Vor zehn Jahren hat die Fernseh-Serie „True Detective“ das Krimi- und Detektivgenre noch einmal neu erfunden: Als abgeschlossene Geschichte mit zwei Ermittlern an einem ikonischen Ort in den USA. Nach einer langen Pause und dem Ausstieg des Serienerfinders Nic Pizzolatto ist nun die vierte Staffel auf Sky zu sehen, ganz bewusst weiblich mit einer übellaunigen Jodie Foster.
Krimi-Comeback nach fünf Jahren
Ziemlich genau zehn Jahre ist es her, da machte sich eine Fernseh-Serie daran, das Detektiv- und Krimigenre noch einmal zu erfinden: Mit seinen beiden Ermittlern Woody Harrelson und Matthew McConaughey erzählte „True Detective“ eine ziemlich heftige Serienmördergeschichte in den Sümpfen Louisianas. Mit zwei philosophierenden Cops drang die Serie tief in das Herz Amerikas vor.
Die beiden Folgestaffeln brachten jeweils an anderen Orten neue Polizistenpaare zusammen, aber die Qualität und das Zuschauerinteresse konnten mit dem Beginn nicht ganz mithalten.
Fünf Jahre nach der letzten Staffel kommt nun aber doch ein neuer „True Detective“ heraus, mit dem Untertitel „Night Country“. Geschrieben von einer Frau und mit zwei Polizistinnen in den Hauptrollen im eisigen Ambiente von Alaska. Mit dabei eine notorisch schlecht gelaunte Jodie Foster.
Mysterien lauern in der Dunkelheit Alaskas
Es ist kurz vor Weihnachten in einer Forschungsstation im Norden Alaskas. Die Stimmung ist gelöst, als einer der Forscher plötzlich wie epileptisch zuckt. „Sie ist erwacht“, den Satz hört man im Lauf der Serie mehrmals: geraunt oder geflüstert, aber wer oder was damit gemeint ist, bleibt bis zur letzten Folge im Dunkeln.
Die Forscher sind jedenfalls kurz darauf allesamt verschwunden. Und sie werden erst nach längerer Suche im Eis gefunden, nackt und zusammengefroren zu einer Skulptur des Schreckens. Der mysteriösen Fall scheint mit einem früheren ungeklärte Mord an einer Umweltaktivistin zusammenzuhängen.
Polizeichefin Danvers (Jodie Foster) bringt das jedenfalls wieder mit ihrer früheren Kollegin Navarro (Kali Reis) zusammen, die sich beide erstmal in herzlicher Abneigung begegnen.
Dunkelheit ist prägendes Element der Staffel
Das Dunkel der Nacht ist das prägende Element dieser Staffel. Und natürlich die Kälte, denn sie beginnt am letzten Abend vor der monatelangen Polarnacht in der fiktiven Stadt Ennis. Das Ambiente ist wie gemacht für eine Serie, die sich im Horror- wie im Noir-Krimigenre verortet. Und die das „Night Country“ auch mit einem grandiosen Soundtrack erkundet.
Spiralförmige Symbole, geisterhafte Stimmen, Erscheinungen von Toten: Es klingt nach bekannten Zutaten eines Horrorthrillers, aber sie gehören zur spirituellen Welt der indigenen Bevölkerung Alaskas. Ihr Verhältnis zur Natur und zum Tod trifft im Alltag auf Rassismus und Umweltzerstörung. Fragen von Identität und Zugehörigkeit spalten die Familien, das betrifft auch das Verhältnis von Liz Danvers zu ihrer Tochter Leah oder zu ihrer Kollegin Navarro.
Weibliche Perspektive für erschöpftes Serienkonzept
Polizeichefin Danvers hat sich eine Art Eispanzer zugelegt aus Hartherzigkeit, Herablassung und schneidendem Ton und Jodie Foster spielt diese ältere Frau mit atemberaubender Ledrigkeit. Auch Kali Reis ist als Evangeline Navarro davon getrieben, als Frau nicht zum Opfer zu werden, sucht aber nach Mitteln und Wegen, emotional offen und verletzlich zu bleiben.
Mit ihnen hat Serienschöpferin Issa Lopez der düsteren „True Detective“-Welt eine konsequent weibliche Perspektive verpasst und das tut dem beim zuletzt recht erschöpft wirkenden Serienkonzept unheimlich gut. Das durch unzählige Genrefilme geprägte Männerbild des harten Detectives wird hier ergänzt durch nuancierte, hochinteressant gebrochene Frauenfiguren.
„True Detective: Night Country“, seit 15. Januar auf Sky Deutschland
Vor allem in Atmosphäre und Bildgestaltung erinnert die Serie stark an die ikonische erste Staffel der Reihe. Mit kältestarrenden Bildern von einsamen Menschen in Eis- oder Schneelandschaften oder winzigen Scheinwerfern in trostloser Dunkelheit.
Es sind Reflexionen auf Leben und Tod, zwischen existenzieller Verlorenheit und einem Funken Resthoffnung. Zum Bingen vielleicht nur eingeschränkt zu empfehlen, aber dennoch ein faszinierender Start in das neue Serienjahr.
Mehr Thriller und Krimis
Höhepunkt des Deutschen Kinos Herausragender Paranoia-Thriller „Im toten Winkel" der deutsch-kurdischen Regisseurin Ayşe Polat
Ein deutsches Filmteam kommt in eine alte Stadt im Nordosten der Türkei, um einen Dokumentarfilm über ein politisch brisantes Thema zu drehen. Bald ist klar: Sie werden beobachtet. Regisseurin Ayşe Polat wagt viel und gewinnt: Ihr ist ein Paranoia-Thriller im Stil von Francis Ford Coppola gelungen.
Diskussion 50 Jahre Krimi-Kult – Warum ist der „Tatort“ so erfolgreich?
Am 28. November 1970 lief „Taxi nach Leipzig“, die erste Folge des „Tatort“, der an einem guten Sonntag auch heute noch über 10 Millionen Zuschauer erreicht. Was macht die Reihe zum letzten „Lagerfeuer“ im deutschen Fernsehen? Ist sie große Krimikunst oder vor allem ein Ritual? Wie hat sie sich in 50 Jahren verändert? Bernd Lechler diskutiert mit Dr. Hendrik Buhl – Medienwissenschaftler, Brigitte Dithard - SWR-Redakteurin, Claudia Tieschky - Journalistin