Apfel aufgestellt. Diese Bäume bieten nicht nur Schatten, sondern verschönern durch ihre auffälligen Blüten auch das Stadtbild. Zudem dienen sie als Nahrungsquelle für Bienen und Vögel.

Neben der Begrünung sprudeln die Wasserspiele auf dem Marktplatz wieder täglich von 10 bis 22 Uhr, nachdem Reparaturen erfolgreich im vergangenen Jahr abgeschlossen wurden.

Pyramide auf dem Marktplatz von Karlsruhe
Die Pyramide auf dem Marktplatz von Karlsruhe ist das Grabmal des Stadtgründers Karl Wilhelm von Baden-Durlach (1679–1738) und ein Wahrzeichen der Stadt.

Klimaschutz und Denkmalschutz – Ein unüberwindbarer Widerspruch?

Das Spannungsfeld zwischen Denkmalschutz und modernen Anforderungen zeigt sich nicht nur in der Stadtgestaltung, sondern auch bei Fragen der nachhaltigen Energieversorgung. Führende Expertinnen und Experten sind sich darüber einig, dass Denkmalpflege und Klimaschutz zusammen gedacht werden müssen.

Der massive Ausbau erneuerbarer Energien betrifft auch denkmalgeschützte Gebäude, etwa beim Einsatz von Solaranlagen. Während rechtliche Hürden bestehen, gibt es neue Regelungen, die die Integration von Photovoltaik erleichtern sollen.

Ein Solardach ist am 12.04.2013 auf der Backsteinkirche in Zernin bei Bützow (Mecklenburg-Vorpommern) zu sehen.
Die vor der Wende teilweise eingestürzte Dorfkirche in Zernin bei Bützow (Mecklenburg-Vorpommern) wurde 2002 mit Hilfe des Solardach-Programms der Deutschen Bundesstiftung Umwelt neu eingedeckt und damit gerettet

Zudem wird verstärkt über nachhaltige Bauweisen diskutiert: Statt Abriss und Neubau setzen Expertinnen und Experten auf die Erhaltung bestehender Gebäude und kreative Lösungen wie nachträgliche Dämmung durch zusätzliche Fensterfronten. Begrünte Fassaden und klimaangepasste Stadtplanung sind weitere Ansätze, um Denkmalschutz mit Klimaschutz in Einklang zu bringen.

Zukunft der Stadtplanung: Ein Balanceakt

Die Debatte um den Gendarmenmarkt, den Luitpoldbrunnen oder den Karlsruher Marktplatz zeigt: Der Umgang mit historischen Bauwerken erfordert eine Abwägung zwischen Bewahrung und Anpassung. Stadtbegrünung, nachhaltige Baustoffe und erneuerbare Energien könnten die Lösung sein – doch dazu braucht es kreative Konzepte und politische Weitsicht.

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