
Wahlprogramme zur Kultur: Wie Parteien wirklich ticken
- CDU/CSU: Die Aufgebrezelten
- SPD: Die Kreativen
- Grüne: Die Biotopisten
- FDP: Die Profitorientierten
- Die Linke: Die Kümmerer
- AfD: Die Weisen aus dem Abendland
- BSW: Die Hastigen
CDU/CSU: Die Aufgebrezelten

Kultur ist was Tolles. Vor allem als Aushängeschild. Alles soll glänzen: die auswärtige Kulturpolitik, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die Kulturstiftung des Bundes.
Auch der Evergreen von Friedrich Merz ist zurück: die „Leitkultur“. Kultur als Common Sense, wie alle angeblich leben wollen. Den müsse man gegen Herausforderungen verteidigen.
Die Union wünscht sich eine florierende Film- und Games-Industrie. Fördern will man Sponsoring und Mäzene. KI sehen CDU und CSU vor allem als wirtschaftliche Chance.
Doch wie kommen die Leute klar, die im Kultursektor arbeiten? Wie steht es um Existenzsicherung der Kunstschaffenden und Urheberrechtsfragen? Beleuchtet bleibt eher die Fassade.
SPD: Die Kreativen

Ein brodelnder Vulkan, der Gutes für die Gesellschaft hervorbringt: So wünschen sich Sozialdemokraten die Kultur. Sie soll helfen, „unser gegenwärtiges Leben zu reflektieren und uns ein besseres vorzustellen“.
Damit es weiter brodelt, sollen Kulturangebote gut erkennbar und unabhängig bleiben. Die SPD verlangt transparente Vergütungsmodelle für den digitalen Musikmarkt. KI-generierte Inhalte sollen deutlicher gekennzeichnet werden. Die versprochene Reform der Filmförderung möchte man um eine Investitionsverpflichtung für internationale Streaming-Plattformen ergänzen.
Die Ausweisung von „Kulturschutzgebieten“ soll Clubs vor der Verdrängung schützen, die KSK besser auf Lebensbedingungen in der Kunstbranche abgestimmt werden.
Grüne: Die Biotopisten

Ist das noch Kultur – oder schon Aktivismus? Mit ihren „diversen“ Ausdrucksformen schütze Kultur die Gesellschaft vor antidemokratischen Bewegungen. In diesem Biber-Biotop werden Dämme gegen den Rechtspopulismus errichtet.
Viele grüne Pläne lesen sich dabei ähnlich wie jene der SPD: Mehr Transparenz bei der KI. Urheber sollen ihre Rechte und Vergütungsansprüche durchsetzen können. Die Reform der Filmförderung wird einer Investitionsverpflichtung der Streaming-Anbieter gekoppelt.
Neben umfassender Förderung von Games wollen Grüne auch kleine Verlage besser schützen. Ebenso Clubs durch Änderungen beim Lärmschutz und Bau- und Gewerbemietrecht. Von der Kulturförderung des Bundes sollen freie Szene und Popkultur stärker profitieren als bislang.
FDP: Die Profitorientierten

Mach dein crazy Ding, sagt die FDP. „Kultur inspiriert liberale Debattenkultur und ist Ausdruck gelebter Individualität.“ Aber was heißt das? Ist Kultur vor allem individuelle Selbstbespiegelung?
Gesellschaftliche Bedeutung hat Kultur für die FDP vor allem als Teil der Schulbildung: Die Freien Demokraten wollen verpflichtende Schulbesuche in Holocaust- und DDR-Gedenkstätten, wollen außerdem das deutsch-israelische Jugendwerk fördern.
Sobald es ums Geldverdienen geht, sind Kultur- und Kreativwirtschaft vor allem eines: wichtige Wirtschaftszweige. Der neue (und profitable) Mainstream sei die Popkultur. Dazu gehörten Design, Comics und Games.
Die Linke: Die Kümmerer

Undank ist der Welt Lohn: Auch wo Kultur ist, werden Menschen ungerecht behandelt. Aber keine Sorge: Darum kümmert sich Die Linke. Paritätisch besetzte Gremien und Jurys sollen sicherstellen, dass im Kultursektor Vielfalt und Sensibilität für Diskriminierungen herrscht.
Klare rechtliche Regelungen verlangt Die Linke außerdem für die Rückgabe unrechtmäßig erworbener Kulturgüter in Museen und Bibliotheken. Deren Herkunftsgeschichte müsse mit öffentlichen Mitteln erforscht werden.
Für die Filmförderung wünscht sich Die Linke einen Diversitätsbeirat und einen Bestandsschutz für Produktionsräume und Atelierhäuser. Für die Honorierung freier Kunst- und Kulturarbeit müsse es verbindliche Basishonorare geben.
AfD: Die Weisen aus dem Abendland

Kultur ist dort, wo die AfD sie entdeckt. Nirgendwo sonst. „Leitkultur“ heißt hier bombastisch alles irgendwie Abendländische: die gesammelten „Werte“ des Christentums, der Antike, des Humanismus und der Aufklärung, deutsche Sprache, Bräuche und Traditionen.
Wer nicht in diese kulturgeschichtliche Sammelstelle passt, darf sich der Ressentiments der Blauen sicher sein. „Multi-Kultur“ sei „Nicht-Kultur“, glaubt die AfD. Und ignoriert damit, dass sich Kulturen immer schon gegenseitig beeinflusst und bereichert haben.
Kulturinstitutionen tragen das deutsche Licht in die Welt. Deutsche Filme werden schnell wieder groß, wenn von Gender oder Klimaschutz darin keine Rede mehr ist. Die Erinnerungskultur soll wieder an die „Höhepunkte“ deutscher Geschichte erinnern. Die „Verteufelung“ des „weißen Mannes“ müsse ein Ende haben.
BSW: Die Hastigen

Kultur ist schön – wenn man nur endlich davon etwas abbekommen würde. Immer scheint da irgendwer zu sein, der das verhindert. Zum Beispiel der ÖRR, findet das Bündnis Sahra Wagenknecht. Die Regierungsferne des Rundfunks möchte das Bündnis von einer Enquete-Kommission untersuchen lassen.
Insgesamt ist das BSW-Programm eher mit hastiger Hand geschrieben. Man wünscht sich langfristig ausgerichtete „Schutzinstrumente für Kunst- und Kulturschaffende vor unverschuldeten Verdienstausfällen“ – was auch immer das sein mag.
Immerhin, eine bessere soziale Absicherung von freischaffenden Künstlern sei erforderlich, eine Schutz vor Arbeitslosigkeit und Altersarmut. Wer hätte das gedacht?
Ist Kultur nur da, um ein nationales Selbstbild zu polieren?
Fazit: Die Wahlprogramme der Parteien zur Kultur sortieren sich nach simplen Fragen. Auch Sympathiepunkte lassen sich entsprechend verteilen.
Brauchen wir Kultur zur gesellschaftlichen Verständigung? Oder ist sie vor allem Wirtschaftsfaktor? Oder dient sie nur dazu, ein nationales Selbstbild zu polieren? Wer sich hier bei einer Partei zu Hause fühlt, hat vermutlich die richtige Partei für sich gefunden.