Das Regiedebüt von Paola Cortellesi ist Italiens meistgesehener Film 2023. Er spielt im Rom der Nachkriegszeit und ist in der Film-Ästhetik des legendären italienischen Autorenkinos gedreht. Cortellesi spielt auch die Hauptrolle: eine Frau zwischen Aufbruch und Tradition in einer Macho-Gesellschaft.
Ehefrau und Mutter: die Rolle der italienische Frau vor 80 Jahren
Delia ist Ehefrau und Mutter von drei Kindern. Das sind die Rollen, die sie definieren, denn wir befinden uns im Italien der Nachkriegszeit, in der zweiten Hälfte der 1940er-Jahre. Die ganz normale Familie lebt in einem Rom, das zwischen dem positiven Schub der Befreiung und dem Elend des Krieges zerrissen ist. Ihr Mann Ivano ist der oberste Chef und Herr der Familie, er arbeitet hart, um das wenige Geld nach Hause zu bringen.
Dem häuslichen Elend durch Heirat entkommen
Respekt hat er nicht vor seiner Frau, sondern nur vor seinem Vater Ottorino, einem zänkischen und despotischen alten Mann, für den Schwiegertochter Delia vor allem die ideale Pflegerin ist. Delias einziger Trost ist ihre Freundin Marisa, mit der sie Momente der Heiterkeit und ein paar intime Vertraulichkeiten teilt. Es ist Frühling, und die ganze Familie ist in Aufruhr wegen der bevorstehenden Verlobung der geliebten ältesten Tochter Marcella, die ihrerseits nur darauf hofft, schnell Giulio, einen netten Jungen aus der Mittelschicht, zu heiraten und endlich ihr unangenehmes Zuhause loszuwerden.
Gelungene Hommage an Italiens neorealistisches Kino
Hauptdarstellerin Paola Cortellesi ist mit einer langen Fernseh-Karriere und über 30 Filmen auch Drehbuchautorin und Regisseurin dieses One-Woman-Projekts, das ihr Regiedebüt ist. Ihr Film ist eine sehr gelungene Hommage an das neorealistische Kino im Italien nach dem Zweiten Weltkrieg.
Der Film ist deshalb auch in eindrucksvollem Schwarz-Weiß gedreht. Cortellesi lässt uns in ein Rom des Jahres 1946 eintauchen, das wie der Rest Italiens arm und zerstört ist. Der Film weist einige interessante erzählerische Kunstgriffe auf. Vor allem wird die körperliche Gewalt, die Delia von ihrem Ehemann Ivano häufig angetan wird, nicht gezeigt.
Stark patriachalisch geprägtes Frauenbild
Der Film macht deutlich, dass ganze Generationen mit der Idee aufgewachsen sind, dass Frauen Eigentum sind, ihre Emanzipation ist gleichbedeutend mit mangelndem Respekt vor dem Mann. Als wäre das nicht genug, wird auch noch vermittelt, dass es ein Zeichen von Männlichkeit ist, wenn man gelegentlich die Hände gegen die Partnerin erhebt, und dass Eifersucht und Besitzgier Ausdruck von Liebe sind.
Ein schöner und wütender Film von Paola Cortellesi
„Morgen ist auch noch ein Tag" ist eine gelungene Mischung aus Drama und Komödie, die Ironie von Cortellesi als Schauspielerin verleiht selbst den schwierigsten Szenen, wie Delias ständiger Demütigung durch ihren kleinlichen und überheblichen Ehemann, eine unterschwellige Leichtigkeit. Es ist diese Leichtigkeit, diese subtile, aber spürbare Sehnsucht nach einem besseren Morgen, nach einem anderen Morgen, die den Film über die reine Unterhaltung hinaushebt. Ein ebenso schöner und bizarr-komischer, wie wütender Film.
Trailer „Morgen ist auch noch ein Tag“, ab 4.4. im Kino
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