Architektur und Bauen: So können lebenswerte Städte aussehen

Stand
Moderator/in
Nicole Köster
Moderatorin Nicole Köster aus dem SWR1 Team moderiert täglich ausßer samstags zwischen 10 und 12 Uhr die Sendung SWR1 Leute

Gabriela Beck ist Diplom-Ingenieurin für Architektur. Sie erzählt in SWR1 Leute, was wir im Städtebau bislang falsch machen und wie unsere Städte lebenswerter werden können.

Wie wir wohnen wollen

Unsere Städte sind zu voll, zu grau, zu teuer – und wenn wir es nicht selbst in die Hand nehmen, bleiben sie es auch. Zu diesem Fazit kommt Gabriela Beck. Sie ist Diplom-Ingenieurin für Architektur mit Schwerpunkt Stadtplanung und schreibt als Fachjournalistin seit vielen Jahren zu nachhaltigem Städtebau und Zukunftstrends im Wohnwesen.

Datenrecherche zur Wohnungskrise Wohnungsnot in BW: Schaffa, Schaffa, Häusle net laischda kenna

In Baden-Württemberg fehlen Wohnungen und die Mietbelastung ist seit Jahren konstant hoch, besonders in den Städten. Eine Datenanalyse zeigt, wie angespannt die Situation ist.

SWR Aktuell Baden-Württemberg SWR BW

Wie wird eine Stadt lebenswert?

Eine Stadt wird dann lebenswert, wenn sie die Menschen als Gemeinschaft zusammenbringt – dieses Fazit zieht sich wie ein roter Faden durch die Antworten von Gabriela Beck in SWR1 Leute.

Wenn man neu baut, geht es darum, dass man die Vielfalt erhält: Dass man Angebote macht an Single-Haushalte, an Studenten, an Familien, an die Älteren und an Menschen mit Beeinträchtigungen.

Als ein konkretes Beispiel nennt Gabriela Beck die "Alte Artillerie-Halle" in Köln. Auf dem Grundstück gibt es je zu einem Viertel freien Wohnungsmarkt, Wohnungen für Studenten und sozialen Wohnungsbau – und das in verschiedensten Wohnungs-Größen.

Das vierte Viertel haben die Planer an Gewerbe gegeben: Vorzugsweise an solches, das auch inklusive Arbeitsplätze schafft, damit Menschen mit Beeinträchtigungen keine langen Wege haben. Das Zentrum des Anlage ist ein großer Marktplatz mit Geschäften und Gastronomie, damit eine soziale Gemeinschaft entsteht. 

Die Stadt Köln vergibt ihre Grundstücke nicht mehr an den meistbietenden Investor, wenn es um Wohnraum geht, sondern sie schauen, welcher Investor das beste Gemeinwohl-orientierte Konzept hat.

Mehr Wohnraum auf der gleichen Fläche - wie soll das gehen?

"Lebenswerte Städte" heißt aber auch, passenden und mehr Wohnraum zu schaffen. Oft geht das nur über "Nachverdichtung" – dieses Schlagwort umschreibt den Versuch, bei gleicher Fläche mehr Wohnraum zu schaffen. Neubau ist oft nicht mehr wirklich möglich – vielleicht noch in einem sehr großen Hinterhof – deshalb kann es nur über Renovierung der Häuser in kleinere Einheiten oder Aufstockung nach oben gehen.

Ein bis zwei Stockwerke mehr seien von der Statik her möglich, so Beck. Auch die Atmosphäre in der Stadt würde das nicht wesentlich verändern. 1,3 Millionen Wohnungen könnten so in Deutschland geschaffen werden.

Wohnungstausch – ein Weg aus dem Mangel an Wohnraum?

Etwa 6 Prozent der Menschen in Deutschland wohnen in zu großen Wohnungen, würden aber gerne in kleinere Wohnungen umziehen, sagt Gabriela Beck. Das seien häufig ältere Menschen: Kinder aus dem Haus, Partner gestorben – und dann lebe eine Person auf beispielweise 90m². Gleichzeitig gebe es 6 Prozent Familien, die eine größere Wohnung bräuchten.

Meistens, wenn ich umziehe, muss ich mehr Miete zahlen, und das führt dazu, dass genau diese Leute nicht wechseln können. 

Österreich habe dieses "Ich kann mir den Umzug nicht leisten"-Problem nicht, sagt Gabriela Beck. Dort werde Wohnungstausch mit einer ganz wichtigen Regelung verbunden: Es werden nicht nur die Wohnungen, sondern auch die Mietverträge getauscht. Deshalb blieben die Mieten auch gleich.

In Deutschland gibt es das nicht, mit der Folge, dass man selbst niemals die Garantie hat, dass der Vermieter nach dem Wohnungstausch nicht die Miete erhöht, also den Vertrag mit tauscht. Entsprechende rechtliche Grundlagen könnte man aber durchaus schaffen.

Baden-Württemberg

50.000 leerstehnde Wohnungen in BW Wohnungsmangel in BW: So gehen die Kommunen gegen Leerstand vor

Die Städte in BW kämpfen mit einem angespannten Wohnungsmarkt. Sie wünschen sich mehr Instrumente, um gegen den Leerstand vorgehen zu können - denn das Potenzial ist groß.

Verkehr und Parkplätze contra öffentliche Flächen für alle

Ein weiterer Punkt, mit dem das Leben in Städten wieder lebenswerter werden könne, so Gabriela Beck: den großen Raum reduzieren, der heutzutage für den Verkehr in Anspruch genommen wird. 60 bis 80 Prozent des öffentlichen Raums einer Stadt gingen an Parkplätze und Straßen.

Ein großer Teil davon geht an Parkplätze - ein Raum, der aber allen zur Verfügung stehen sollte. Er wird aber wie selbstverständlich von einem Teil der Gesellschaft mit ihren Autos belegt. Damit könnte man so viel anderes machen – ist das gerecht? Das möchte ich zumindest hinterfragen, ob das weiterhin so sein muss.

Es gebe schon viele Beispiele, in denen Parkraum zum Wohle aller umgenutzt worden sei: Mehr Außenflächen für Gastronomie, oder Begrünung mit Pflanzkübeln plus Platz für soziales Miteinander. Das, so Beck, müsse dann aber auch einher gehen mit einem anderen Verkehrskonzept, das machbare Alternativen für das Auto in der Stadt anbiete.

Wohnen & Bauen

Baden-Württemberg

Farbforscher Prof. Axel Buether Farbpsychologie: 3 Beispiele, wie uns Farbe beeinflussen und sogar heilen kann

Prof. Axel Buether ist "Farbforscher": Seine Fachgebiete sind Farbpsychologie und Architektur. In SWR1 Leute erklärt er, wie uns Farben direkt oder indirekt bewegen und steuern.  

Leute SWR1 Baden-Württemberg

Karlsruhe

Landschaftsarchitektin Stella Friede So schafft ihr einen Garten für Pflanzen, Tiere und Menschen

Wie man einen naturnahen Garten gestaltet und warum er in Zeiten des Klimawandels immer wichtiger wird, verrät Landschaftsarchitektin Stella Friede in SWR1 Leute.

Leute SWR1 Baden-Württemberg