Spiele-Entwickler Michael Palm

„Man kann kein Update mehr nachschieben“ – Wie sieht die Zukunft der Brettspiele aus?

Stand
Autor/in
Luisa Sophie Klink

Spielen im heimischen Wohnzimmer, sozusagen entschleunigen beim analogen Brettspiel – aber geht das mit Smartphones und Tablets überhaupt noch? Können Brettspiele im digitalen Zeitalter noch mithalten? Wo geht der Trend hin? Michael Palm gibt Einblick in die Welt der Spiele-Entwickler.

Spiele-Entwickler Michael Palm in seinem Laden am Bodensee.
Michael Palm, auch „Michel“ genannt, ist Spieleentwickler mit Leib und Seele. Sein größter Coup: Er hat das Spiel des Jahres 2023 „Dorfromantik“ erfunden.

Corona-Pandemie löste Brettspiel-Boom aus

Michael Palm ist Spiele-Entwickler aus Leidenschaft, ohne Spielen geht bei ihm nichts. 1996 brachte der gebürtige Waiblinger sein erstes Spiel „Das Geheimnis auf dem Nil“ auf den Markt und führt nun seit bereits 31 Jahren erfolgreich seinen Spieleladen in Konstanz am Bodensee.

Ganz anders als bei vielen anderen Branchen hat ihm die Corona-Pandemie nicht geschadet. Ganz im Gegenteil, sagt er: „Seit da erleben wir einen regelrechten Boom“. Brettspiele waren und sind nach wie vor gesellschaftsfähig – vor allem haben auch Erwachsene das Brettspiel wieder für sich entdeckt.

Nachdem die Leute Netflix leer geschaut haben, haben sie gemerkt, dass es noch was anderes gibt.

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Spiele auf PC, Tablet und Smartphone vs. Brettspiel

Nun nimmt die Digitalisierung in jedem Bereich an Fahrt auf – KI ist das Wort der Stunde. Die Zeit wird immer schnelllebiger. Durch Social-Media-Plattformen wie TikTok werden schon die Kleinsten an eine Bilderflut gewöhnt.

In kürzester Zeit prasseln Bilder und Informationen auf uns ein – sind Brettspiele da überhaupt noch zeitgemäß? Können wir uns trotz digitaler Reizüberflutung noch auf ein analoges Brettspiel einlassen? „Ja“, sagt Palm.

Er erlebe das immer wieder, dass sich die Mitschüler seiner beiden Jungs Nathan (8) und Silas (10) geradezu darauf freuen, dass sie im Hause Palm ihr Handy weglegen und zusammen Brettspiele spielen können. Natürlich hat sich auf dem Markt auch eine Menge getan – statt auf eine Spielzeit von bis zu einer Stunde seien viele Spiele nur noch auf eine halbe Stunde angelegt. Oder die Erzählweise sei eine andere und mehr Kreativität, Taktik und Interaktion seien gefragt.

Die Spiele müssen nur spannend genug sein, dann funktioniert das auch.

Spieleladen von Michael Palm in Konstanz am Bodensee.
Im Spieleladen von Michael Palm wird Beratung groß geschrieben. Jeder bekommt, wonach er sucht. Kann ein Wunsch nicht erfüllt werden, tüftelt der Entwickler gleich wieder an einer neuen Spielidee.

Welche Spiele liegen im Trend?

Nun könnte man meinen, dass der Trend zu hybriden Spielen geht, man also Brettspiele digital verknüpft, etwa über Apps. Laut Michael Palm ist das aber die Ausnahme. Er glaubt auch nicht, dass sich sowas in Zukunft durchsetzt. Zwar tüftele auch er gerade an einem Kartenspiel, dass nur zusammen mit dem Handy funktioniert und nächstes Jahr nach insgesamt drei Jahren Entwicklungszeit rauskommen soll, allerdings werde das auch bei ihm die Ausnahme bleiben.

Was allerdings mittlerweile gang und gäbe ist: dass ursprüngliche PC-Spiele auf den Brettspielmarkt kommen und umgekehrt. Prominentestes Beispiel bei Palm ist sein entwickeltes Brettspiel „Dorfromantik“, das auf ein Computerspiel zurückgeht.

Dass mein Spiel „Dorfromantik“ zum Spiel des Jahres 2023 gewählt und in 17 Sprachen übersetzt wurde, ist für mich wie der Gewinn eines Oscars – die höchste Auszeichnung für einen Spiele-Entwickler.

Spiele als „Kulturgut“

Die Zielsetzung der Auszeichnung sei, das Spielen als „Kulturgut“ zu erhalten. Aber ist das Erfinden von Spielen nicht begrenzt und wiederholt sich irgendwann? „Nein“, sagt Palm. Sicherlich seien Ähnlichkeiten ab und an vorhanden, aber jedes Spiel müsse, um nominiert zu werden, ein ganz neues Element enthalten, das es so noch nicht gegeben hat.

Bei „Dorfromantik“ sei das etwa, dass dieses Spiel nicht verloren werden könne, sondern lediglich weitere Bereiche erschlossen werden könnten – also eben so ein bisschen wie bei Computerspielen, wo man sich von Level zu Level vorarbeiten kann. Es sei als rein positives Spiel zu betrachten.

Wie laufen alte und moderne Klassiker?

Alte Klassiker wie Schach, Mühle oder Halma und moderne Klassiker wie „Risiko“, „Siedler von Catan“ oder „Monopoly“ werden nach wie vor gerne gespielt, dennoch würden Spiele, bei denen einige Zeit vor Schluss der Gewinner schon feststehe, wie etwa bei „Monopoly“, meint Palm, so nicht mehr entwickelt werden. Da würde der Anreiz zum Weiterspielen verloren gehen. „Wenn ein Spieler in der Schlossstraße lauter Hotels hat, ist der eigentlich nicht mehr einzuholen.“

Stapel aus Brettspielen im "Seetroll" in Konstanz
Spielregeln werden digital: Zwar enthält jedes Brettspiel noch Spielregeln aus Papier, jedoch mit weniger Text und mehr Bilden. Es gibt auch immer mehr Online-Tutorials zu den Spielen. In Videos erklären Macher oder Cracks, wie's funktioniert und geben Tipps und Tricks.

Wie entwickelt man ein Spiel?

Lernen kann man das nicht, sagt Palm. „Die ganzen modernen Game-Design-Studiengänge sind auf digitale Spiele ausgerichtet.“ Im ersten Semester stünde dort aber stets auf dem Programm, ein Brettspiel zu entwickeln. Er selbst kommt allerdings aus einer ganz anderen Richtung. Der Spiele-Entwickler vom Bodensee hat Jura studiert. Sein Interesse galt aber schon seit Kindheitstagen dem Spielen.

Die Ideen für die Spiele kommen mir vor dem Schlafengehen, unter der Dusche oder beim Autofahren.

Während des Studiums entwickelte er sein erstes Spiel „Fisch ahoj“. Veröffentlicht wurde es noch nicht, doch er blieb dran und eröffnete zusammen mit drei Kommilitonen seinen ersten Spieleladen in Konstanz. Der Grundstein für seine Erfolgsgeschichte mit vielen Spielerfindungen war gelegt.

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