Tödliche Messerstecherei auf Säubrennerkirmes Wittlich

Freispruch im US-Militärprozess: Rund 800 Menschen protestieren in Spangdahlem

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Andrea Meisberger
Andrea Meisberger: Multimediale Reporterin SWR Studio Trier
Christian Altmayer
Foto von Christian Altmayer, Redakteur bei SWR Aktuell im Studio Trier

Das US-Militärgericht Spangdahlem hat den Angeklagten im Prozess um den tödlichen Messerangriff freigesprochen. Hunderte Menschen haben vor der Airbase gegen das Urteil protestiert.

Trauer, Wut und Unverständnis - das hatte Hunderte Menschen am Freitagabend vor die Tore der Airbase Spangdahlem in der Eifel geführt. Nach Angaben der Polizei waren rund 800 Menschen vor Ort. Insgesamt verlief die Demonstration "friedlich und ohne besondere Vorkommnisse", so das Präsidium Trier.

Zwischenzeitig stürmte ein Teil der Demonstranten in Richtung des Haupttors des Flugplatzes, sodass die Polizisten eine Kette bilden mussten, um sie abzuhalten. Nach einem kurzen Gespräch zogen sich die Teilnehmenden aber wieder zurück.

Kerzen für den getöteten Wittlicher

Die Demonstranten forderten "Justice for Micha" - Gerechtigkeit für den 28-Jährigen, der vergangenes Jahr auf der Säubrennerkirmes in Wittlich erstochen wurde. Sie zündeten direkt vor dem Tor der Base Kerzen für den Getöteten an. Denn hinter dem Zaun des Luftwaffenstützpunktes liegt das US-Militärgericht, das den angeklagten amerikanischen Soldaten vor genau einer Woche freigesprochen hat.

Da läuft ein Mörder frei rum.

"Ich kann über dieses Urteil nur den Kopf schütteln", sagte Katja Teusch, eine Freundin des Opfers. Sie hatte die Demo organisiert. "Ich muss das so hart sagen: Da läuft ein Mörder frei rum."

"Wir wollen Zusammenhalt erreichen. Wir halten zusammen und wir werden immer eine Familie bleiben. Wir hoffen auf Gerechtigkeit. So etwas darf nie wieder passieren." Sie hofft, dass das Verfahren wieder aufgenommen werden könnte. "Ein bisschen Hoffnung ist da", sagte Katja Teusch.

Katja Teusch ist eine Freundin des Todesopfers. Sie hat die Demo organisiert.
Katja Teusch ist eine Freundin des Todesopfers. Sie hat die Demo organisiert.

Trotzdem: Das Urteil bleibt ein Schock für die Angehörigen des Opfers. Denn der US-Soldat hatte nach Angaben der Staatsanwaltschaft Trier ein Geständnis abgelegt. Am Morgen nach der Tat hatte er der Wittlicher Polizei erzählt, dass er den 28-Jährigen erstochen habe.

Die deutschen Behörden gaben die Ermittlungen und das Verfahren später dann gemäß des NATO-Truppenstatuts an das US-Militär ab. Deshalb fragten sich auch die Veranstalter der Demo am Freitagabend auf einem Flyer: "Germany where are you?" (Deutschland wo bist du?)

Angehörige und Freunde des Todesopfers stellen am Rande der Demo Kerzen auf.
Angehörige und Freunde des Todesopfers stellen am Rande der Demo Kerzen auf.

Geständnis spielt im Prozess keine Rolle mehr

Im Prozess selbst wurde das Geständnis jedoch später nicht mehr berücksichtigt. Die US-Richterin lehnte das Geständnis "nach sorgfältiger Prüfung" als Beweis ab. Die US Airbase begründete das damit, dass "die Aussage des Angeklagten bei der Polizei nicht freiwillig war".

Als er nach der Tat zur Wittlicher Polizei gebracht wurde, sei der US-Soldat über eine längere Zeitspanne in Gewahrsam gewesen, teilte ein Sprecher des Flugplatzes mit. Er habe sich bei dem Verhör "bedroht" gefühlt, auch über Nacht im Arrest bleiben zu müssen, wenn er nicht mit den Beamten geredet hätte.

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Für Marius Schäfer, einen engen Freund des Opfers, ist das "unrealistisch", wie er am Rande der Demo sagte: "Dass die deutsche Polizei jemanden für ein Geständnis bedroht - das glaub ich nicht." Für den Vater des Opfers sind das "Spielchen", die die US-Justiz spielt.

Verwirrung bei der Belehrung über Rechte

Laut Staatsanwaltschaft Trier ist der junge Mann sowohl von deutschen als auch von US-amerikanischen Polizisten über seine Rechte belehrt worden. Es sei hierbei aber auch zu einer Verwirrung gekommen, heißt es beim Flugplatz Spangdahlem. Letztlich hatte der Soldat auch auf einen Anwalt verzichtet.

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Ohne das Geständnis allerdings gab es kaum noch Beweise gegen den Angeklagten im Prozess. Die Geschworenen sprachen ihn schließlich frei. Denn abgesehen von Blutspritzern auf den Schuhen des Soldaten und widersprüchlichen Aussagen verschiedener Zeugen konnte die Staatsanwaltschaft nichts vorbringen.

Für Familie des Opfers bleiben viele Fragen offen

Der Freispruch des US-Soldaten hat die Familie des 28-jährigen Opfers schwer getroffen. Denn es gibt jetzt niemanden, der die Schuld für den Tod ihres Sohnes übernimmt. Deshalb war sie auch bei der Demonstration vor dem Flugplatz dabei.

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Die Familie zeigte sich erfreut, dass "Menschen sich die Zeit nehmen, uns zu unterstützen. Aber wir sind nicht aggressiv, wir wollen alle zusammen, alle Parteien, alle Nationalitäten, alle Religionen, für die Gerechtigkeit kämpfen".

"Weißer Ring" bietet Familie Unterstützung an

Bei diesem Kampf könnte die Organisation "Weißer Ring" unterstützen, die Betroffenen und Hinterbliebenen nach Straftaten beisteht. Auch die stellvertretende Landesvorsitzende Gabi Jahnen war "irritiert" von dem Urteil und dem Verfahren auf dem Flugplatz Spangdahlem: "Die Familie durfte nicht als Nebenkläger auftreten, sie hatten anfangs keinen Dolmetscher gestellt bekommen und dann dieses Urteil - das finde ich befremdlich."

Die Familie könne auf die Hilfe des Weißen Ringes bauen, sagt Jahnen: "Wenn die Familie sich an uns wendet, helfen wir natürlich." Die Organisation bietet auch rechtliche Beratung an und hilft bei der Suche nach Fach-Anwälten, zum Beispiel für US-Recht.

In sozialen Medien wurde auf Demo aufmerksam gemacht

In den sozialen Netzwerken war mehrfach zu der Demonstration aufgerufen worden. Wie der Eifelkreis Bitburg-Prüm auf SWR-Anfrage mitteilte, war mit 1.000 Demonstranten gerechnet worden. Der Demonstrationszug war etwas früher als geplant über die sogenannte "Overflow-Road", die parallel zur Landesstraße 46 verläuft, zum Flugplatz gezogen.

Danach löste sich die Versammlung auf. "Vor dem Hintergrund der hohen emotionalen Betroffenheit der Menschen, danke ich den Organisatoren auch für die gute Kommunikation während der Versammlung", sagte Kriminaldirektor Patrick Niegisch, der den Einsatz der Polizei leitete.

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