Lisa Eckhart hat sich einen Namen als scharfzüngige Kabarettistin gemacht - nun legt die umstrittene Künstlerin ihren Debütroman vor: eine düster funkelnde Satire aufs Dorfleben der Nachkriegszeit, das sich in ihrer Schilderung allen gängigen Bildern entzieht.
Zünftig geht es in Lisa Eckharts Debütoman zu, zeitweise sogar brunftig. Das mag zuerst überraschen, beginnt ihr Roman doch 1945 als ganz Österreich von den Alliierten besetzt ist. In dem kleinen Dörfchen in der Obersteiermark geht’s allerdings keinesfalls so grau und trostlos zu, wie man es in der jüngsten Nachkriegszeit erwarten würde.
Ganz im Gegenteil, Eckhart zeigt in den ersten beiden Teilen von „Omama“ eine Provinz, die vom Krieg weitestgehend verschont wurde und dessen Schrecken den Einwohnern damit herzlich egal sind.
Oma Helgas bissig ausgeschmückte Lebensgeschichte
Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist ihre Oma Helga. Deren Erinnerungen hat die Autorin, wie sie frei zugibt, à la Goethes Autobiographie „Dichtung und Wahrheit“, hier und da eifrig ausgeschmückt.
Das Schicksal meint es anfangs nicht allzu gut mit der noch naiven Helga. Um eine Schuld ihres nichtsnutzigen Vaters zu begleichen, soll sie den betagten Dorfwirt heiraten. Es kommt aber anders.
Die Wilden: das sind die Dorfbewohner.
Eckhart nimmt kein Blatt vor den Mund, sondern lässt alte Sterotypen munter wiederaufleben. Da gebe es den Dorfdeppen, die besagte Dorfmatratze, den Schönling und den Trinker. Über diese zerreißen sich die Dorfbewohner eindrücklich die Mäuler und das tun sie im breitesten österreichischen Dialekt.
Nicht nur das bereitet einigen Spaß beim Lesen, auch Eckharts Spitzfindigkeiten über die Provinz, die durchaus gemein – dabei aber immer kabarettistisch entlarvend sind, lassen einen beim Lesen laut lachen.
Hochkultur und Stammtischparolen treffen hier krachend aufeinander. Und natürlich bekommen auch die Städter ihr Fett weg.
In Textpassagen wie diesen zeigt Eckhart, dass es ihr nicht reicht, den spitzen Finger in die Wunde zu legen – oh nein – genüsslich möchte man schon sagen, pult sie darin herum und freut sich diebisch, wenn es eine schöne Sauerei der Entrüstung gibt.
Im dritten Teil wird’s dann etwas versöhnlicher – könnte man meinen, denn Eckhart reiht hier hübsch drapierte Anekdoten aus dem gemeinsamen Leben mit ihrer Großmama aneinander. Dabei wird Helga aber nicht zur Heiligen stilisiert. 1989 hat sie sich als Schmugglerin hervorgetan, danach ging sie hausieren und später schnüffelte sie dann beim Putzen die Häuser der Nachbarschaft aus.
Im fortgeschrittenen Alter geht’s dann mit der Enkelin auf Kreuzfahrt. Dort umgarnen beide unverhohlen ein und denselben Offizier.
Soweit kommt es nicht. Aber so viel sei verraten – die Großmutter ist durchaus wehrhaft, auch wenn man ihr das nicht unbedingt ansieht.
Der Apfel fällt also nicht weit vom Stamm. Eckhart hat einen nicht nur sprachlich anspruchsvollen Roman über Menschliches, Allzumenschliches vorgelegt. Dabei legt sie gewohnt sarkastisch keinen Wert auf Political Correctness. Freimütig greift sie in die Klischeekiste, wenn sie etwa über „die Russen“, „die Juden“ oder „die Deitschen“ referiert.
Jedoch hat das herzlich wenig mit Antisemitismus und Rassismus zu tun. Vielmehr entlarvt sie damit gängige Vorurteile, die noch immer in uns gären.
Für zarte Gemüter ist der Roman daher eher nichts. Ein Fall für die Zensur aber umso weniger, denn Leserinnen und Leser die eine gehörige Portion Satire vertragen und Lust daran haben, sich mit den eigenen Abgründen zu beschäftigen, finden in Eckharts „Omama“ ein wahres Lesevergnügen, gerade weil ihnen hier und da das Lachen im Halse stecken bleiben wird.