Noch Jahrzehnte nach seinem frühen Tod im Sommer 1977 ist es unmöglich die Wirkung zu ermessen, die Elvis Presley auf seine Zeitgenossen in den 1950er-Jahren hatte. Seine Haare, seine Stimme, seine Anzüge und selbst die absurd anmutenden Kostüme am Ende seiner Karriere kamen einer kulturellen Revolution gleich. Regisseur Baz Luhrmann stellte in Cannes sein glitzerndes „Elvis“-Spektakel vor, am 23.6. startet „Elvis“ mit Tom Hanks in der Rolle des zweilichtigen Managers Colonel Parker im Kino.
Elvis der Revoluzzer unter Kontrolle von Colonel Parker
Das Kuriose an Elvis ist, dass ausgerechnet eine so magnetische Figur, die mit dem Image des Antiautoritären und der Revolte gegen die Elterngeneration assoziiert wird, ihr Leben unter der Kontrolle eines seltsamen Ersatzvaters verbracht hat.
Colonel Parker war es, der das weltweite Phänomen namens Elvis Presley schuf, der den jungen Mann in eine wahre Geldmaschine verwandelte und die noch über seinen frühen Tod im Alter von 42 Jahren sowohl finanziell als auch psychologisch ausbeutete. Gespielt wird er von Weltstar Tom Hanks, dem es hier gelingt, unter seine leutselige, freundlichen All- American-Oberfläche auch eine dämonisch schillernde Komponente zu legen.
Regisseur Baz Luhrmann dekonstruiert die Figur Elvis
Regisseur Baz Luhrmann interessiert sich auch in diesem Film nicht für Moral, sondern für die schillernden Oberflächen seines Stoffs. Und auch wir Zuschauer wollen den Elvis, den wir kennen, den Elvis der Bühne, der Verführung, der Sexiness, den weißen Schwarzen.
Baz Luhrmann ist ein Aufklärer im Sinne der Postmoderne. Einer der dekonstruiert, einer, der das Skelett der großen Erzählung namens Elvis Presley freilegt und der den Star als Konstrukt einer Starindustrie das Gefühl als Gleitmittel des Geschäfts und die Moral als Maske der Macht offen zur Schau stellen.
Luhrmanns Kino der dynamischen Übertreibung passt perfekt zu Elvis
In Elvis Presley hat dieser Regisseur einen Gegenstand gefunden, der seinem melodramatischen Stil und seiner opernhaften Filmsprache durchaus angemessen ist. Luhrmann visualisiert seinen Stoff in furiosen Montagen.
Er springt von der Bühne zu den Frauen im Publikum, aus dem Gesang ins Gestöhne, aus der musikalischen Bewegung in die sexuelle. Es ist ein Kino des Schocks und der dynamischen Übertreibung. Dies ist kein Zufall, sondern eine kalkulierte Tugend des Australiers, dem einmal mehr mit Elvis ein großartiger, hochunterhaltsamer Kinofilm gelungen ist.
Trailer „Elvis“ ab 23.6. im Kino
Essay Heinrich Detering: Elvis (1/3) – Im Zwielicht
Elvis war keiner, der sich der schwarzen Musik bemächtigte – er lebte von Anfang in der amphibischen Zwischenwelt der Rassen und der Klassen.