Mehrfach ist unser Kollege Christoph Schröder an Thomas Manns „Doktor Faustus“ gescheitert. Nun gibt er sich und dem Buch eine neue Chance - in der Hörbuchfassung des legendären Gert Westphal.
Rund um Thomas Mann gibt es derzeit viele Jubiläen: „Der Zauberberg“, sein wohl bedeutendster Roman, ist vor exakt 100 Jahren erschienen. Und am 6. Juni 2025 gilt es dann, den 150. Geburtstag des Zauberers und Literatur-Nobelpreisträgers zu feiern.
Ich muss gleich zwei Geständnisse machen. Erstens: Ich habe die klassische bundesdeutsche Thomas-Mann-Bildungskarriere durchlaufen. Mein Deutschlehrer verehrte Thomas Mann und ließ uns, Lehrplan hin oder her, sämtliche Erzählungen lesen.
Und an der Universität geriet ich dann an den im Februar verstorbenen Germanisten Hermann Kurzke. Zwei enthusiastische Mann-Leser und Lehrer, deren Begeisterung auf mich abgefärbt hat. Geständnis Nummer zwei: Am „Doktor Faustus“ bin ich krachend gescheitert.
Manns 1947 publizierter Roman über den Tonsetzer Adrian Leverkühn hat mich von jeher abgestoßen, von den ersten Zeilen an. Der komplizierte Satzbau, dieses hochtrabende Anheben, all die „Bewandtnisse“ und „Gegenwärtigungen“, der schwere deutsche Stoff – all das erschien mir fast wie eine unfreiwillige Selbstparodie eines großen Autors, ähnlich wie Thomas Bernhards letzter, vollkommen überschätzter Roman „Auslöschung“.
Jetzt versuche ich es noch einmal mit dem „Doktor Faustus“: Der Audio Verlag hat Gert Westphals Lesungen der großen Romane Thomas Manns in einer Jubiläumsausgabe auf den Markt gebracht.
Entstanden sind die Aufnahmen zwischen 1963 und 1993. Westphals intime Textkenntnis und sein feines Gespür für das Timing werden mir diesen Text nun endlich aufschließen. Hoffentlich.
So werde ich in den Herbst und durch den Winter gehen, beim Autofahren, Geschirrspülen und im Fitness-Studio: Mit Gert Westphals Stimme im Ohr.
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