Film

„Leere Netze“ von Behrooz Karamizade: Schaut, was es für Potenziale im Iran gibt

Stand
Interview
Martin Gramlich
Onlinefassung
Dominic Konrad

In seinem Spielfilmdebüt „Leere Netze“ erzählt Regisseur Behrooz Karamizade von einem jungen iranischen Paar. Sie wollen heiraten, können aber nicht, weil der mittellose Amir den hohen Brautpreis für seine Narges nicht zahlen kann. „Die Situation der jungen Generation ist immer ein Indikator für den Zustand eines Landes“, meint der Regisseur im Gespräch mit SWR2.

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Liebe mit Hindernissen

Amir und Narges lieben sich und wollen heiraten, wäre da nicht das hohe Brautgeld, das Amir an Narges' Vater zahlen muss. Ein unverheiratetes Zusammenleben ist völlig undenkbar, denn schon eine Berührung stellt einen gesellschaftlichen Regelverstoß dar.

Um das Geld zusammenzubekommen, verdingt sich Amir als Fischer und wird in ein illegales Wilderergeschäft verwickelt.

„Leere Netze“ von Behrooz Karamizade (Filmstill)
Amir (Hamid Reza Abbasi) liebt Narges und Narges (Sadaf Asgari) liebt Amir. Sie träumen davon, ein gemeinsames Leben aufzubauen. Bild in Detailansicht öffnen
„Leere Netze“ von Behrooz Karamizade (Filmstill)
Als Amir seinen Job verliert, rückt eine Heirat in weite Ferne. Die iranischen Traditionen verlangen, dass er einen hohen Brautpreis entrichtet. Bild in Detailansicht öffnen
„Leere Netze“ von Behrooz Karamizade (Filmstill)
Amir versucht, die Klassenunterschiede zwischen den Familien mit harter Arbeit zu überwinden und heuert bei einer ländlichen Fischerei an. Bild in Detailansicht öffnen
„Leere Netze“ von Behrooz Karamizade (Filmstill)
An der rauen Küste des Kaspischen Meeres verstrickt sich Amir in die kriminellen Machenschaften einer Kaviar-Wilderer-Bande. Bild in Detailansicht öffnen
„Leere Netze“ von Behrooz Karamizade (Filmstill)
Zunehmend gerät Amir in einen Sog, der auch die Beziehung zu Narges gefährdet. Bild in Detailansicht öffnen
„Leere Netze“ von Behrooz Karamizade (Filmstill)
In seinem ersten Langfilm will Behrooz Karamizade eine Geschichte aus dem Iran der Gegenwart erzählen: Seine Protagonist*innen bewegen sich zwischen zarten Liebesbekundungen und vorsichtigem Versteckspiel. Bild in Detailansicht öffnen

Im Iran gibt es keine Perspektiven für junge Menschen

In seinem ersten Langfilm „Leere Netze“ erzählt Regisseur Behrooz Karamizade von den Sorgen und Nöten junger Menschen im Iran. Die Situation im Land zeige, dass es nicht vorwärts, sondern rückwärts gehe, findet Karamizade. Es gebe keine Perspektiven, das sei auch eine Fluchtursache.

Man müsse im gesellschaftlichen Diskurs stärker hervorheben, dass es sich bei Geflüchteten, die zu uns kommen, vor allem um Menschen handele, die nach Perspektiven suchen. Karamizade findet: Wenn sie diese Perspektiven bekämen, könnten sie sehr viel schaffen.

„Leere Netze“ von Behrooz Karamizade (Filmstill)
In poetischen Bildern fängt Behrooz Karamizade die raue Schönheit der iranischen Küstenlandschaft ein.

Kreative Lösungen

Besonders beeindruckt haben den Regisseur die vielen kreativen Lösungen, die junge Menschen im Iran finden: „Ich habe selten so einen Einfallsreichtum erlebt, um das ausleben zu können, was man leben will, zum Beispiel Musik.“

Alleine schon das Hören von Musik im öffentlichen Raum stellt in der strengen Islam-Ausdeutung der iranischen Machthaber ein Vergehen dar, das durch die Sittenpolizei geahndet wird.

Behrooz Karamizade, Filmemacher, Produzent und Preisträger in der Kategorie «Bester Newcomer»
Behrooz Karamizade wurde 1978 im Iran geboren. Seine Familie wanderte Mitte der 1980er-Jahre nach Deutschland aus. Für „Leere Netze“ gewann er 2023 unter anderem den Hessischen Film- und Kinopreis als bester Newcomer.

Karamizade will den Blick auf die junge Generation des Iran lenken

„Ich habe diesen Film gemacht, um den internationalen Blick auf diese junge Generation im Iran zu richten“, sagt der Regisseur über sein Filmdebüt. Das Team habe alles dafür getan, um etwa an Drehgenehmigungen zu kommen.

Das sei sehr schwer gewesen, doch für Behrooz Karamizade unerlässlich: „Ich wollte einen authentischen Film drehen, nicht über die Menschen, sondern mit den Menschen“, betont er.

„Leere Netze“, ab 18.01.2024 im Kino

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