Kein Hexenwerk!

Warum Zauberinnen so selten sind

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Autor/in
Leonie Berger
SWR Kultur Autorin Leonie Berger

Wir lassen uns gerne verzaubern. Vor allem, so scheint es, von eleganten Männern: David Copperfield, die Ehrlich Brothers oder Siegfried & Roy sind jedem ein Begriff. Und die Frauen? Es sind nicht viele Zauberinnen, die auf Bühnen ihre Magie versprühen, aber es gibt sie.

Alana
Alana ist die erste Frau, die vom Magischen Zirkel zur Magierin des Jahres gewählt wurde – nach 100 Jahren seines Bestehens.

Zaubern ist Handwerk: Übung macht den Zaubermeister!

Ob mit dem Zauberkasten, Internet-Videos oder an einer Zauberschule – Zaubern lernen kann man auf verschiedenen Wegen. Ein Ansprechpartner ist hierfür der Magische Zirkel von Deutschland, eine internationale Vereinigung der Zauberkünstler zur Pflege und Förderung der magischen Kunst.

Doch auch hier: Männer sind deutlich in der Überzahl. Eberhard Riese, Präsident des Magischen Zirkels, kennt das Phänomen. Das gebe es auch in anderen Kunstsparten, erzählt er, bei Jongleuren zum Beispiel. Von denen habe er die bislang plausibelste Erklärung für das Problem gehört.

Männer gehen zum Üben in den Hobbykeller

Männer beschäftigten sich in ihren Hobbys eher gerne allein, Frauen seien geselliger. Da ein Zauberer seine Handfertigkeiten lange zu Hause im Stillen üben müsse, sei es für Männer vielleicht attraktiver.

Ehrlich Brothers
Zauberer wie die Ehrlich Brothers sind weitläufig bekannt. Weibliche Stars gibt es in der Zauberkunst jedoch kaum. Woran liegt das?

Insgesamt aber kann man jedoch über die Ursachen für die geringe Frauenquote in der Zauberei nur spekulieren. Eberhard Riese gehört zum Ortszirkel Stuttgart. Dieser hat 103 Mitglieder, darunter immerhin fünf Frauen. Eine von ihnen ist Petra Fröschle alias Roxanne.

Sie hat mit dem Zauberkasten ihres Vaters angefangen. Ein paar Jahre später förderte der Leiter der Theater AG an ihrer Schule ihr Zaubertalent. Sein Name: Eberhard Riese. Eine ziemlich zauberhafte Geschichte: In dieser AG lernte sie auch ihren späteren Mann kennen, der heute unter dem Namen Topas ebenfalls als Zauberer arbeitet.

Zauberin in einer Männerwelt

Bald wollte Roxanne ihre eigene Show als Zauberin auf die Bühne bringen. Ihre Lieblingsprogramm hat sie gemeinsam mit Topas und Eberhard Riese entwickelt: „Miras Sternenreise“ ist ein Kindertheaterstück mit Zauberelementen, in dem sie sich als Alien auf die Suche nach ihrem kleinen Bruder macht.

Roxanne
In ihrem Programm „Miras Sternenreise“ verbindet Roxanne Kindertheater mit Zauberelementen.

Roxanne sieht es nicht als Nachteil, zu den wenigen Frauen im Zaubergeschäft zu gehören. Im Gegenteil: „Weil es so wenige Frauen gibt beim Zaubern, ist es noch ein weites Feld an Ideen, was man noch machen kann, was vielleicht besser zu einer Frau passt als zu einem Mann. Die Pfade sind noch nicht so ausgetreten.“

Ein Ballkleid bietet mehr Verstecke als ein Frack und auch ein belächelter Liebesbrief, den sie anschließend in Konfetti auflöst, ist bei einer Frau der bessere Effekt als bei einem Mann.

Zaubern erst als Beruf, dann als Hobby

Auch Alana sieht das so. Die Zauberei war für sie allerdings nichts Ungewöhnliches, denn auch ihr Vater war Zauberer. Ihren ersten Auftritt hatte sie mit fünf Jahren als seine Assistentin. Da musste jeder Handgriff sitzen.

Alana
Mit ihrer Show „In her hands” beweist Alana große Fingerfertigkeit.

„Bei mir war die Zauberei zuerst der Beruf und dann das Hobby“, sagt Alana. 2011 gewann sie als erste Frau die Deutsche Meisterschaft - der Weg dorthin bedeutete, sich selbst zu definieren, denn Vorbilder gab es ja so gut wie keine. Sie wollte feminin sein, charmant, etwas verrückt und verführerisch, aber ohne ihren Körper auszustellen. Das funktionierte: Alana ist die erste Frau, die vom Magischen Zirkel zur Magierin des Jahres gewählt wurde.

Oft nur eine Frau bei Zaubershows

Strukturen sind behäbig: Renate Knopf, heute Vizepräsidentin des Magischen Zirkels von Deutschland, erinnert sich noch an die 70er-Jahre, in denen Frauen im Ortszirkel Duisburg zunächst noch unerwünscht waren und bei Veranstaltungen für die Tischdekoration verantwortlich.

Auf ihrer Ehrenurkunde zur 15-jährigen Mitgliedschaft stand „Herr Renate Knopf“. Von wegen „Hex, Hex“: Auch in der Zauberei geht nichts von jetzt auf gleich. Noch heute ist es so, dass bei Zauber-Shows oft nur eine Frau gebucht wird. Ein Zauberer mit Kartentricks, einer mit Kisten, einer mit Tüchern – und eine Frau. Als ob Frauen keine unterschiedlichen Programme auf Lager hätten.  

Hans Klok
Die Zeiten, in denen Frauen als leicht bekleidete Assistentinnen nur Requisiten reichen oder sich gar zersägen lassen, sind lange vorbei. Doch auch bekannte Magier wie Hans Klok griffen lange darauf zurück.

„Ich sehe das nicht so binär getrennt“

Die Erfahrung, die einzige Frau in einer Zaubershow zu sein, hat auch Jaana Felicitas schon oft gemacht. Sie findet es schade, keine zweite weibliche Sicht auf die Dinge zu haben, sich nicht austauschen zu können. Aber im Allgemeinen kümmere sie sich nicht um die Trennung Mann-Frau: Es sind alles Zaubernde.

Sie habe auch kein Interesse daran, sich einen männlichen Assistenten zu suchen und zu zersägen. Jaana Felicitas ist studierte Bühnentänzerin und kam erst danach zur Zauberei.

Jaana Felicitas
Mit der Nummer „Floating Chair“ wurde Jaana Felicitas 2022 Deutsche Meisterin der Zauberkunst.

Tanz und Magie zu kombinieren, wurde zu ihrem Markenzeichen. Mit Erfolg: 2022 wurde sie Deutsche Zaubermeisterin, ausgezeichnet für ihre Nummer „Floating Chair“, in der sie mit einem schwebenden Stuhl tanzt.

Weibliche Zauberkunst?

Typisch weiblich sei das nicht, sagt sie, auch ein Mann könnte das machen. Aber wegen der wenigen Vorbilder seien Zauberinnen alle sehr individuell – weibliche Zauberkunst werde sich wohl erst im Lauf der Zeit herausbilden. Wenn man das überhaupt so definieren kann. 

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