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Das Hochamt des Heavy Metal als Serie: „Legend of Wacken“

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Karsten Umlauf

Angefangen hat das Heavy-Metal-Festival von Wacken in Schleswig Holstein vor über 30 Jahren mit einer kleinen Truppe auf dem Acker. Über die Entstehung dieses Kuriosums mitten auf dem platten Land hat es schon ein paar Filme gegeben, am bekanntesten sicher die Doku „Full Metal Village“. „Legend of Wacken“ greift die Mythen und Legenden um das Festival und seine Gründer auf und erzählt das Ganze als fiktionale Serie, die jetzt auf RTL+ zu sehen ist.

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Geschichte einer Freundschaft

Die Geschichte des Wacken-Festivals ist die Story einer speziellen Freundschaft: Die Anfang 20-Jährigen Holger Hübner und Thomas Jensen langweilen sich Ende der 80er-Jahre in ihrem Landkreis Steinburg zu Tode. Über die eigene Hardrockband „Skyline“ finden sie zusammen und fassen schnell den Plan, aus Mangel an Auftrittsmöglichkeiten, ein eigenes Festival auf die Beine zu stellen.

Filmstill
Kurz nach der umjubelten Eröffnung des Wacken Open Air 2022 fällt Festivalgründer Holger nach einem Stromschlag ins Koma. Die zuständige Ärztin erklärt seinem Geschäftspartner Thomas, wie wichtig persönliche Ansprache ist. Im Bild: Holger (Charly Hübner, l.), Thomas (Aurel Manthei) Bild in Detailansicht öffnen
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Also beginnt Thomas, ihm von ihren Anfangsjahren zu erzählen, als Heavy Metal ihnen einen Ausweg aus dem tristen Leben in der norddeutschen Provinz aufzeigte. Im Bild: Holger (Charly Hübner) Bild in Detailansicht öffnen
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1989 – Thomas ernennt Holger zum Manager seiner Band Skyline und Holger schafft es tatsächlich, eine erste Tour quer durch die norddeutsche Provinz zu organisieren. Im Bild: der junge Holger (Sammy Scheuritzel, l.), der junge Thomas (Sebastian Doppelbauer) Bild in Detailansicht öffnen
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Doch der Erfolg hält sich in Grenzen und schnell folgt die Erkenntnis, dass sich die Metal-Band ihr eigenes Publikum erschaffen muss. Die Vorbereitungen für Norddeutschlands erstes Heavy-Metal-Festival beginnen. Bild in Detailansicht öffnen
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Das W:O:A 2022 steht weiterhin still und im Krankenhaus bangen Thomas, Gösy und Sabina um Holger – bis dieser plötzlich von seinem Krankenbett aufsteht. V.l.: Sabina (Janna Striebeck), Peter "Biff" (John Keogh), Thomas (Aurel Manthei), Dr. Abidi (Doris Golpashin) Bild in Detailansicht öffnen
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Das erste Wacken Open Air war ein Erfolg – zumindest in den Augen der Organisatoren. Die nächste Ausgabe soll größer, härter und vor allem international werden. Ein Headliner muss her und Thomas treibt Holger an, die UK-Metal-Legenden von Saxon nach Wacken zu holen. Im Bild: der junge Holger (Sammy Scheuritzel) Bild in Detailansicht öffnen
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Nicht alle Dorfbewohner:innen sind vom Festival, dem Chaos und der Musik begeistert. Ein Gegner macht sich bereit, die Zukunft des Festivals im Keim zu ersticken. Bild in Detailansicht öffnen

Durch viel Musik kommt ein Gefühl für das Metal-Erlebnis rüber

Wohl ziemlich nah an den realen Vorbildern, mit witzigen Dialogen, viel Gespür für norddeutschen Schnack und den charmanten Kulturclash, erzählt die Serie die „Legende von Wacken“ die Geschichte des legendären Festivals. Und sie zeigt schon im Titel eine gute Mischung zwischen Fantum und ironischer Distanz.

Weil sie der Musik viel Raum lässt, schafft sie es sogar, ein Gefühl für das Metal-Erlebnis zu vermitteln. Mit anderen Worten: für den Unterschied zwischen „Pussyrock“ und „Musik, die so richtig knallt“.

Der konstruierte Rahmen ist vielleicht die größte Schwäche der Serie

Wacken Open Air, abgekürzt W.O.A, das ist heute das Hochamt des Heavy Metal, zigtausend berauschte Fans inmitten der schleswig-holsteinischen Pampa. Nur verständlich, dass die Regisseure Jonas Grosch und Lars Jessen diese Atmosphäre einfangen wollten. Deswegen setzt die Handlung im Jahr 2022 ein, auf der Originalbühne von Wacken, was ein echter Coup ist.

Aber trotzdem wirkt dieser Rahmen konstruiert und ist deshalb vielleicht die größte Schwäche der Serie. Dass Holger Hübner hier nämlich nach über 30 Jahren Festivalerfahrung mit bloßen Händen an eine Starkstromleitung packt und ins Koma fällt, ist genau so wahrscheinlich wie ein Auftritt von Chris de Burgh in Wacken – aber geschenkt.

Filmstill
Konstruierter Rahmen: Das Bangen um Holger, der im Koma liegt

Charly Hübner mit schütterer Metalmatte ist allein schon sehenswert

So erzählt die Serie in Rückblenden und Erinnerungen, beschert Holger im Krankenhaus Nahtoderlebnisse mit Motörhead-Legende Lemmy Kilmister. Gespielt wird der gealterte Holger von seinem Namensvetter Charly Hübner, und ihn mit schütterer Metalmatte zu sehen, lohnt allein schon das Einschalten.

Mit den Entdeckungen Sammy Scheuritzel und Sebastian Doppelbauer als junge Festivalgründer ist „Legend of Wacken“ auch eine Serie über die rebellische Kraft von wüsten Texten, Bier und Dezibel. Und man kann vom Festivaltourismus halten, was man will: im Kuhweidenpanorama von Schleswig-Holstein ist das nach wie vor eine fantastische Geschichte.

Trailer „Legend of Wacken“ ab 7.7. auf RTL+

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Karsten Umlauf