ALF ist Zeitgeschichte
Schulterpolster, Föhnfrisuren und längst vergessene Alltagsgegenstände: ALF ist ein Zeitdokument der amerikanischen Mittelstandsfamilie aus den späten 80ern und frühen 90er Jahre. Seien es Kreditkartenbestellungen, die zum Leidwesen von Familienvater Willie Tanner ohne Zwei-Wege-Authentifizierung noch via Festnetztelefonanruf funktionierten, wacklige Camcorder-Aufnahmen oder eine nicht animierte Hauptfigur, deren Raumschiff ganz ohne Special Effects in die Garage der Familie Tanner kracht: Die Sitcom ALF erzählt vieles über die Zeit.
Dass diese 80er-Jahre-Ästhetik auch in der Gegenwart anschlussfähig ist, zeigen etwa die Riesenerfolge der Netflix-Serien „Stranger Things“ und „Dark“.
ALF hat die Alltagskultur geprägt
Der beim Publikum beliebte außerirdische Dauergast hat schließlich selbst die Alltagskultur geprägt. Ein wahrer Merchandise-Hype brach in Folge der Ausstrahlung der Serie aus, die Kommerzialisierung der Figur ALF war dabei von Beginn an intendiert.
Seien es Radiowecker, Plüschfiguren zum Anklemmen, Zahnbürsten, Panini-Bücher, Give-Aways einer Fastfood-Kette, T-Shirts oder Tassen im ALF-Design: Viele der Gegenstände sind in den späten 80ern und frühen 90ern der Hit bei Anhängern der Serie – und heute teilweise teure Sammlerobjekte.
ALF ist Popkultur
Familiensitcoms treffen 1988 den Nerv der Zeit. Nach und nach erobern immer neue, lustige, auch sozialkritische und verrückte Familien-Konstallationen aus Amerika das deutsche Fernsehprogramm.
Ob die ewig zoffenden Bundys in „Eine schrecklich nette Familie“, der anstrengende Nachbarsjunge Urkel in „Alle unter einem Dach“ oder der schroffe Umgang mit Alltagsproblemen bei „Roseanne“: Sitcoms sind DIE Unterhaltungsform der Zeit und erfreuen sich seither großer Beliebtheit beim Fernsehpublikum.
Gepaart mit dem großen Interesse an außerirdischem Leben – man denke nur an E.T., Predator oder die Alien-Filmreihe – wird klar, wie sehr ALF den Zeitgeist trifft. Zugleich ist er ein krawalliger, aber sympathischer Gegenentwurf zur deutschen Fernsehwelt, die bis dato eher ein Hort biederer Unterhaltungsformate wie der Lindenstraße, Forsthaus Falkenau und dem Traumschiff war. Comic- oder Buch-Adaptionen, eine eigene Zeichentrickserie, ALF-Songs und Filme sind Folgen des Hypes.
Die große Beliebtheit der Serie zeigt sich auch darin, dass das Ortsschild der Gemeinde Alf in Rheinland-Pfalz so oft gestohlen wird, bis der Ort beschließt, Schilder zum Verkauf anzubieten. Auch gibt es in etlichen anderen Serien Anspielungen und Gastauftritte des beliebten TV-Charakters: so etwa bei Matlock, den Simpsons oder Young Sheldon. Damit ist ALF selbst ein Stück Popkultur geworden.
ALF ist ein Kunstwerk
Alleine die Technik macht die Sendung auch in ästhetisch-künstlerischer Sicht zu einer Besonderheit der TV-Geschichte. Um die Figur mit der langen Rüsselnase und den Knopfaugen möglichst authentisch wirken zu lassen, kamen mehrere Film-Tricks zur Anwendung: Einerseits trug der Schauspieler Michu Meszaros für Ganzkörperaufnahmen ein ALF-Kostüm, andererseits spielten drei Puppenspieler die sitzende Figur – darunter der Erfinder der Serie Paul Fusco, der ALF im englischen Original auch seine Stimme gibt.
Um die Puppe durch das Set bewegen zu können, war der Boden mit Löchern übersät, wie Schauspielerin Anne Schedeen einmal in einem Interview berichtete. Immer wieder wurden die Dreharbeiten unterbrochen, damit die Puppe an Ort und Stelle gebracht werden konnte. Teilweise entstanden durch diese technischen Anforderungen Drehzeiten von bis zu 25 Stunden pro Episode. ALF ist damit ein Kunstwerk der Bühnentechnik.
ALF ist ein zeitloser Klassiker
Auch wenn die Serie um den Außerirdischen Gordon Shumway bei manchem zotigen Spruch etwas aus der Zeit gefallen scheint, ist ALF ein zeitloser Klassiker, der seinesgleichen sucht.
Dass die zottelige Hauptfigur neben einer lustigen auch eine ernste und nachdenkliche Seite zeigt, die Familie und Freunde auf dem zerstörten Planeten Melmac vermisst und bei Familie Tanner Asyl bekommen hat, macht ALF zu mehr als nur guter Fernsehunterhaltung. Die Sitcom erzählt auch vom Ankommen in einer fremden Welt, von Heimweh und Migrationserfahrungen – und ist damit aktueller denn je.