Die Musikdoku „Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin“ ist eine persönliche Liebeserklärung des Schauspielers und Regisseurs Charly Hübner an die Kultband „Element of Crime“. Schon seit 40 Jahren bringen die Songs der Band das „Leuchten in das Dunkel der eigenen Lebensnöte oder singen sie weg“, sagt Hübner in seiner Doku..
Als der Schauspieler Charlie Hübner die Anfrage bekam, einen Dokumentarfilm über „Element of Crime” zu drehen, sagte er sofort zu. Denn schon in Teenagerjahren hatte er mit der Band die musikalische Liebe seines Lebens gefunden, wie er gleich in der Eröffnungssequenz seines Films erzählt.
Das war schlau, so Hübner, und es änderte alles für ihn, ihm wurde klar: „Wenn man so auf die Welt gucken kann, dann kommt man vielleicht doch mit ihr zurecht.“
Fünftägige Konzerttour durch Berlin
Und so, wie die Musik von Element of Crime seitdem bei ihm geblieben ist, so folgt nun auch Charlie Hübner der Band und begleitet sie mit der Kamera während einer fünftägigen Konzerttour durch den Berliner Sommer. Ins Lido, ins legendäre SO36 oder in die Zitadelle Spandau.
Die Doku ist über weite Strecken ein Konzertfilm, der sich viel Zeit nimmt, die Musik und die Atmosphäre von den „Elements“ einzufangen. Doch von da aus springt der Film immer wieder zurück in die mittlerweile vier Jahrzehnte lange Geschichte der Band.
Krach machen in den 80er-Jahren
In Gesprächen mit Hübner und Aufnahmen von früher wird in schnell geschnittenen Sequenzen zum Beispiel von der Anfangszeit in den 80er-Jahren erzählt, als Element of Crime“ noch eine „No-Jazz/No-Funk“-Kombo war, in der es darum ging, Krach zu machen, erzählen die Bandmitglieder.
Zu den Stücken habe es nur grobe Absprachen gegeben, der Rest war: „Voll drauf!“„Immer Prügel, das ist klasse! – Diese Haltung hat natürlich Spass gemacht. Auch diese ratlosen Gesichter der Leute.“
Trailer: „Element of Crime. Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin“
Nach dem Punk kam die Lust auf schöne Songs
Bis irgendwann aus diesem Geist des Punks die Band einen neuen Weg einschlug und den Klang erfand, den man heute kennt. Was vor allem vom Sänger und Trompeter Sven Regener ausging.
Poetik der Band in filmisch übersetzt
„Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin“ übersetzt die Poetik der Band in ein filmisches Porträt, das in assoziativen Bildern erzählt, sich auch für Nebensächlichkeiten des Konzertlebens interessiert, Momente einfängt von der einsamen Bierflasche oder der Lärmschleuse im Backstagebereich. So wie auch die Songs der Band immer eine Liebe für die kleinen vergessen Dinge am Rand des Lebens zum Ausdruck bringen.
Private Hintergründe der Bandmitglieder nicht im Fokus
Porträtiert wird auch immer wieder die ständig ihr Gesicht wechselnde Stadt Berlin, die der Schauplatz der meisten Lieder ist. Dabei interessiert sich der Film nie für private Hintergründe der Bandmitglieder. Das Leben, das ergründet wird, ist hier die Musik, die gemeinsam erschaffene Kunst, seit über vierzig Jahren, über alle Streitigkeiten und Zerwürfnisse hinweg.
Charlie Hübner möchte in seinem Film dem Phänomen Element of Crime näherkommen, ohne es aufklären oder zu Ende deuten zu wollen. Das Bild bleibt offen, brüchig: so wie die Band, die alles andere als glatt oder perfektioniert ist.
Selten hält ein Bandporträt auf so respektvolle Weise Abstand, drängt sich nicht auf. Und räumt so allerdings auch mit Klischees auf, wie dem, dass die Element-Songs alle melancholisch seien.
Persönliches und unbedingt sehenswertes Porträt
So ist der Film über Element of Crime, in dem man viel über die poetische und politische Bedeutung von Musik erfährt, eine sehr persönliche und unbedingt sehenswerte Liebeserklärung an eine Band, deren Musik oft für ein Leben bleibt.
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