Friedemann Berg und Franziska Tobler, die beiden Ermittler im Schwarzwald-Tatort, werden im neuen Fall vor eine ziemliche Herausforderung gestellt: Sie müssen nicht nur ein tatverdächtiges Paar finden, das sich im Wald versteckt hat, sondern auch eine aufgebrachte Menge von Dorfbewohnern in Schach halten. Ein gelungenes Tatort-Debüt von Christina Ebelt über Angst und Vertrauen.
Flucht in den Wald
Es ist Sommer im Schwarzwald. Die Seilbahngondel ist übervoll, unter den Gästen das Ehepaar Kucher, Sven und seine hochschwangere Frau Nina. Die Luft ist stickig, das Fenster während der Fahrt zu öffnen,ist eigentlich verboten, aber nötig. Innerhalb von Sekunden eskaliert die Lage, die hochschwangere Nina schlägt mit dem Nothammer auf das Fenster ein, ein Mann sackt blutend zusammen ... als die Seilbahngondel an der Talstation ankommt, flieht das Paar in den Wald – aus Angst vor den Konsequenzen.
Karrierepläne verursachen Zoff zwischen Tobler und Berg
Die Kommisare Friedemann Berg und Franziska Tobler, ist dem Paar auf den Fersen, kriegen sich aber erstmal über Karrierepläne in die Haare. Und auch bei der Frage, wie gefährlich die Verdächtigen sind, gibt es Streit: wie sich herausstellt, kann es nämlich bei der schwangeren Nina nämlich durch einen Hirntumor immer wieder zu Verhaltensauffälligkeiten kommen, die die Beamten nicht genau einschätzen können.

Mehr Psychodrama als Sonntagabendkrimi
Unsicherheit produziert Angst und die führt schnell zu einer Eskalationslogik, die man möglicherweise nicht mehr im Griff hat. Das spielt dieser nervenaufreibende Tatort auf verschiedenen Ebenen durch, und das macht ihn mehr zu einem psychologischen Drama als zu einem gängigen Sonntagabendkrimi. Dabei geraten nicht nur die Flüchtigen, sondern auch die Beamten unter Druck. Wegen der Hitze, wegen der unsicheren Lage. Auch, weil sich eine aufgebrachte Dorfbevölkerung einmischt, die sich nicht für Details interessiert sondern Taten sehen will.
Eine Gesellschaft im roten Bereich
„Die große Angst“ zieht die Spannung natürlich nicht aus der Tätersuche, aber der Film zieht einen durch den Einsatz von Wackelkamera, durch eine fast schon unangenehme Nähe zu den Figuren und seine aufgekratzte Musik hinein in eine Stressspirale. Auch Berg und Tobler erleben, wie sie durch impulsives und unreflektiertes Verhalten auseinanderdriften. Und so ist dieser Tatort ein Film über Angst und Vertrauen, der im Rahmen des Genres einen erstaunlich stimmigen Ausdruck findet: für eine gesellschaftliche Grundstimmung, die sich von einer gewissen Hysterie davontragen lässt und droht, vor lauter Wald die Bäume nicht mehr zu erkennen.
„Die große Angst“, 23.3. 20:15 Uhr in der ARD und in der Mediathek
ARD Tatort in SWR Kultur
Diskussion 50 Jahre Krimi-Kult – Warum ist der „Tatort“ so erfolgreich?
Am 28. November 1970 lief „Taxi nach Leipzig“, die erste Folge des „Tatort“, der an einem guten Sonntag auch heute noch über 10 Millionen Zuschauer erreicht. Was macht die Reihe zum letzten „Lagerfeuer“ im deutschen Fernsehen? Ist sie große Krimikunst oder vor allem ein Ritual? Wie hat sie sich in 50 Jahren verändert? Bernd Lechler diskutiert mit Dr. Hendrik Buhl – Medienwissenschaftler, Brigitte Dithard - SWR-Redakteurin, Claudia Tieschky - Journalistin