Mit „Der Duft der grünen Papaya“ und „Cyclo“ landete der aus Vietnam stammende französische Regisseur Trần Anh Hùng zwei Welterfolge. Sein neuer Film mit Juliette Binoche und Benoît Magimel in den Hauptrollen ist eine Hommage an seine französische Heimat und an die hohe Kunst des Kochens.
Augenschmaus auf der Leinwand
„Man sollte das Omelette mit dem Löffel essen, dann schmeckt es besser“, sagt die von Benoît Magimel gespielte Hauptfigur Dodin Bouffant am Anfang des Films. Essen können wir Omelette nicht, nur zuschauen.
Aber lange hat man auf der Leinwand keinen derart sinnlichen Film mehr gesehen, keinen ähnlichen „Augenschmaus“ – hier trifft dieses Wort einmal wirklich zu.
Wir sehen Fisch, Geflügel, Eier, die vorsichtig zerbrochen und getrennt werden, Saucen, die mit dem Schneebesen geschlagen und später geklart werden, Gemüse, das erst in kochendem Wasser blanchiert, und dann in Eiswasser abgeschreckt wird, um danach in einen Ofen mit schwacher Hitze zu wandern.
Am Herd mit dem kompromisslosen „Napoleon der Kochkunst“
Wir sehen eine Art zu kochen, wie es sie heute eigentlich nicht mehr gibt, auf die aber bis heute immer noch einige Küchenchefs schwören. Solche Küchen bekommt man heute nur noch für extrem viel Geld. Im 19. Jahrhundert, in dem diese Geschichte spielt, waren sie die Regel.
Dodin Bouffant ist ein in ganz Frankreich berühmter Chefkoch, er kocht für Prinzen und Könige, am liebsten aber für seine Freunde. Bouffants Fans bewundern ihn als den „Napoleon der Kochkunst“, er selbst verbindet Bescheidenheit mit Selbstbewusstsein, er ist konsequent und kompromisslos, aber er predigt nicht, sondern zeigt einfach seine Kunst, indem er kocht – gemeinsam mit seiner von Juliette Binoche gespielten Köchin Eugénie, mit der ihn ein sehr vertrautes Verhältnis verbindet.
Beim Essen geht es einzig und allein um Genuss und Stil
So versucht der ganze Film zu zeigen, was Kunst ist und wie man Kunst schafft, dass es letztendlich darum geht, persönlich und subjektiv zu sein, und darum, auf eine kontrollierte Art die Kontrolle zu verlieren. Man braucht Ruhe beim Kochen und in der Kunst.
Auf ganz beiläufige Art beginnt man zu verstehen: Es geht beim Essen nicht darum, ein besserer Mensch zu werden; es geht auch nicht um Gesundheit, und auch nicht um Ernährung, und ums reine Sattwerden. All das ist Barbarei. Sondern es geht einzig und allein um Genuss und Stil. Das Geschirr ist ebenso wichtig. Es ist Teil des Kunstwerks: das Silberbesteck, die Kristallgläser.
Es geht Genuss, Eleganz, Anmut und die Bereitschaft zum Kontrollverlust
Dieser Film ist ein Kunstwerk der Verfremdung: Man sieht eine Welt, in der Menschen ganz anders leben und denken, als wir. Sie sind glücklich und die Welt ist schön.
Es geht diesen Menschen unausgesprochen und beiläufig immer wieder um Genuss, um Opulenz und Genauigkeit, Eleganz und Anmut. Aber auch um Überfluss, um die Lust am Experimentieren, die Bereitschaft zum Kontrollverlust.
Ein Film nicht nur für Fans von Kochsendungen
Dieses Verhältnis zwischen Kontrolle und Kontrollverlust ist das Entscheidende, hier kommt es auf den Moment an, auf das berühmte „Bauchgefühl“, die Intuition. Insofern ist dies nicht nur ein Film für alle, die gerne Kochen oder dauernd Kochsendungen ansehen. Für die aber sowieso.
Trailer „Geliebte Köchin“, ab 8.2. im Kino
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