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Roman Ehrlich: Videotime

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Der 1983 geborene Schriftsteller Roman Ehrlich hat sich in all seinen Büchern als ein Autor gezeigt, dessen Geschichten immer eine Spur neben der Realität liegen. Daraus ziehen sie ihren Reiz und auch ihre Irritationen. „Videotime“ hieß die Videothek in der bayerischen Kleinstadt, in der der Ich-Erzähler aufgewachsen ist.

Dorthin fuhr der Vater in den 1990er-Jahren mit seinen Kindern regelmäßig, um Videokassetten auszuleihen. Mit einem für damalige Verhältnisse großen technischen Aufwand kopierte der Vater die Filme auf Leerkassetten und baute sich im Keller ein illegales Raubkopienarchiv auf, gesichert durch ein Zahlenschloss, dessen Kombination der Erzähler und sein älterer Bruder selbstverständlich herausgefunden hatten.

Das Buch hat drei Erzählebenen: In der Gegenwart kehrt der erwachsene Ich-Erzähler in seine Heimatstadt zurück, um nach seinem kranken Vater zu sehen. Die zweite Ebene sind die Erinnerungsschübe, die verschiedene Orte in ihm auslösen.

Die dritte Erzählebene ist die präzise und auch ausführliche Beschreibung von Filmen, die der Junge einst gesehen hat. All das verschwimmt auf unheimliche Weise miteinander. So wird eine bundesdeutsche Vater-Mutter-zwei Söhne Kindheit in ein dämonisches Licht getaucht.

Buchkritik Die Videothek als Sehnsuchtsort: Roman Ehrlich – Videotime

Roman Ehrlichs brillianter Roman „Videotime“ erzählt von Prägungen, der Macht der Fiktion und der Konstruktion von Erinnerung. Eine Rezension von Christoph Schröder

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