Wie wir wohnen wollen
Unsere Städte sind zu voll, zu grau, zu teuer – und wenn wir es nicht selbst in die Hand nehmen, bleiben sie es auch. Zu diesem Fazit kommt Gabriela Beck. Sie ist Diplom-Ingenieurin für Architektur mit Schwerpunkt Stadtplanung und schreibt als Fachjournalistin seit vielen Jahren zu nachhaltigem Städtebau und Zukunftstrends im Wohnwesen.
Datenrecherche zur Wohnungskrise Wohnungsnot in BW: Schaffa, Schaffa, Häusle net laischda kenna
In Baden-Württemberg fehlen Wohnungen und die Mietbelastung ist seit Jahren konstant hoch, besonders in den Städten. Eine Datenanalyse zeigt, wie angespannt die Situation ist.
Wie wird eine Stadt lebenswert?
Eine Stadt wird dann lebenswert, wenn sie die Menschen als Gemeinschaft zusammenbringt – dieses Fazit zieht sich wie ein roter Faden durch die Antworten von Gabriela Beck in SWR1 Leute.
Als ein konkretes Beispiel nennt Gabriela Beck die "Alte Artillerie-Halle" in Köln. Auf dem Grundstück gibt es je zu einem Viertel freien Wohnungsmarkt, Wohnungen für Studenten und sozialen Wohnungsbau – und das in verschiedensten Wohnungs-Größen.
Das vierte Viertel haben die Planer an Gewerbe gegeben: Vorzugsweise an solches, das auch inklusive Arbeitsplätze schafft, damit Menschen mit Beeinträchtigungen keine langen Wege haben. Das Zentrum des Anlage ist ein großer Marktplatz mit Geschäften und Gastronomie, damit eine soziale Gemeinschaft entsteht.
Mehr Wohnraum auf der gleichen Fläche - wie soll das gehen?
"Lebenswerte Städte" heißt aber auch, passenden und mehr Wohnraum zu schaffen. Oft geht das nur über "Nachverdichtung" – dieses Schlagwort umschreibt den Versuch, bei gleicher Fläche mehr Wohnraum zu schaffen. Neubau ist oft nicht mehr wirklich möglich – vielleicht noch in einem sehr großen Hinterhof – deshalb kann es nur über Renovierung der Häuser in kleinere Einheiten oder Aufstockung nach oben gehen.
Ein bis zwei Stockwerke mehr seien von der Statik her möglich, so Beck. Auch die Atmosphäre in der Stadt würde das nicht wesentlich verändern. 1,3 Millionen Wohnungen könnten so in Deutschland geschaffen werden.
Wohnungstausch – ein Weg aus dem Mangel an Wohnraum?
Etwa 6 Prozent der Menschen in Deutschland wohnen in zu großen Wohnungen, würden aber gerne in kleinere Wohnungen umziehen, sagt Gabriela Beck. Das seien häufig ältere Menschen: Kinder aus dem Haus, Partner gestorben – und dann lebe eine Person auf beispielweise 90m². Gleichzeitig gebe es 6 Prozent Familien, die eine größere Wohnung bräuchten.
Österreich habe dieses "Ich kann mir den Umzug nicht leisten"-Problem nicht, sagt Gabriela Beck. Dort werde Wohnungstausch mit einer ganz wichtigen Regelung verbunden: Es werden nicht nur die Wohnungen, sondern auch die Mietverträge getauscht. Deshalb blieben die Mieten auch gleich.
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Verkehr und Parkplätze contra öffentliche Flächen für alle
Ein weiterer Punkt, mit dem das Leben in Städten wieder lebenswerter werden könne, so Gabriela Beck: den großen Raum reduzieren, der heutzutage für den Verkehr in Anspruch genommen wird. 60 bis 80 Prozent des öffentlichen Raums einer Stadt gingen an Parkplätze und Straßen.
Es gebe schon viele Beispiele, in denen Parkraum zum Wohle aller umgenutzt worden sei: Mehr Außenflächen für Gastronomie, oder Begrünung mit Pflanzkübeln plus Platz für soziales Miteinander. Das, so Beck, müsse dann aber auch einher gehen mit einem anderen Verkehrskonzept, das machbare Alternativen für das Auto in der Stadt anbiete.