Die Mainzer Kunsthalle startet nach einer Umbauphase mit einer Doppel-Ausstellung in die neue Saison. Den Auftakt 2024 machen die niederländische Künstlerin Melanie Bonajo und der Balmoral-Stipendiat Philipp Gufler mit seiner Schau „Dis/Identification“.
Queerer Aktivist und Künstler
Philipp Gufler ist queerer Aktivist und Künstler. Im Rahmen der Ausstellung „Schule der Liebenden“ in der Kunsthalle Mainz zeigt er seine bisher größte Einzelausstellung: „Dis/Identification“. In der Schau befasst sich Gufler mit der Geschichte queeren Lebens und den Bildern, die davon gezeichnet werden.
Seine Ausdrucksmittel sind Videoinstallationen und Siebdrucke auf Stoff, Spiegeln und Papier. Darin enthalten: jede Menge Referenzen zu Popkultur und Kunstgeschichte, aber auch die Würdigung bedeutender Menschen, Bewegungen und Orte der queeren Bewegung.
Rolemodel Lana Kaiser aka Dabiel Küblböck
Auf einem Flachbildfernseher tanzt in grobkörniger Bildqualität die Sängerin Lana Kaiser über eine Konzertbühne. Vielen eher bekannt unter ihrem Geburtsnamen Daniel Küblböck und der Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“. Die Archivszenen blenden über in eine Tanzperformance von Künstler Philipp Gufler, der im Kleid und mit einem roten Schaltuch die Bewegungen aufgreift. Lana Kaiser war für ihn in seiner Jugend ein wichtiges Rolemodel.
Großer Bogen der Geschichte queeren Lebens
In der Ausstellung spannt Philipp Gufler einen Bogen von der Weimarer Republik bis heute und stellt ikonische Personen der queeren Bewegung vor. So zum Beispiel Karl Heinrich Ulrichs, Jurist im 19. Jahrhundert und einer der ersten bekannten Vorkämpfer für die Entkriminalisierung gleichgeschlechtlicher Liebe. Dessen gelesene Texte treffen in einer Videoinstallation auf Aufnahmen des Künstlers, wie er mit entblößtem Körper auf einer gekachelten Plattform liegt und von einem fortlaufenden Wasserstrahl getroffen wird.
Die kommissarische Leiterin der Mainzer Kunsthalle Yasmin Afshar hat Philipp Gufler eingeladen. Sie ist begeistert von seiner Arbeit und von seiner persönlichen Präsenz in der eigenen Kunst und davon, dass er andere Menschen darin aufscheinen lässt:
Eindrucksvoll ist auch die Installation Body/Text, die wie ein Rundbild in der Ausstellungshalle von der Decke hängt und aus 180 Siebdrucken von androgynen Körperumrissen und Texten besteht. Mit dieser Installation bezieht sich Philipp Gufler auf ein historisches Gemälde aus den 20er-Jahren von Elisar von Kupffer, das 84 nicht-binäre Menschen darstellt.
Sinnlicher statt belehrender Zugang
Philipp Guflers thematisiert in seiner Kunst ganz offen die eigene queere Identität. Dabei wählt er eher einen sinnlichen als einen belehrenden Zugang. Wer sich auf die teils schrillen Videos und Siebdrucke einlässt, kommt dem Künstler ziemlich nah – und erfährt einiges über queeres Leben im Deutschland der letzten 150 Jahre.
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