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Meisterfilmer trifft Großkünstler: Wim Wenders porträtiert Anselm Kiefer

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Autor/in
Rüdiger Suchsland

Ein poetischer Blick des Regisseurs Wim Wenders auf seinen Freund, den Künstler Anselm Kiefer. In einer Mischung aus Spielhandlung, historischen Fernsehaufzeichnungen und Interview-Sequenzen vermittelt der Film einen schlaglichthaften, allerdings auch völlig unkritischen Blick auf Kiefers Werke und Gedanken.

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Eintauchen in die monumentale Kiefer-Welt

Wie wenige andere hat Anselm Kiefer seit den 1960er-Jahren eine monumentale Welt erschaffen, die sich auf riesigen Leinwänden oder wie im südfranzösischen Barjac in Gestalt einer 40 Hektar großen Installation ständig weiterentwickelt und dabei immer wieder auf die deutsche Geschichte, auf antike Mythen oder die Gedichte von Paul Celan und Ingeborg Bachmann rekurriert. Der Regisseur Wim Wenders widmet Kiefer mit „Anselm – Das Rauschen der Zeit“ eine filmische Hommage. 

 

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Wim Wenders Kinoduku lässt die Zuschauer tief in das Werk Anselm Kiefers eintauchen. Bild in Detailansicht öffnen
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Der Film gewährt uns Einblicke in Atelier und Arbeit Anselm Kiefers, wie man sie sonst nie sehen könnte. Bild in Detailansicht öffnen
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Der Film erforscht Kiefers Faszination für Mythologie und Geschichte. Bild in Detailansicht öffnen
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Auf drei filmischen Ebenen werden Vergangenheit und Zukunft ineinander verwoben und die Grenze zwischen Film und Gemälden fließend gemacht. Bild in Detailansicht öffnen
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Mit dem über einen Zeitraum von zwei Jahren entstandenen Film in 3D-Qualität drehte Wim Wenders das Porträt eines der größten zeitgenössischen Künstler. Bild in Detailansicht öffnen
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„Was wünsche ich mir für das Publikum von „Anselm“? Dass es Kategorien, Haltungen und alle vorgefertigten Meinungen darüber, was Kunst sein oder erreichen kann, hinter sich lässt und so ohne „Vor-Bild“ oder „Vor-Urteil“ die unglaubliche Vielfalt dieses deutschen Romantikers, Dichters, Denkers und Visionärs Anselm Kiefer in sich aufnehmen kann.“ (Wim Wenders) Bild in Detailansicht öffnen

Mit dem Gabelstabler durchs Atelier

Man sieht Kiefer in seinem Atelier mit dem Gabelstapler durch sein riesiges Atelier fahren, er wuchtet mit Kränen Teile seiner Plastiken. Zugleich spiegeln sich in Wenders Film Kiefers Biografie und die Werkgeschichte des Künstlers gegenseitig. Wenders zeigt den Protagonisten in Reenactment-Spielszenen in drei Gestalten als Kind, als Heranwachsenden und als nicht mehr ganz jungen Mann.

Die wenigen Sätze, die der Maler persönlich zu dem Film beisteuert, heben auf seine zentrale existentialistische Einsicht ab, dass das Sein und das Nichts untrennbar miteinander verbunden sind. Den Abgrund in allem, so Kiefer, wollen die Menschen aber tunlichst nicht wahrhaben.

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In Kiefers Kunst hausen Geister

Ähnlich wie in „Pina“ über Pina Bausch gelingt Wim Wenders mit „Anselm“ ein singulärer Film, der Kiefers monumentale Kunst im filmischen Medium eine Bühne bietet. Geflüsterte Gedichte von Paul Celan, Prosa von Ingeborg Bachmann deren Sprache oder gar Inhalt man kaum versteht, sind deren adäquate Entsprechung.

Es sind Geister, die in Kiefers Kunst hausen, die in Satzfragmenten immer wieder auch aus seinen Werken hervortreten. Wenders macht gern Filme über seine Freunde und so ist auch dies ein Dokumentarfilm, der durch freundschaftlich anmutende Nähe geprägt ist. Beide kennen sich offenbar schon lange, und wollten immer mal etwas „zusammen machen“. 

Zwei Großmeister unter sich

Die Kunst Kiefers ist faszinierend – aber ist es auch die Kunst von Wim Wenders? Die Frage stellt sich, weil Wenders in ein paar Momenten selbst zum Vergleich anhebt.

Aber so abstrakt und so radikal wie Kiefer in fast jedem seiner Werke ist, war Wenders selbst zu seinen besten Zeiten nicht. Großartig allerdings ist die Rekonstruktion von Kiefers Werk und deren Wurzeln in der Kultur- und Mythengeschichte Deutschlands, ebenso wie die Rekonstruktion der Erfahrungen einer ganzen Generation.

„Anselm-Das Rauschen der Zeit“ von Wim Wenders, ab 12.10. im Kino

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