Das "1337Camp", ein Gaming-Camp, zieht seit 2020 Video-Gamer und -Gamerinnen nach Waiblingen (Rems-Murr-Kreis). Auf rund 2.000 Quadratmetern gibt es hier perfekt ausgestattete Computer, verschiedene Räume zum Zocken, aber auch Gemeinschaftsräume mit Whiteboards, um Taktiken zu besprechen, - und sehr, sehr schnelles Internet.
Gaming ist inzwischen ein riesiges Geschäft geworden. Profis, die beispielsweise das Video-Spiel "Fortnite" spielen, verdienen bei internationalen Wettbewerben Millionen. Aber dafür müssen sie trainieren. Felix Papsdorf hat Profis sowie Hobby-Spielerinnen und -Spielern dafür in Waiblingen ein ganzes Areal geschaffen, in dem sie sich einmieten können - inklusive Getränke- und Pizza-Versorgung bis an den Gaming-Platz. Quasi ein Hotel für Video-Spielerinnen und -Spieler.
Gaming-Camp: Betreibern ist soziales Miteinander wichtig
Sie kommen aus Japan, Neuseeland, Irland, Polen nach Waiblingen: Interessierte aus der ganzen Welt lockt das Camp an. Papsdorf betont, dass ihm in seinem Camp auch die soziale Interaktion außerhalb des World Wide Webs wichtig ist: "Bisher war es so, dass man sich nur übers Internet kannte. Hier kann man die Freunde, die man online gewonnen hat, auch treffen."
Damit soll das Angebot auch Eltern von Gamerinnen und Gamern überzeugen. "Für die Eltern sieht es so aus, als würde man völlig unsozial allein den ganzen Tag im dunklen Zimmer sitzen", sagt Papsdorf. Dem will er entgegenwirken. Auch ein Abschnitt auf der Camp-Webseite ist einer Erklärung an Eltern gewidmet.
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Vielleicht steckt in jedem Nachwuchs-Spieler ja ein Profi?
Dunkel ist es aber trotzdem in den Räumlichkeiten des Camps. Und auch wenn zwischendrin mal geredet oder Billard gespielt wird: Es wird halt doch hauptsächlich gezockt. Jeder allein an seinem Gaming-Platz.
Thomas Nickel aus dem niedersächsischen Osterode im Harz hat keine Angst um die soziale Entwicklung seines Sohnes. Er hat neben seinem eigenen Sohn Leander vier weitere Jugendliche nach Waiblingen gebracht, die sich sonst lange Zeit nur online kannten. Zum wiederholten Mal ist er da, weil der Vater auch selbst gerne spielt. Sein Sohn Leander spiele an Schultagen fünf Stunden online. Am Wochenende könnten es auch schon mal zehn Stunden sein, erzählt er. Aber ja, Nickel sperre ab und an das Internet für seine Kinder. Allerdings eher, damit er selbst zu genug Schlaf kommt. Sich Medien und den neuen Entwicklungen zu verschließen, findet er schwierig.
Schnuppertage für besorgte Eltern
Natürlich wäre Sport oder ein anderes Hobby schöner. Aber für Nickel zählt auch, etwas gemeinsam mit seinem Sohn und den anderen Jugendlichen machen zu können, die "Community". Intensives gemeinsames Erleben. "Hier haben wir beides: Wir können spielen und haben auch noch 'reales Leben'", sagt er. Allerdings hegt Nickel auch die leise Hoffnung, sein Sohn oder einer der anderen Jugendlichen könnte vielleicht mal Profi werden. Denn es lockt ja eine Menge Geld.
Für Eltern, die noch skeptisch sind, werden im Camp Schnuppertage angeboten. Dann können die Eltern ihren Kindern beim Spielen über die Schulter schauen.
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Experte: Problem der Abhängigkeit ist hoch
Trotzdem bleibt das Problem mit der Abhängigkeit und der sozialen Abkapselung - was die Corona-Pandemie teils noch verstärkt habe, sagen Experten. Sie sprechen von "Onlinesucht" und meinen nicht nur das reine Spielen. Viele Profi-Spieler haben deswegen einen sogenannten Mental Health Trainer, den sie beispielsweise auch ins Camp nach Waiblingen mitnehmen. Der schaut danach, dass die Spieler essen, genug schlafen und sich zwischendurch auch mal bewegen. Natürlich könne man abhängig werden, da muss man aufpassen, sagt etwa Coach Laughlin Parker. Ohne psychologische Unterstützung zu spielen, findet er fraglich.
Die Nachfrage nach einem ruhigen Ort zum Spielen ist in Waiblingen jedenfalls groß. Die Bedenken sind eher gering.