„When We See Us“ ist eine Ausstellung der besonderen Art im Kunstmuseum Basel, denn sie will einen umfassenden Überblick über die panafrikanische Malerei der vergangenen 100 Jahre bieten. „Black Joy“, Schwarze Freude solle dabei im Mittelpunkt stehen, sagt Maja Wismer, Leiterin des Bereichs Gegenwartskunst in Basel.
Basler Ausstellung feiert Schwarze Geschichte und Kunst
Ein Bild des kongolesische Künstlers Chéri Cherin eröffnet die aktuelle Ausstellung im Kunstmuseum Basel. Es zeigt den noch jugendlichen Präsidenten Barack Obama und seine lächelnde Frau, umrahmt von Freiheitsstatue, Nelson Mandela, Martin Luther King und jubelnden Menschen.
Zuerst war die Ausstellung ein Riesenerfolg am Zeitz Museum of Contemporary Art Africa in Kapstadt. Maja Wismer, Leiterin des Bereichs Gegenwartskunst in Basel, hat sie für das Kunstmuseum adaptiert. Und dieser Ansatz, Schwarze Geschichte und Kunst zu feiern, begleitet die Besucher auf jedem Schritt durch die vier Stockwerke. Allein schon wegen der Musik, die jeden Raum thematisch passend bespielt.
Ungleichheit mit Selbstermächtigung begegnen
Besonders eindrücklich zeigt sich das in einem Bild der britischen Künstlerin Esiri Erheriene-Essi, das den südafrikanischen Anti-Apartheid-Kämpfer Steve Biko bei seiner Geburtstagsfeier zeigt. Gemalt nach einem Foto, blicken lachende junge Menschen die Betrachtenden an. Die zentrale Figur trägt eine Torte mit brennenden Kerzen.
Biko starb 1977, gefoltert durch das Apartheidsregime. „Ich glaube, das ist im Nukleus, worum es in dieser Ausstellung geht“, meint Maja Wismer. „Trotz viel Kraft, die es immer noch braucht, die Ungleichheiten mit einem positiven, selbstermächtigenden Gefühl anzugehen.“
Zeitstrahl skizziert die Wegmarken afrikanischer Diaspora
Für die beiden Kuratorinnen ist die Ausstellung aber noch mehr, nämlich der Auftakt einer intensiven Forschungsarbeit zu Schwarzer Kunstgeschichte und Bildtraditionen. Einen kleinen Eindruck von dieser enormen Recherche bietet ein Zeitstrahl mit künstlerischen, politischen und sozialen Wegmarken der afrikanischen Diaspora der vergangenen 150 Jahre.
Die Ausstellung selbst ist in sechs Kapitel gegliedert, unter anderem Triumph und Emanzipation, Alltag oder Spiritualität.
Und so kommt es, dass der aktuelle britisch-kenianische Superstar Michael Armitage hier mit seinem „Steinorakel“ neben einem realistischen Aquarell des bereits verstorbenen Gerard Bhengu aus Südafrika hängt – weil sich beide mit Spiritualität beschäftigen. Was durchaus die Gefahr birgt, beliebig oder vereinheitlichend zu wirken.
Im deutschsprachigen Raum bisher so noch nicht zu sehen
„Das sind temporäre Nachbarschaften, die so entstanden sind“, erklärt Wismer. Manches Werk wirkt in dieser Auswahl künstlerisch etwas schlicht und deplatziert neben den vielen großartigen Bildern. Aber „When We See Us“ verschiebt den Ausgangspunkt des Betrachtens in Richtung Afrika und ist damit eine Kunstgeografie, die im deutschsprachigen Raum so noch nicht zu sehen war.
Für die Kuratorinnen, sagt Maja Wismer, ist das Panafrikanismus: „Südafrika ist ein afrikanisches Land, Brasilien auch, die USA auch. Überall, wo es eine Diaspora gibt, die auch kulturelle Vermächtnisse hinterlassen hat, ist auch Afrika.“
Mehr Beiträge über Schwarze Kultur
Gespräch Black History Month: Schwarze Geschichte in Deutschland immer noch unbekannt
In den USA und in Kanada wird im Februar – dem „Black History Month“ – Geschichte und Kultur der afroamerikanischen Bevölkerung in den Fokus gerückt. Auch in Deutschland wächst die Wahrnehmung der Geschichte Schwarzer Menschen: „Die Anerkennung Schwarzer deutscher Geschichte ist ein wichtiger Schritt, um ein umfassendes Verständnis unserer Vergangenheit zu erreichen“, sagt die Autorin und Aktivistin Jasmina Kuhnke im SWR2 Gespräch.
Serie Zwischen Drama und Black Panther-Thriller : „The Big Cigar"
Huey Newton war eine schillernde Figur der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, der viele Menschen für sich einnehmen konnte. So auch den Hollywoodproduzenten Bert Schneider, der Newton Mitte der 1970er Jahre zur Flucht nach Kuba verhalf. Ein spektakulärer Stoff, der verfilmt werden musste.
Buchkritik | Corona-Bibliothek Mehr als eine schwarze Bridget Jones – „Queenie“ von Candice Carty-Williams
Queenie ist eine junge Frau, Single, lebt in London und fällt doch auf: Denn sie ist schwarz. Für Leser*innen, die bisher keinen Rassismus erlebt haben, ist Queenies Alltag, wie er im Roman beschrieben wird, augenöffnend. Für Menschen, die alles oder Teile davon kennen, kann Queenie die literarische Heldin sein, die es bisher zu selten gab.
Buchkritik Teju Cole – Black Paper. Schreiben in dunkler Zeit
Der US-amerikanische Schriftsteller Teju Cole will unsere Sinne schärfen. In dem faszinierenden Essayband „Black Paper. Schreiben in dunkler Zeit“ befragt er Literatur, Malerei und Musik danach, was sie über die dunklen Seiten des Lebens wissen.
Rezension von Holger Heimann.
Aus dem amerikanischen Englisch von Anna Jäger und Uta Strätling
Claassen Verlag, 320 Seiten, 24 Euro
ISBN 978-3-54610-064-9
Gespräch Rassismuskritisch leben lernen – Tupoka Ogette über ihre Erfahrungen als Trainerin für Antirassismus
Tupoka Ogette wurde als Kind in Deutschland rassistisch diskriminiert, bevor sie Worte dafür hatte. Als ihre Kinder ähnliches erlebten, begann sie in Trainings aufzuklären und ist heute eine der einflussreichsten Beraterinnen für Antirassismus.