Mit Richard Wagners Opernvierteiler „Der Ring des Nibelungen“ verabschiedet sich Andreas Homoki als Intendant des Opernhauses in Zürich. Der neue Generalmusikdirektor Gianandrea Noseda dirigiert. Mit Spannung wurden die Debüts von Camilla Nylund als Brünnhilde und Klaus Florian Vogt als Siegfried erwartet. Die „Götterdämmerung“ schmiedet den Züricher „Ring“ nun zu Ende.
Das Göttergelichter hat das Gebäude verlassen
Noch einmal kreist die labyrinthische Zimmerflucht Walhalls auf der Drehbühne des Opernhaus Zürich in Richard Wagners „Götterdämmerung“, dem letzten Teil des „Ring des Nibelungen“. Die besten Zeiten hat Wotans Villa hinter sich. Der Ausstatter Christian Schmidt hat kräftig Patina aufgetragen und der Putz beginnt zu bröckeln.
Das schuldbeladene Göttergelichter hat sich in den unendlichen Räumen verloren und jetzt sind die Zimmer frei für die Tragödie der Menschen. Siegfried wird in die Intrige von Hagen und dessen Halbgeschwistern Gunther und Gutrune gezogen, betrügt und hintergeht seine Brünnhilde.
Die wird zur rächenden Frau und setzt am Ende eine wahre Feuersbrunst in Gang, die sie selbst und alle übrigen menschlichen Bewohner verschlingen wird. Nur die ewig junggebliebenen Elementarwesen der Rheintöchter holen sich den aus dem von ihnen einst bewachten Gold geschmiedeten Ring zurück. Den nach dem Ring greifenden Finsterling Hagen schubsen sie kurzerhand aus dem Fenster.
Im letzten Bild dreht sich noch einmal die nun leere Zimmerflucht. Sie wartet auf die nächste Generation von Bewohnern, die es hoffentlich besser machen als ihre Vormieter.
Großdimensionierter Klang trifft dramatisches Kammerspiel
Regisseur Andreas Homoki inszeniert das Weltuntergangsdrama konsequent im Stil eines bürgerlichen Kammerspiels. Im Orchestergraben mag sich großdimensionierter Klang entfalten, auf der Bühne herrschen die intimen Konstellationen. Daraus ergibt sich eine psychologisch ausgefeilte Familienaufstellung.
Zu Fall gebracht wird sie durch Brünnhilde als verkaufte Braut, nur damit Finsterling Hagen als Sohn des Nibelungen Alberich an den fluchbeladenen Ring des Vaters herankommt. Bei aller Intimität geht hier auch ein großes Bildertheater über die Bühne. Mehrfach geht der Vorhang herunter.
Mit einem an filmische Schnitt-Technik gemahnenden Ablauf versteht die Inszenierung das Finale von Wagners vierteiligem Zyklus als Bildpanorama des 19. Jahrhunderts.
Klaus Florian Vogt triumphierend, Camilla Nylund überwältigend
Klaus Florian Vogt ist ein fabelhafter Siegfried mit bemerkenswert müheloser Strahlkraft in der Höhe und verkörpert wunderbar die Wandlung des naiven Naturburschen zum durch Manipulation Scheiternden.
Der Schwächling Gunther findet in der noblen Tönung durch Daniel Schmutzhard einen stimmlichen Kontrapunkt. Lauren Fagan singt und spielt eine aufrichtige Gutrune. Eine Entdeckung ist die hinreißend schöne Stimme von Sarah Ferede als Waltraute.
Der großgewachsene David Leigh als Hagen ist schon körperlich, aber auch vokal mit satt dunklem Bass ein erhabenes Zeichen der bedingungslosen Vernichtung.
Im Zentrum steht aber Camilla Nylund in der Partie der Brünnhilde als mächtig-erhabene Verkörperung des Tragischen. Schlicht und ergreifend überwältigend.
In vokaler Hinsicht ist er ein Ereignis ersten Ranges
Trotz einiger Wackler und Koordinationsprobleme strukturiert Gianandrea Noseda am Pult der Philharmonia Zürich das dichte Leitmotiv-Geflecht der Partitur hellsichtig transparent. In Zürich ist damit ein „Ring“ zu Ende gegangen, der szenisch derzeit als einer der Poetischsten gelten kann.
In vokaler Hinsicht ist er ein Ereignis ersten Ranges. Der Besuch der Aufführung des Gesamtzyklus im Mai 2024 ist ohne Wenn und Aber zu empfehlen. Bayreuth kann da derzeit kaum mithalten.
SWR2 True-Crime-Podcast „Sprechen wir über Mord!?“ mit Angela Merkel
Erstmals ist die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel Gesprächsgast in einem Podcast-Format. Gemeinsam mit dem ehemaligen Bundesrichter Thomas Fischer und Moderator Holger Schmidt diskutiert sie im SWR2 True-Crime-Podcast „Sprechen wir über Mord!?“ über strafrechtliche Zusammenhänge und Motive in Richard Wagners „Ring des Nibelungen“. Zentrale Begriffe sind dabei Habgier, Rache und Eitelkeit. Ganz wie im echten Leben ... und in der Politik!
Mehr über die Nibelungen
Glosse Donald Trump trifft Wagners „Ring“: Das Rheingold und der Reingefallene
Er grabscht nach schönen Frauen, ergaunert sich größte Schätze und gelangt so zur höchsten Macht. Sie denken da an einen ehemaligen US-Präsidenten? Infam! Doch zugegeben, eine gewisse Ähnlichkeit zwischen Donald Trump und Zwergenkönig Alberich in Wagners „Ring des Nibelungen“ lässt sich nicht verhehlen.
Rheingold im Tatort Schatzsuche am Rhein: Wo liegt der Hort der Nibelungen?
Mindestens so sagenhaft wie der „Schatz des Priamos“ und genauso unauffindbar wie das Bernsteinzimmer: Der Nibelungenhort beschäftigt Schatzsucher und Archäologen bis heute. Nun wird der Sagenschatz auch im neuen Ludwigshafen-Tatort zum Gegenstand der Ermittlungen von Odenthal und Stern. Wo soll der Schatz laut Sage liegen? Und was hat der 2013 gefundene Rülzheimer „Barbarenschatz“ damit zu tun?
Nibelungen-Festspiele 2023 Von der Walküre zur selbstbestimmten Heldin: Feministische Brynhild in Worms
Am 7. Juli starten die Nibelungen-Festspiele in Worms. Mit „Brynhild“ präsentieren Autorin Maria Milisavljević und Regisseurin Pınar Karabulut am Wormser Dom den alten Sagenstoff als feministische Empowerment-Erzählung aus der Perspektive der isländischen Kriegerkönigin. Dringend nötig, denn wie keine andere Figur der Erzählung wurde Brunhild zum Spielball unterschiedlichster Frauenbilder.