In Tom Tykwers neuem Film „Das Licht“ haben Tim Engels (Lars Eidinger) und seine Frau Milena (Nicolette Krebitz) in ihrer Ehe toxische Stagnation erreicht. Tim ist in seinem Beruf zu einer Art Anachronismus geworden, Milena ist in sinnlose und schwer finanzierbare Gutmenschenprojekte in Afrika verwickelt. Ihre siebzehnjährigen Zwillinge Frida und Jon haben sich von ihnen entfremdet. Mit ihrer neuen syrischen Haushaltshilfe Farrah (Tala Al-Deen) soll alles besser werden.
Blick in die Welt eines typischen Berlin-Mitte-Paar
Der Film „Das Licht“ erzählt die Geschichte von Tim und Milena, einem typischen Berlin-Mitte-Paar: Wohlsituiertes, linksliberales Bildungsbürgertum mit drei Kindern und relativ wenig finanziellen Sorgen. Aber mit den Lebenslügen und Konsumproblem und dem Selbsthass, der für heutige Wohlstandsgesellschaften typisch sind.
Doch plötzlich gerät ihre Welt ins Wanken durch Farrah, einer Psychotherapeutin aus Syrien, die vor dem Bürgerkrieg geflüchtet und in Berlin gelandet ist. Sie sucht Arbeit und wird Haushaltshilfe bei der Familie. Und ziemlich schnell werden dort auch ihre therapeutischen Fähigkeiten gebraucht.

Tom Tykwer kehrt mit einer Dramödie ins Kino zurück
„Das Licht“, der neue Film des deutschen Regiestars Tom Tykwer, der einst mit „Lola rennt“ Weltruhm erntete und seit fast zehn Jahren mit „Berlin Babylon“ Streaming-Serienerfolge feierte, ist eine Mischung aus Drama und Komödie: Ernste Probleme treffen auf heitere Situationen. Wobei die Probleme und die Esoterik überwiegen.
Das Ergebnis nach Filmende wirkt wie eine Volkshochschul-Version von Hans Küngs „Weltethos“, nichts Schlimmes oder gar Böses also, aber doch ein Humanismus-Eintopf, der mit der realen Welt unangenehm wenig zu tun hat. Stattdessen New-Age-Esoterik und Licht-Metaphorik. Eine Zauberlampe sorgt für magischen Irrealismus und soll verdecken, dass dieser Film leider nicht viel zu sagen hat, und vor allem auch nicht sehr gut beobachtet ist.
In der Tradition der Hollywood-Komödien von Ernst Lubitsch und Preston Sturges
Immerhin: In Tom Tykwers Berlin regnet es dauernd. Hier zeigt ein Regisseur diese Stadt endlich einmal ohne allen aufgesetzten Glamour, sondern genauso hässlich, kalt, und unwirtlich, wie sie in Wirklichkeit ist. Hier liegt ein großer Unterschied zum Sonnenschein- Berlin in „Lola rennt“ vor einem Vierteljahrhundert. Und am Ende erzählt der Film vor allem vom Klischee des Trosts durch Fremde: Farrah, die syrische Flüchtlingsfrau, wird nämlich zum Katalysator aller Probleme und kuriert die mega-narzisstische selbstgerechte Hipster-Familie sowie alle möglichen anderen Wohlstandsprobleme der Deutschen.
In der Ignoranz der Außenseiterperspektive der Syrerin Farrah steht Tykwers gutgelaunter Film durchaus in der Tradition der allerbesten Hollywood-Komödien von Ernst Lubitsch und Preston Sturges. Aber ihm fehlt die Bosheit der Erwähnten, der schwarze Humor und die subtile Ironie, mit der hier im alten Hollywood die Lebenslügen der Wohlstandsgesellschaften auseinandergenommen wurden.
Nicolette Krebitz überzeugt als Ehefrau und Mutter Milena
Was „Das Licht“ dann aber doch noch halbwegs erträglich macht, ist etwas anderes: Tom Tykwer íst nämlich einfach ein überdurchschnittlich guter Regisseur. Er hat wenigstens eine Handschrift und er ist nach wie vor unglaublich virtuos im Rückgriff auf handwerkliche Mittel und seine Art, Bilder zu gestalten. Nur Drehbücher sollte er nicht mehr schreiben.
Trotz allem überzeugt Nicolette Krebitz in der Rolle der Ehefrau und Mutter Milena und schafft es immer wieder, den papiernen Dialogen nicht nur Leben, sondern Wahrheit und Körperlichkeit einzuflößen. Das ist bewundernswert, denn Krebitz ist viel zu klug für das alles. Aber vielleicht hat sie ja gehofft, dass es wenigstens komisch wird.
„Das Licht“ ab 20.3. im Kino
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