„Ich wusste, das ist unanständig. Aber Kerkeling und Biolek haben später gesagt, dass sie befreit sind, dass das Versteckspiel vorbei ist“, sagte Rosa von Praunheim zu seinem Auftritt in der RTL-Talkshow „Der heiße Stuhl“. Vor laufender Kamera outete der Regisseur und Schwulenaktivist die beiden TV-Promis darin als homosexuell.
Unfreiwilliges Coming-out
Für Alfred Biolek und Hape Kerkeling, die nicht anwesend sind, kommt das unfreiwillige Outing völlig überraschend. Biolek verweigert jeden Kommentar.
Hape Kerkeling nimmt die Sache letztlich mit Humor: „Im ersten Moment habe ich gedacht: Oh, Gott, was denkt meine Tante Lisbeth. Die ist Nonne im Kloster. Wenn die das jetzt sieht, dann bin ich geliefert.“
Tatsächlich stellt sich dann aber sehr schnell heraus, dass es der Beliebtheit der beiden nicht im Geringsten schadet. „Ich wusste, so etwas ist unanständig. So etwas machen nur Schweine“, sagte Rosa von Praunheim zu der Aktion. „Aber Kerkeling und Biolek haben später gesagt, dass sie befreit sind, dass das Versteckspiel vorbei ist.“
Regisseur und Aktivist Der schwule Stachel im Fleisch der BRD: Rosa von Praunheim wird 80
Als Rosa von Praunheim in einer Talkshow Hape Kerkeling und Alfred Biolek als schwul outet, verlangt die Presse erfolglos den Boykott des Regisseurs. Ein Glück, denn seinem kompromisslosen Streit für die Sichtbarkeit schwulen Lebens verdanken wir die Selbstverständlichkeit, mit der heute in Deutschland queeres Leben stattfindet.
Von Praunheims Kampf für Gleichberechtigung
Es ist nicht das erste Mal, dass Rosa von Praunheim versucht, die Schwulen aus ihrem Schattendasein in die Mitte der Gesellschaft zu locken. Mit seinem Film „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“ provozierte er 1970 nicht nur die sogenannten Normalbürger, sondern auch die Homosexuellen selbst.
Der Film wurde zur Initialzündung für die Schwulenbewegung in Deutschland. Innerhalb eines Jahres gründeten sich über 50 Schwulengruppen, die bereit waren, sich öffentlich zu ihrer Homosexualität zu bekennen und für ihre Rechte auf die Straße zu gehen.
Erst 1990 sieht man Schwule im TV
Seit 1969 galt Homosexualität unter erwachsenen Männern zwar nicht mehr als Straftat, doch erst 1994 wurde der Paragraph 175 endgültig aus dem Strafgesetzbuch gestrichen. Homosexualität bleibt in der breiten Gesellschaft aber auch danach weiterhin ein Tabuthema.
Leben Verbotene Liebe unter Männern - Der Paragraf 175 und seine Folgen
Erst vor 27 Jahren wurde der Paragraf 175, der sexuelle Handlungen unter Männern unter Strafe stellte, aufgehoben. Zu spät für den Freiburger Heinz Schmitz. Er wurde für seine Neigung als junger Mann ins Gefängnis gesteckt. (SWR 2019)
Als ab 1990 in der beliebten Vorabendserie Lindenstraße ein schwuler Protagonist auftaucht und vier Jahre später im Kino „Der bewegte Mann“ knapp sieben Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern Bilder eines gemeinsamen, teilweise skurrilen Alltags von Homo- und Heterosexuellen präsentiert, ist das Thema erstmals einem Millionenpublikum zugänglich.
Die Akzeptanz wächst
Der Fortschritt, den die Schwulenbewegung seitdem erreicht hat, ist unverkennbar: Seit 2017 können homosexuelle Paare in Deutschland eine zivilrechtliche Ehe mit den gleichen Rechten und Pflichten wie Heterosexuelle eingehen. Immer mehr Homosexuelle outen sich mittlerweile freiwillig.
2001 mit dem Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit tat das erstmals ein aktiver Politiker: eine weitere Zäsur. Zahlreiche Prominente haben es Wowereit in den vergangenen Jahren gleichgetan: Moderatorin Anne Will und Fußballstar Thomas Hitzlsperger, Schauspieler Clemens Schick, Schlagersänger Patrick Lindner und CDU-Politiker Jens Spahn. Die Sensation blieb aus.
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Als Rosa von Praunheim in einer Talkshow Hape Kerkeling und Alfred Biolek als schwul outet, verlangt die Presse erfolglos den Boykott des Regisseurs. Ein Glück, denn seinem kompromisslosen Streit für die Sichtbarkeit schwulen Lebens verdanken wir die Selbstverständlichkeit, mit der heute in Deutschland queeres Leben stattfindet.