Nach ihrem hochgelobten Debütfilm „Sonne“, stellt die Regisseurin Kurdwin Ayub in ihrem zweiten Spielfilm „Mond“ Frauen aus unterschiedlichen Welten in den Mittelpunkt, Frauen, die sowohl mental als auch körperlich gefangen sind. Die Hauptrolle spielt die Wiener Aktionskünsterin Florentina Holzinger, die jüngst mit ihrer Performance „Sancta“ von sich reden machte.
Performance-Künstlerin Florentina Holzinger in ihrer ersten Filmrolle
Eine junge westliche Frau kommt in den Orient: Sarah ist eine ehemalige professionelle Kampfsportlerin, deren Karriere in einem MMA-Käfig abrupt endet, nachdem sie von ihrer Gegnerin brutal besiegt wird.
Da sie nicht weiß, wie sie nun ihr Leben weiterführen und ihren Lebensunterhalt verdienen soll, nimmt sie ein merkwürdig-verlockendes Angebot an: Sie soll nach Jordanien reisen und dort die persönliche Trainerin dreier Schwestern aus einer sehr reichen jordanischen Familie werden.
Massiver Klassenkonflikt zwischen Trainerin und Schülerinnen
Zunächst scheint dort alles ideal: Sarah wird in einem luxuriösen Hotel untergebracht, in dem sie während ihres gesamten Aufenthalts wohnt und verköstigt wird; sie hat Zugang zu dem äußerst luxuriösen Anwesen der Familie.
Doch schon bald erkennt sie, dass nicht nur eine kulturelle Kluft, sondern auch ein Generationsgap und ein massiver Klassenkonflikt zwischen ihr und ihren drei Schülerinnen Nour, Shaima und Fatima liegt. Die Luxusprinzessinnen haben keinen Bock, sich zu quälen und zeigen überaus wenig Interesse an der Arbeit mit Sarah.
Von der Bühne auf die Leinwand Florentina Holzinger in „Mond“: Zwischen Performance-Kunst und Kino
Florentina Holzinger steht für radikale Körperkunst – Schmerz, Stärke, Spektakel. In „Mond“ bringt sie diese kompromisslose Performance-Tradition ins Kino.
Gefangene im eigenen Zuhause
Bald häufen sich auch andere sonderbare Details: Sarah muss eine Verschwiegenheitsklausel unterschreiben: sie darf die oberen Stockwerke des Hauses nicht betreten, und wenn die Mädchen ausgehen und zum Beispiel ein teures Einkaufszentrum besuchen wollen, werden sie von einem Bodyguard begleitet, der eher als Aufpasser statt als Beschützer wirkt.
Bald erkennt Sarah, dass die Töchter Gefangene in ihrem eigenen Zuhause sind, das fast ausschließlich von Dienstboten, Leibwächtern und ihrem Bruder bevölkert wird. Dieser Bruder, dem Ansehen alles ist, wird seinerseits von der rechten Hand des Vaters überwacht, der seine Handlungen stark einschränkt.

Psychothriller hinter den Mauern der Luxus-Immobilie
Dieser spannende und kurzweilige Film ist einerseits eine Reflexion über kulturelle und soziale Unterschiede, vor allem, was die Stellung der Frau angeht. Andererseits wird alles auch ein Psychothriller.
Sarah versucht herauszufinden, was wirklich hinter den Mauern des Hauses vor sich geht, während die Schwestern zunehmend unter den Verhältnissen leiden. Die Regisseurin verwischt dabei geschickt die Grenzen, lässt Raum für Interpretation und spielt vor allem auch mit den Erzählkonstrukten westlicher Perspektiven.

Unterschiedliche Gefängnisse sind das große Thema dieses Films
Zugleich macht Kurdwin Ayub aus ihrer Haltung keinen Hehl. Ihr Film zeigt mehrere Gefängnisse: einen goldenen Käfig, der die jungen Frauen gefangen hält, einen selbst gewählten Käfig aus Schönheitsidealen der globalen Konsumkultur, aber auch auch den Käfig des Körper- Fitness- und Gesundheitskults, der Sarah gefangenhält.
Zwischen diesen beiden Welten gibt es das gemeinsame Element der gesellschaftlichen Gewalt, der diese Frauen gefangen hält.
Gespräch mit der Regisseurin Kurdwin Ayub:
Die pulsierende Musik verbindet die beiden Welten
Allerdings zeugt Ayub auch die Paradoxie, die darin liegt, dass Frauen diese Gewalt auch manchmal akzeptieren. Aus einem unerklärlichen Grund mag Sarah es, im MMA-Käfig zu kämpfen, und auf seltsame Weise scheint sie ihre Traurigkeit zu lieben.
Und jede der drei Schwestern Nour, Shaima und Fatima geht völlig anders mit der Gewalt um. Sie wählen zum Teil extreme Formen von Gewalt gegen sich selbst.
Erleichterung kommt in diesem herausragenden und sehr unterhaltsamem Film vor allem durch die pulsierende Musik die beiden Welten verbindet: Tanzen, um sich zu reinigen.
Trailer „Mond“, ab 27.3. im Kino
Mehr Filme im Kino
Tom Tykwer zurück im Kino „Das Licht“ mit Lars Eidinger und Nicolette Krebitz: Schwaches Drehbuch, spektakuläre Regie
Tim und Milena haben in ihrer Ehe toxische Stagnation erreicht. Ihre siebzehnjährigen Zwillinge Frida und Jon haben sich ihnen entfremdet. Dann kommt Farrah, die syrische Haushaltshilfe, in die Familie.
Vom „Baywatch“ Sexsymbol zur Charakterdarstellerin „The Last Showgirl“ mit Pamela Anderson als alternde Revuetänzerin in Las Vegas
In „The Last Showgirl" von Gia Coppola spielt Pamela Anderson berührend uneitel eine Striptease-Tänzerin in Las Vegas, die ihren Job und damit ihren Lebensinhalt verliert.