SWR Bestenliste erstmals in Ladenburg!
Über drei extreme Frauenfiguren, vermeintlich blässliche Männercharaktere und einen Videofilm versessenen Erzähler sprachen die Jury-Mitglieder Sandra Kegel, Dirk Knipphals und Christoph Schröder.
Die erstmals in Ladenburg aufgezeichnete Diskussion der SWR Bestenliste verlief vor allem bei zwei Büchern kontrovers: Uneins war die Runde beim neuen Roman von Nora Bossong und der Frage, worum es in „Reichskanzlerplatz“ überhaupt geht und welche Figur im Mittelpunkt der Geschichte steht: Die Frau, aus der Magda Goebbels wurde? Oder doch der schwer zu fassende Ich-Erzähler, ein ministerialer Mitläufer im NS-Reich?
Zukunft der Literatur?
Außerdem entzündete sich bei David Wagners biografischem Portrait „Verkin“ die Diskussion, ob es sich dabei überhaupt um einen Roman handelt oder nicht. Dirk Knipphals, der die taz-Kultur leitet, sieht in Wagners Darstellung komplizierter Figuren die „Zukunft der Literatur“, während Sandra Kegel, Chefin des FAZ-Feuilletons, dramaturgische Schwächen in dem Text sieht, weil die „übergriffige“ Titelfigur das gesamte Textgeschehen dominiere, indem sie ohne Widerspruch zu viele und zu überdrehte Anekdoten erzähle.
Einhelliges Lob für „Videotime“
Unter der Leitung von SWR-Literaturredakteur Carsten Otte lobte die Runde in der ausverkauften Ladenburger Zehntscheune außerdem die verstörenden Wendungen in dem Agrarepos „Brennende Felder“ von Reinhard Kaiser-Mühlecker sowie den unheimlichen Familienroman „Videotime“ von Roman Ehrlich. Christoph Schröder, freier Literaturkritiker unter anderem für den Deutschlandfunk, lobte das Ehrlichs Werk als eine formal wie inhaltliche gelungene Vatersuche und Erinnerungsarbeit, die sich mit der Gewaltgeschichte der alten Bundesrepublik beschäftigt.
Aus den vorgestellten Büchern lasen Isabelle Demey und Johannes Wördemann.
Über diese Bücher wurde diskutiert
Literatur SWR Bestenliste Dezember
Die SWR Bestenliste empfiehlt seit über 40 Jahren verlässlich monatlich zehn lesenswerte Bücher, unabhängig von Bestsellerlisten. Nicht die Bücher, die am häufigsten verkauft werden, bestimmen die Liste, sondern eine Jury, bestehend aus 30 namhaften LiteraturkritikerInnen, wählt die Bücher aus, denen sie möglichst viele LeserInnen wünscht.